Buckminster Fuller

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Richard Buckminster Fuller (1972)

Richard Buckminster Fuller (oft abgekürzt zu R. Buckminster Fuller, auch Bucky Fuller genannt; * 12. Juli 1895 in Milton, Massachusetts; † 1. Juli 1983 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Architekt, Konstrukteur, Visionär, Designer, Philosoph und Schriftsteller.

Leben und Wirken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Richard Buckminster Fuller

Fuller stammte aus einer wohlhabenden Familie. Er war eines von vier Kindern des Lederwarenhändlers Richard Buckminster Fuller und dessen Frau Caroline Wolcott Andrews. Er war zudem der Großneffe von Margaret Fuller, einer amerikanischen Journalistin und Bürgerrechtlerin. Sein Cousin war der Journalist und Schriftsteller John Phillips Marquand, der 1938 den Pulitzer-Preis für seinen Roman Der selige Mister Apley erhielt.

1914 lernte er Anne Hewlett (1896–1983), Tochter des prominenten New Yorker Architekten James Monroe Hewlett, kennen. Die beiden heirateten in New York am 12. Juli 1917, seinem 22. Geburtstag. Sie hatten zwei Töchter, Alexandra (1918–1923) und Allegra (1927–2021). Alexandra starb mit vier Jahren an Kinderlähmung und spinaler Meningitis. Allegra Fuller Snyder gründete das Board of Directors des Buckminster Fuller Institute und wurde dessen Vorsitzende.

Buckminster Fuller begann 1912 in Harvard zu studieren, brach das Studium jedoch ab und wurde Marinesoldat. 1927, im Alter von 32 Jahren, war er bankrott, arbeitslos und nach dem Tode seines ersten Kindes nahe daran, sich das Leben zu nehmen. Er beschloss, sein weiteres Leben als Experiment zu verstehen: Er wollte feststellen, was eine einzelne Person dazu beitragen kann, die Welt zum Nutzen der Menschheit zu verändern. Er begann, sein Leben peinlich genau in einem Tagebuch zu dokumentieren, das er dann ein halbes Jahrhundert lang führte.

Nach mehreren Anstellungen in der Industrie, unter anderem in der Exportabteilung eines fleischverarbeitenden Unternehmens, begann er als Architekt zu arbeiten. In den späten zwanziger Jahren hatte er einigen Erfolg mit neuen Gebäudekonzepten, die er unter dem Namen Dymaxion (Dymaxion-Globus) der Öffentlichkeit vorstellte. Weitere Entwürfe energie- und/oder materialeffizienter Konstruktionen (zum Beispiel ein stromlinienförmiges Auto,[1] ein Badezimmer, Tensegrity) folgten, wurden patentiert und teilweise ebenfalls unter dem Warenzeichen Dymaxion vermarktet. 1970 wurde Fuller zum Mitglied (NA) der National Academy of Design gewählt[2].

Richard Buckminster Fuller (Mitte), Elaine de Kooning (rechts) und Josef Albers (links) mit Studenten am Black Mountain College, Sommer 1948: Projektstudium – Bau einer geodätischen Kuppel
US-Pavillon Biosphère zur Expo 67 von R. Buckminster Fuller
Geodätische Kuppel von R. Buckminster Fuller aus dem Jahre 1978, Detroit, aufgestellt 2000 auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein

Bekannt wurde Fuller durch seine Domes oder geodätischen Kuppeln, auch Fuller-Kuppeln genannt, die man meist auf Ausstellungen, in Science-Fiction-Filmen oder als Teil von Militäranlagen (Radarkuppeln) sehen kann und die er 1948 mit Studenten am Black Mountain College im Projektstudium zusammen mit Josef Albers baute. Die bekannteste ist die Biosphère, der Ausstellungspavillon der Vereinigten Staaten an der Expo 67 in Montreal. Auch Achterbahnen fanden in diesen Kugeln Platz (zum Beispiel der Eurosat im Europa-Park bei Rust). Sie basieren auf einer Weiterentwicklung von einfachsten geometrischen Grundkörpern (Tetraeder als 3-Simplex, Oktaeder und dichteste Kugelpackungen) und sind extrem stabil sowie mit geringem Materialaufwand realisierbar. Das Konstruktionsprinzip wurde 1954 patentiert. Ebenso bekannt ist auch sein ab 1965 entworfener Fly’s Eye Dome.

