Anne Roiphe

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Anne Roiphe (2012)

Anne Richardson Roiphe (* 25. Dezember 1935 in New York City als Anne Roth), vormalig Anne Richardson, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roiphe wurde Ende 1935 in New York City als Tochter jüdischer Eltern geboren. Ihr Vater war mit sechs Jahren zusammen mit seinen Eltern aus Ungarn in die Vereinigten Staaten emigriert und hatte einen Abschluss von der Columbia Law School, ihre Mutter war die Tochter des Gründers des Bekleidungsunternehmens Van Heusen. Roiphe wuchs deshalb in den Kreisen der New Yorker Oberschicht auf und besuchte ab 1953 das Smith College und später das Sarah Lawrence College, wo sie 1957 ihren Abschluss machte. Danach reiste sie ein Jahr lang durch Europa, bevor sie 1958 den Dramatiker Jack Richardson heiratete. Die beiden wurden Eltern einer Tochter, ehe sie sich 1963 scheiden ließen. Vier Jahre später heiratete Roiphe den Psychoanalytiker Herman Roiphe (1924–2005) und bekam mit ihm zwei weitere Töchter, darunter die Autorin Katie Roiphe. Zu ihrer Familie gehören ferner neben Roiphes Tochter aus erster Ehe auch zwei Töchter aus der ersten Ehe ihres Ehemannes.[1]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mittelpunkt von Roiphes Werk stehen Mutter-Tochter-Beziehungen und – seit den späten 1970er Jahren – eine Auseinandersetzung mit ihrer jüdischen Identität. Als Anne Richardson veröffentlichte Roiphe 1966 ihren Debütroman Digging Out, der die Reflexionen einer Frau beschreibt, deren Mutter im Sterben liegt. Ihr zweiter Roman Up the Sandbox! (1970) beschreibt die ausgefallenen Fantasien einer jungen Frau, die im unmittelbaren Kontrast zu deren langweiligem Leben als Hausfrau stehen. Das Buch wurde zwei Jahre später unter dem Titel Sandkastenspiele mit Barbra Streisand in der Hauptrolle verfilmt. Im selben Jahr erschien Roiphes dritter Roman Long Division, der eine lange Reise eines Mutter-Tochter-Gespanns dokumentiert und dabei das spannungsreiche Verhältnis der beiden untersucht. Roiphes vierter Roman Torch Song (1977) handelt von der Beziehung zwischen einer jüdischen Beatnik und einem sexuell perversen Schriftsteller, ihr fünfter Roman Lovingkindness (1987) erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens jüdischer Herkunft, das gegen ihr säkulares Elternhaus rebelliert und sich einer ultraorthodoxen Strömung des Judentums anschließt. 1991 folgte unter dem Titel The Pursuit of Happiness ein Generationenroman aus der Feder Roiphes.[2] Zwei Jahre später publizierte sie den Roman If You Knew Me über das Beziehungsgeflecht und das Leben der drei Hauptcharaktere mittleren Alters.[3] 2003 folgte ein Roman über einen Bürgermeister New Yorks, der gegen eine Terrorserie in der Stadt, politische Verstrickungen und Skandale vorgehen muss.[4] Zwei weitere Romane – An Imperfect Lens (2006) und Ballad of the Black and Blue Mind (2015) – folgten in den nächsten Jahren.[5]

Ab Mitte der 1990er legte Roiphe verstärkt ihren Schwerpunkt auf autobiografische Schriften. 1996 veröffentlichte sie ihre Autobiografie Fruitful, in der sie auf die fehlende Auseinandersetzung der Frauenbewegung mit emanzipierten Frauen hinweist, die sich aktiv für ein Kind und damit das Dasein als Mutter entscheiden.[5] Das Buch wurde für den National Book Award for Nonfiction nominiert.[6] Weitere autobiografische Schriften folgten in den nächsten Jahren.[5] Damit setzte Roiphe eine zweite Schiene ihres Werkskorpus neben den Romanen fort, die sie 1981 mit einem Sachbuch über die Assimilation jüdischer Einwanderer in den Vereinigten Staaten begonnen hatte. 1985 folgte ein gemeinsam mit ihrem Ehemann Herman Roiphe verfasstes Buch über die psychische Gesundheit von Kindern und 1988 eine Auseinandersetzung mit dem damaligen Zustand des Judentums und dem Holocaust.[7] 1997 verfasste sie unter dem Titel A Mother’s Eye ein Sachbuch zum Thema „Mutterschaft und Feminismus“, so der Untertitel des Buches.[8] Fünf Jahre später folgte ein Buch über die Institution der Ehe;[9] 2006 ergänzte sie ihren sachliterarischen Werkskorpus mit einer Analyse der biblischen Frauengestalten Sara, Rebekka, Rachel und Lea (Water from the Well).[5]

Ferner arbeitete Roiphe lange Zeit als Journalistin und schrieb unter anderem für verschiedene Frauenmagazine, das liberale jüdische Magazin Tikkun und die New York Times.[10] Für mehrere Jahre verfasste sie zudem eine zweimonatliche Kolumne für den New York Observer.[5] In der New York Times publizierte sie 1978 einen aufsehenerregenden Artikel, in dem sie sich selbst als säkulare Jüdin beschrieb, die alljährlich einen Weihnachtsbaum kaufe. Der in der Öffentlichkeit als Befürwortung der Assimilierung von Juden gewertete Artikel stieß auf Kritik zahlloser jüdischer Amerikaner und sorgte dafür, dass Roiphe sich privat und auch schriftstellerisch intensiver mit ihrer Identität als Jüdin beschäftigte.[11] Im Laufe der Zeit positionierte sie sich als liberale Jüdin mit eher ambivalenter Haltung zum Judentum, die kritisch auf die konservative Politik Israels und das ultraorthodoxe Judentums blickte.[12]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prosa

