Wolfgang Proske
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Wolfgang Proske (* 5. März 1954 in Kelheim) ist ein deutscher Sozialwissenschaftler, Historiker und Pädagoge. Er arbeitete von 1977 bis 2017 als Lehrer, zuletzt für Geschichte und Bildende Kunst, war zeitweise Schulleiter und Entwicklungshelfer und ist Herausgeber und Mitautor der Buchreihe Täter, Helfer, Trittbrettfahrer über NS-Belastete aus Baden-Württemberg und Bayern. 2014 begründete er den „Kugelberg Verlag – Verlag für historische Sozialforschung“.[1]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wolfgang Proske studierte an der Universität Regensburg die Fächer Lehramt für Volksschulen, Pädagogik, Soziologie und Geschichte. 1977 schloss er mit der Ersten, 1980 der Zweiten Lehramtsprüfung für Volksschulen ab. 1980 ging der anerkannte Kriegsdienstverweigerer ersatzweise für den Zivildienst als Entwicklungshelfer mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) nach Mochudi, Botswana. Ab Herbst 1982 studierte Proske im Zweitstudium an den Universitäten Aachen, Hagen und Bremen und schloss 1984 als Diplom-Sozialwissenschaftler mit einer Arbeit zur Politischen Psychologie der Apartheid in Südafrika ab. Von 1977 bis 1980 sowie ab 1984 arbeitete er als Lehrer an Grund- und Hauptschulen in den bayerischen Regierungsbezirken Oberpfalz und Schwaben. 1988 promovierte Proske im Fach Geschichte bei Imanuel Geiss (Universität Bremen) und Horst Gründer (Universität Münster) mit einer Arbeit über Hermannsburger Missionare des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet des heutigen Botswana.[2] Er schied 1994 auf eigenen Wunsch aus dem bayerischen Beamtenverhältnis aus, um als Leiter an die Deutsche Schule Tripolis, Libyen, zu wechseln. 1996 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete im Fach Geschichte/Gemeinschaftskunde für die Abendrealschulen Ulm, Laupheim und Heidenheim sowie ab 2009 für das Abendgymnasium Ostwürttemberg in Aalen, Heidenheim und Schwäbisch Gmünd. Zusätzlich übernahm er Lehraufträge für Geschichte und Bildende Kunst an Tagesgymnasien, zuletzt am Max-Planck-Gymnasium Heidenheim.
In jungen Jahren war Wolfgang Proske in der antiautoritären Schülerbewegung sowie Funktionär der „Falken“ und der Jungsozialisten. 1977 begründete er den „Bund für Geistesfreiheit“ in Regensburg. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Humanistischen Freidenker-Verbandes Ostwürttemberg sowie 2. Vorsitzender des Vereins „Betreuungen, Gegenseitige Hilfe & Kultur“. Von 2013 bis 2015 gehörte er dem Landesvorstand der Humanisten Baden-Württemberg an.
Wolfgang Proske ist seit 1986 verheiratet mit Silvia Streitel-Proske, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, und hat eine erwachsene Tochter.
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wolfgang Proske publizierte 1989 in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkritiker Karlheinz Deschner und 1992 mit dem Verwaltungsrichter Gerhard Czermak über Rechte und Forderungen von Konfessionslosen im Schulwesen.[3] 1998 veröffentlichte er den Aufsatz: Säkularisierung als universalhistorischer Perspektivbegriff.[4] Nach dem Erwerb eines Montessori-Diploms unterzog er 2005 die Montessoripädagogik einer vernichtenden Kritik und sprach von einem „Konzept zur Abwehr pluralistischer gesellschaftlicher Zustände“.[5]
Mit der Herausgabe der Buchreihe Täter Helfer Trittbrettfahrer widmet sich Proske seit 2010 der NS-Täterforschung. Die regional zunächst für Baden-Württemberg und angrenzende Gebiete gestaffelte Reihe besteht aus zehn Bänden: Ostalb, Region Ulm/Neu-Ulm, östliches Württemberg, Oberschwaben, Bodenseeraum, Südbaden, Nordbaden, Norden des heutigen Baden-Württemberg, Süden des heutigen Baden-Württemberg. Im Sommer 2019 erschien, zusammen mit einem Gesamtregister, der die Reihe abschließende Band 10 über die Region Stuttgart.[6] Die Reihe wird seit 2021 mit Band 11 (Nordschwaben + Neuburg) und Band 12 (Allgäu) auf Bayern ausgedehnt und soll weiter fortgesetzt werden.[7][8] Insbesondere der in Band 6 (2017) von Proske stammende Aufsatz über den wegen seines Verhaltens in der NS-Zeit umstrittenen Freiburger Erzbischof Conrad Gröber[9] wurde in der Presse breit rezipiert und führte zuletzt in Gröbers Geburtsstadt Meßkirch zu einer gedenkpolitischen Debatte über die gebotene Revision von Gröbers dortiger Ehrenbürgerschaft und über die Umbenennung einer nach Gröber benannten Straße und eines Altenpflegeheims der Caritas.[10]
Zu ähnlichen Auseinandersetzungen kam es auch in Heidenheim über den hier geborenen Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel.[11][12] Der öffentliche Streit wegen des dortigen Rommeldenkmals wurde 2020 mit der Aufstellung eines Gegendenkmals entschärft.[13]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von der Landesarbeitsgemeinschaft des bundesweiten Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie wurde Proske im Oktober 2019 für die Herausgabe der Buchreihe Täter, Helfer, Trittbrettfahrer mit dem erstmals vergebenen Rahel-Straus-Preis[14] für nachhaltige Projekte der Erinnerungskultur in Baden-Württemberg ausgezeichnet.[15]
Im Oktober 2021 erhielt Proske aus der Hand der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer für besondere Verdienste um das Land Baden-Württemberg die Staufermedaille des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.[16]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter, Helfer, Trittbrettfahrer – NS-Belastete aus… (Bd. 1+2: Klemm & Oelschläger Verlag, Ulm 2010 und 2013, ISBN 978-3-945893-05-0 und ISBN 978-3-86281-062-8; Bd. 3: Verlag Freiheitsbaum Reutlingen 2014, ISBN 978-3-945893-02-9; ab Bd. 4: Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, 2016 und 2017, ISBN 978-3-945893-00-5, ISBN 978-3-945893-04-3 und ISBN 978-3-945893-06-7).
