Häftling X

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Häftling X bzw. Gefangener X ist ein durch die Medien etablierter Platzhaltername für Gefangene, deren Namen zum Beginn der Berichterstattung nicht bekannt war. Bis heute (Stand: Januar 2018) wurden zwei Häftlinge im Ajalon-Gefängnis in Ramla so bezeichnet.

Der Fall Ben Zygier

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2010 erregte die Geschichte eines unbekannten Häftlings das mediale Interesse, der im Ajalon-Gefängnis in Ramla in Isolationshaft gefangen gehalten wurde.[1] Der Fall wurde durch einen Pressebeitrag des Journalisten Raanan Ben-Tzur publik, die Existenz des zunächst nur „Häftling X“ genannten Insassen blieb zunächst unter Verschluss.

Nach Informationen des australischen TV-Senders ABC hieß der Häftling Ben Zygier (* 9. Dezember 1976; † 15. Dezember 2010) und stammt aus Melbourne, wo er nach seinem Suizid auch bestattet wurde. Er hinterließ zwei Kinder. Über die Hintergründe der Inhaftierung herrschte noch bei der Aufdeckung der Identität durch ABC Australien im Februar 2013 ebenso Unklarheit wie über die Gründe des Todes. Israel kündigte eine Untersuchung an.[2] Australien verlangte die Einsicht in die Mitschnitte der vier Überwachungskameras.[3]

Ben Zygier war seit 2003 Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad.[4][5] Zunächst infiltrierte er in Europa Unternehmen, die mit Iran und Syrien in Kontakt standen.[6] Im Sommer 2007 wurde er zurück nach Israel gerufen, da er die Erwartungen, die an seinen Einsatz gestellt wurden, nicht erfüllen konnte.[7] Im März deckte das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf, dass Zygier versucht hatte, auf eigene Faust neue Quellen anzuwerben – vermutlich, um sich für seinen fehlgeschlagenen Einsatz zu rehabilitieren. Dabei geriet er versehentlich an einen Hisbollah-Anhänger, der fortan durch ein doppeltes Spiel Zygier Geheimnisse entlockte. Als Folge dessen wurden später im Libanon die beiden Mossad-Agenten Ziad al-Homsi und Mustafa Ali Awadeh enttarnt und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.[8][9][10]

Laut offizieller Darstellung erhängte sich Häftling X am 15. Dezember 2010 in seiner Zelle.[11]

Der zweite Häftling X

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juli 2013 wurde durch den auf Sicherheitsfragen spezialisierten Rechtsanwalt Avigdor Feldman, der seinerzeit Zygier vertrat, auf einen weiteren unbekannten Häftling im selben Gefängnis aufmerksam gemacht.[12][13][14] Nach Aussage Feldmans handele es sich ebenfalls um einen jüdisch-israelischen Ex-Geheimdienstmitarbeiter, dessen Fall jedoch „auf noch wesentlich schwereres Versagen der Behörden als im Fall Zygier“ hinweise.[12]

Israels Sicherheitsminister Jitzchak Aharonovitsch erklärte gegenüber den Medien, dass es keine „versteckten Häftlinge“ gebe und die Familien der Betroffenen stets informiert worden seien.[15][16]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ulrike Putz: Justizskandal in Israel: Staatsgeheimnis um den Gefangenen X. In: Spiegel Online. 24. Juni 2010, abgerufen am 9. Januar 2017.
  2. Tod im Hochsicherheitstrakt: Netanjahu fürchtet Offenheit in Gefangenenaffäre. In: Spiegel Online. 17. Februar 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  3. Agenten-Affäre: "Gefangener X" soll Mossad-Geheimnisse verraten haben. In: Spiegel Online. 18. Februar 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  4. Agentenaffäre: Der mysteriöse Tod von Israels "Gefangenem X". In: welt.de. 13. Februar 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  5. Justizskandal in Israel: Erstickter Häftling soll Mossad-Agent gewesen sein. In: Spiegel Online. 12. Februar 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  6. Laura Rozen: The rise and fall of Mossad agent Ben Zygier. In: backchannel.al-monitor.com. 25. März 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Juni 2016; abgerufen am 9. Januar 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/backchannel.al-monitor.com
  7. Israel: Mossad-Agent verriet Geheimnisse an Hisbollah. In: Spiegel Online. 24. März 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  8. Ronen Bergman, Julia Amalia Heyer, Jason Koutsoukis, Ulrike Putz und Holger Stark: Der Spion in Zelle 15. In: Der Spiegel. Nr. 13, 2013 (online).
  9. Jason Koutsoukis: How life of spy Ben Zygier unravelled. In: brisbanetimes.com.au. 25. März 2013, abgerufen am 9. Januar 2017 (englisch).
  10. C. Binkley, Ap: So wurde Ben Zygier zum «Gefangenen X». In: 20min.ch. Abgerufen am 9. Januar 2017.
  11. Dario Venutti: Israels Staatsgeheimnis um Häftling X. In: tagesanzeiger.ch. 12. Februar 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  12. a b jwi/DPA/AFP/Reuters/DPA/Reuters: Heimlich weggesperrt: Israel rätselt um neuen "Häftling X". In: stern.de. 11. Juli 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  13. Geheime Gefangene: Israel rätselt über zweiten Häftling X. In: Spiegel Online. 11. Juli 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  14. Yolande Knell: Israel 'secretly holds second Prisoner X' in jail. In: bbc.co.uk. 12. Juli 2013, abgerufen am 9. Januar 2017 (englisch).
  15. Israel: Zweiter "Gefangener X" in israelischem Gefängnis. In: zeit.de. 11. Juli 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.
  16. DPA-InfolineRS: Geheimdienste: Weiterer „Häftling X“ in Israel seit Jahren in Einzelhaft. In: Focus Online. 11. Juli 2013, abgerufen am 9. Januar 2017.