Autobiografien

Sachliteratur

  • Generation without Memory: A Jewish Journey in Christian America. Simon and Schuster, New York 1981. ISBN 0-8070-3601-3.
  • mit Herman Roiphe: Your Child’s Mind: The Complete Guide to Infant and Child Emotional Well-Being. St. Martin’s Press, New York 1985. ISBN 0-312-89783-9.
  • A Season for Healing: Reflections on the Holocaust. Summit Books, New York 1988. ISBN 0-671-66753-X.
  • A Mother’s Eye: Motherhood and Feminism. Little, Brown & Co., London 1997. ISBN 978-1-86049-019-4.
  • Married: A Fine Predicament. Basic Books, New York 2002. ISBN 978-0-465-07066-4.
  • Water from the Well: Sarah, Rebekah, Rachel, and Leah. Harper, New York 2006. ISBN 978-0-06-073796-2.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Andrew Furman: Anne Roiphe’s Ambivalence: A Jewish Feminist Looks at Israel. In: MELUS, Band 21, Nummer 2, Sommer 1996, ISSN 0163-755X, S. 123–139.
  • Miriyam Glazer: “Daughters of Refugees of the Ongoing Universal-Endless-Upheaval”: Anne Roiphe and the Quest for Narrative Power in Jewish American Women’s Fiction. In: Jay L. Halio, Ben Siegel (Hrsg.): Daughters of Valor: Contemporary Jewish American Women Writers. Associated University Press, London 1997, S. 80–96. Zweite Auflage, 2000. ISBN 0-87413-611-3.
  • Jay L. Halio: Anne Roiphe: Finding Her America. In: Jay L. Halio, Ben Siegel (Hrsg.): Daughters of Valor: Contemporary Jewish American Women Writers. Associated University Press, London 1997, S. 97–111. Zweite Auflage, 2000. ISBN 0-87413-611-3.
  • Carolyn Hoyt: Anne Roiphe (1935– ). In: Ann R. Shapiro (Hrsg.): Jewish American Women Writers: A Bio-Bibliographical and Critical Sourcebook. Greenwood Press, Westport 1994, S. 342–349. ISBN 0-313-28437-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Anne Roiphe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Seth Korelitz: Anne Roiphe. In der The Shalvi/Hyman Encyclopedia of Jewish Women auf der Website des Jewish Women’s Archive, 20. Juli 2021. Abgerufen am 26. Januar 2024 (englisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Carolyn Hoyt: Anne Roiphe (1935– ). In: Ann R. Shapiro (Hrsg.): Jewish American Women Writers: A Bio-Bibliographical and Critical Sourcebook. Greenwood Press, Westport 1994, S. 342–349, hier S. 342–343. ISBN 0-313-28437-7.
  2. Carolyn Hoyt: Anne Roiphe (1935– ). In: Ann R. Shapiro (Hrsg.): Jewish American Women Writers: A Bio-Bibliographical and Critical Sourcebook. Greenwood Press, Westport 1994, S. 342–349, hier S. 343–346. ISBN 0-313-28437-7.
  3. Robert Kelly: Desire Under the Waves. In: The New York Times, 1. August 1993, Sektion 7, S. 14 (online).
  4. Rezension zu: Anne Roiphe: Secrets of the City. In: kirkusreviews.com, Kirkus Reviews, 15. September 2003. Online gestellt am 19. Mai 2010. Abgerufen am 26. Januar 2024 (englisch).
  5. a b c d e Anne Roiphe auf der Website der Encyclopædia Britannica (Stand: 21. Dezember 2023). Abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  6. Anne Roiphe auf der Website des National Book Award. Abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch)
  7. Carolyn Hoyt: Anne Roiphe (1935– ). In: Ann R. Shapiro (Hrsg.): Jewish American Women Writers: A Bio-Bibliographical and Critical Sourcebook. Greenwood Press, Westport 1994, S. 342–349, hier S. 343. ISBN 0-313-28437-7.
  8. Vgl.: Anne Roiphe: A Mother’s Eye: Motherhood and Feminism. Little, Brown & Co., London 1997. ISBN 978-1-86049-019-4.
  9. Married: A Fine Predicament. In: publishersweekly.com, Publishers Weekly. Abgerufen am 26. Januar 2024 (englisch).
  10. Carolyn Hoyt: Anne Roiphe (1935– ). In: Ann R. Shapiro (Hrsg.): Jewish American Women Writers: A Bio-Bibliographical and Critical Sourcebook. Greenwood Press, Westport 1994, S. 342–349, hier S. 343–344. ISBN 0-313-28437-7.
  11. Andrew Furman: Anne Roiphe’s Ambivalence: A Jewish Feminist Looks at Israel. In: MELUS, Band 21, Nummer 2, Sommer 1996, ISSN 0163-755X, S. 123–139, hier S. 123.
  12. Andrew Furman: Anne Roiphe’s Ambivalence: A Jewish Feminist Looks at Israel. In: MELUS, Band 21, Nummer 2, Sommer 1996, ISSN 0163-755X, S. 123–139, hier S. 127–136.