- ↑ Wolfgang Proske: Botswana und die Anfänge der Hermannsburger Mission. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-631-40546-4.
- ↑ Wolfgang Proske (Hrsg.): Handbuch für konfessionslose Lehrer, Eltern und Schüler. Aschaffenburg/Berlin 1992, ISBN 3-922601-14-6; Gerhard Czermak, Wolfgang Proske, Gerhard Rampp: Konfessionslos in der Schule – Ein Ratgeber für Eltern, Lehrer und Schüler. Lichtenau 1994, ISBN 3-89111-431-1.
- ↑ Wolfgang Proske: Säkularisierung als universalhistorischer Perspektivbegriff. In: Aufklärung und Kritik, Heft 1/1998, ISSN 0945-6627, S. 3–26.
- ↑ Wolfgang Proske: Die Montessori-Pädagogik und ihre weltanschaulichen Grundlagen. In: Forum Demokratischer AtheistInnen (Hrsg.): Mission Klassenzimmer. Zum Einfluss von Religion und Esoterik auf Bildung und Erziehung. Alibri, Aschaffenburg 2005, ISBN 3-932710-78-9, S. 55–83.
- ↑ Zur Edition der Reihe allgemein vgl. das Interview 2015 des Herausgebers auf www.ns-ministerien-bw.de; vgl. auch Täter, Helfer, Trittbrettfahrer: NS-Belastete aus dem Allgäu im Gespräch bei Allgäu rechtsaußen, Livestream vom Dezember 2021 auf www.allgaeu-rechtsaussen.de.
- ↑ Peter Urban: Neuer Buchband über NS-Täterforschung im Kreis Donau-Ries. 3. Juni 2021, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- ↑ Sebastian Lipp: Täter Helfer Trittbrettfahrer: NS-Belastete aus dem Allgäu. 26. November 2021, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- ↑ Wolfgang Proske: Dr. Conrad Gröber: „Deutschehrlich“ und „überreiche Register“ im Orgelwerk seiner Seele… In: Wolfgang Proske (Hrsg.): NS-Belastete aus Südbaden (= Täter – Helfer – Trittbrettfahrer. Band 6). 1. Auflage. Kugelberg, Gerstetten 2017, ISBN 978-3-945893-06-7, S. 104 ff. ; ferner: Wolfgang Proske: Dr. Conrad Gröber als förderndes Mitglied der SS, in: Freiburger Diözesan-Archiv, 136. Band (2016), S. 275–286.
- ↑ Vgl.: Stefan Jehle, Heinz Siebold: Debatten in Meßkirch – War der Erzbischof ein „brauner Conrad“? In: Stuttgarter Zeitung, 28. Mai 2017.
- ↑ Wolfgang Proske in Täter Helfer Trittbrettfahrer (THT), Bd. 1: „Ich bin nicht beteiligt am Attentat!“, Münster/Ulm 2010(1), S. 183–219; in THT, Bd. 3: Zwei Rollen für Erwin Rommel beim Aufmarsch der Wehrmacht in Libyen und Ägypten, 1941-1943, Gerstetten 2016(3), S. 153–176; THT, Bd. 4: Nachträge, Gerstetten 2016(2), S. 293–300.
- ↑ Vgl. die Tübinger Bachelorarbeit von Daniel Sternal: Ein Mythos wankt. Neue Kontroverse um den „Wüstenfuchs“ Erwin Rommel, Gerstetten 2017; ferner: Carolin Wöhrle: Umstrittene Erinnerung. Die Kontroverse um das Denkmal für Erwin Rommel in Heidenheim an der Brenz, unveröff. Bachelorarbeit im Fach Geschichte, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sommersemester 2015.
- ↑ Vgl. Claudia Henzler: Auf Rommels Denkmal fällt nun ein Schatten, in: Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2020; Jens Eber: Heidenheimer Künstler Rainer Jooß erhält Preis für Minenopfer-Skulptur, in: Heidenheimer Zeitung, 30. Dezember 2021.
- ↑ Preisverleihung: „Verleihung Rahel-Straus-Preis“. Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V., Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg, abgerufen am 23. Oktober 2019.
- ↑ Julia Schenkenhofer: Ein Preis fürs Erinnern – und Mahnen. In: Stuttgarter Nachrichten. Nr. 244, 21. Oktober 2019, S. 18.
- ↑ Pressemitteilung Staufermedaille des Landes für Wolfgang Proske, auf www.baden-württemberg.de, abgerufen am 13. Januar 2022.
Personendaten | |
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NAME | Proske, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Sozialwissenschaftler, Historiker und Pädagoge |
GEBURTSDATUM | 5. März 1954 |
GEBURTSORT | Kelheim |