Fuller sah als einer der Ersten das Wirken der Natur als durchgängiges systemisches Wirken unter wirtschaftlichen Prinzipien (Material- und Energieeffizienz und die damit verbundene Tendenz zur Ephemerisierung). Als Maß der Verfügbarkeit von (fossiler) Energie prägte er 1940 den Begriff „energy slave“. Ein anderer wichtiger Aspekt war für ihn das Entdecken von nutzbaren Synergien, ein Begriff, den er mitprägte.

Er wirkte als Designer, Wissenschaftler, Forscher, Entwickler und Schriftsteller und propagierte dabei frühzeitig globale und kosmische Sichtweisen, wie in „Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde“. Den Sinn des Lebens in der Moderne untersuchte er mit der Frage nach der „Integralfunktion des Menschen im Universum“. Seine in späteren Jahren entwickelten Methoden und technischen Konstruktionen versuchen Minimalprinzipien in den Bereichen der Technik fortzuentwickeln, um zur Vermeidung des „kosmischen Bankrottes“ Mittel zur nachhaltigen Fortentwicklung unserer Zivilisation bereitzustellen. Diesem Zweck diente auch 1961 die Propagierung des Spieles World Game, das – im Gegensatz zu Konfliktsimulationen – praktisch aufzeigen sollte, wie spontane Kooperation das Leben aller Menschen verbessern kann.[3]

R. Buckminster Fuller starb am 1. Juli 1983 in Los Angeles. Seine Ehefrau Anne starb weniger als 36 Stunden später. Das gemeinsame Grab befindet sich auf dem Friedhof Mount Auburn in Cambridge, Massachusetts.

Preise und Auszeichnungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1968 wurde Fuller Professor an der Southern Illinois University Carbondale, später auch an der University of Pennsylvania. Zwischen 1954 und 1981 erhielt Fuller 47 Ehrendoktorate sowie über 100 Auszeichnungen und Preise.

Nach ihm wurde die dritte bekannte elementare Modifikation des Kohlenstoffs benannt, die Fullerene, deren chemische Struktur an seine Kuppelbauten erinnert. Das bisher am besten erforschte Fulleren C60 wird auch als Buckminster-Fulleren beziehungsweise Bucky Ball bezeichnet.

Fuller war Mitglied und später auch Vorsitzender des Vereins für Hochbegabte Mensa International. Außerdem wurde er 1963 in die American Academy of Arts and Letters und 1968 in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen.

2004 ehrte ihn der United States Postal Service mit einer Briefmarke zum 50. Jahrestag der Patentierung der geodätischen Kuppeln.[4]

  • 2011: MARTa Herford: Bucky Fuller & Spaceship Earth und Wir sind alle Astronauten. Universum Richard Buckminster Fuller im Spiegel zeitgenössischer Kunst

Der amerikanische Künstler Matthew Day Jackson ehrte Fuller durch das im Jahre 2007 entstandene Porträt Bucky aus Holz mit einem aus Perlmutt eingelegten Auge. Das Objekt wurde im Jahre 2010 bei Christie’s in New York an den Juwelier Laurence Graff verkauft.

Das Buckminster-Fulleren ist nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Entfaltung einer Dymaxion-Weltkarte auf einem Ikosaeder

Konzepte und Gebäude:

  • World Peace Game, Strategie-Spiel als Alternative zu Kriegsspielen mit dem Ziel allgemeinen Weltfriedens ohne ökologische Zerstörungen (1961)

Veröffentlichungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Nine Chains to the Moon. J. B. Lippincott, New York 1938
  • Education automation. Freeing the Scholar to Return to His Studies. Doubleday, Garden City, 1960
    • Erziehungsindustrie. Prospekt universaler Planung und Instruktion. Edition Voltaire, Berlin 1970
  • Operating Manual for Spaceship Earth. Southern Illinois University Press, Carbondale und Edwardsville 1969, Online auf Webseite des Buckminster Fuller Institutes (Memento vom 25. Dezember 2011 im Internet Archive), Version vom 25. Dezember 2011 im Internet Archive
    • Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde und andere Schriften. Rowohlt, Reinbek 1973, ISBN 3-499-25013-6; veränderte Neuausgabe: Verlag der Kunst, Amsterdam/Dresden 1998, ISBN 90-5705-015-3
  • The Prospect for Humanity. In: Saturday Review. 1964
    • Die Aussichten der Menschheit. 1965–1985. Edition Voltaire, Frankfurt/Berlin 1968
  • Utopia or oblivion. Jargon Press, Highlands 1969
    • Konkrete Utopie. Die Krise der Menschheit und ihre Chance zu überleben. Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien 1974, ISBN 3-430-12994-X
  • Intuition. Anchor & Doubleday, Garden City 1971
  • Synergetics. Explorations in the Geometry of Thinking (mit E. J. Applewhite). Macmillan, New York 1975/79
  • Tetrascroll. Goldilocks and the Three Bears. A Cosmic Fairy Tale. Universal Limited Art Editions, West Islip 1975
    • Goldlöckchen und die drei Bären. Ein Märchen erklärt die moderne Weltsicht im Raumzeitalter = Tetrascroll. DuMont, Köln 1983, ISBN 3-7701-1515-5
  • Critical Path. St. Martin’s Press, New York 1981
  • Grunch of Giants. Gross Universal Cash Heist. (Memento vom 16. März 2010 im Internet Archive) St. Martin’s Press, New York 1983
  • Cosmography. A Posthumous Scenario for the Future of Humanity (mit Kiyoshi Kuromiya). Macmillan, New York 1992, ISBN 0-02-541850-5
  • Ideas and Integrities: A Spontaneous Autobiographical Disclosure (Series Editor Jaime Snyder), Lars Müller Publishers, Baden/CH 2010, ISBN 978-3-03778-198-2
  • Jürgen Claus, „Die strukturelle Geometrie Buckminster Fullers“, in: Jürgen Claus, „Expansion der Kunst“, rowohlts deutsche enzyklopädie, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1970, ISBN 3-499-55334-1, S. 24 ff.
  • Amy C. Edmondson: A Fuller Explanation. The Synergetic Geometry of R. Buckminster Fuller. (Memento vom 2. Oktober 2003 im Internet Archive) Birkhäuser, Boston 1987, ISBN 0-8176-3338-3.
  • David Kuchenbuch: Welt-Bildner. Arno Peters, Richard Buckminster Fuller und die Medien des Globalismus, 1940–2000, Wien, Köln, Weimar 2022, ISBN 978-3-412-52111-0.
  • Joachim Krausse & Claude Lichtenstein (Hrsg.): Your Private Sky. R. Buckminster Fuller. Design als Kunst einer Wissenschaft. Müller, Baden 2000, ISBN 3-907044-93-2 (Ausstellungskatalog des Museums für Gestaltung Zürich).
  • Joachim Krausse & Claude Lichtenstein (Hrsg.): Your Private Sky. R. Buckminster Fuller. Diskurs. Müller, Baden 2000, ISBN 3-907044-95-9 (Ergänzungsband zum Ausstellungskatalog).
  • K. Michael Hays, Dana A. Miller (Hrsg.): Buckminster Fuller: Starting with the Universe. Yale University Press (Whitney Museum of American Art) New York 2008, ISBN 0-300-12620-4.
  • Christof Kehr (Hrsg.): Wir sind alle Astronauten. Universum Richard Buckminster Fuller im Spiegel zeitgenössischer Kunst, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-86678-576-2.
  • Alec Nevala-Lee: Inventor of the Future: The Visionary Life of Buckminster Fuller. Dey Street, New York 2022, ISBN 978-0-06-294722-2.
  • Elena Ochoa Foster (Hrsg.): Dymaxion Car: Buckminster Fuller, Ivory Press 2011, ISBN 978-0-9564339-3-0.
  • Kolja Reichert, Alles wird besser und besser, FAS Nr. 5/2018 von 4. Februar 2018, S. 44.
Commons: Buckminster Fuller – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Das Dymaxion Car von Richard Buckminster Fuller (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive), text42.de
  2. nationalacademy.org: Past Academicians "F" / Fuller, R. Buckminster NA 1970 (Memento vom 14. Januar 2014 im Internet Archive) (abgerufen am 22. Juni 2015)
  3. World Game Series – Document One: The World Game: Integrative Resource Utilization Planning Tool (1971) | The Buckminster Fuller Institute. Abgerufen am 5. November 2021.
  4. United States commemorative postage stamp to honor R. Buckminster Fuller (Memento vom 29. Juni 2011 im Internet Archive)
  5. Das Haus der Zukunft. In: Salzburger Nachrichten. Herausgegeben von den amerikanischen Streitkräften für die österreichische Bevölkerung / Salzburger Nachrichten. Unabhängige demokratische Tageszeitung, 14. Juni 1948, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/san