Bingöl

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Bingöl
Bingöl (Türkei)
Bingöl (Türkei)

Blick auf die Stadt Bingöl
Basisdaten
Provinz (il): Bingöl
Koordinaten: 38° 53′ N, 40° 30′ OKoordinaten: 38° 53′ 10″ N, 40° 30′ 6″ O
Höhe: 1151 m
Einwohner: 125.375[1] (2020)
Telefonvorwahl: (+90) 426
Postleitzahl: 12 000
Kfz-Kennzeichen: 12
Struktur und Verwaltung (Stand: 2021)
Gliederung: 15 Mahalle
Bürgermeister: Erdal Arıkan (AKP)
Website:
Landkreis Bingöl
Einwohner: 165.867[1] (2020)
Fläche: 1.814 km²
Bevölkerungsdichte: 91 Einwohner je km²

Bingöl (kurdisch Çewlig, zazaisch Çolig, armenisch Ճապաղջուր Tschapaghdschur) ist eine Stadt in der Türkei und gleichzeitig Provinzhauptstadt der gleichnamigen Provinz Bingöl. Der Name des Landkreises lautet ebenfalls Bingöl. Die Stadt liegt in einer Ebene am Bach Sağyer, der über den Murat in den Euphrat fließt. Der Landkreis ist hinsichtlich Fläche (ca. 23 %) und Einwohnerzahl (58,8 %) der größte der Provinz. Zudem ist es der einzige Landkreis, der in der Bevölkerungsdichte (91,4 Einw. pro km²) über dem Provinzdurchschnitt liegt.

Die Geschichte der Stadt reicht weit zurück, sie kam mit ihrer Region unter die Herrschaft verschiedener Reiche. So waren Stadt und Region Teil des Reiches von Urartu. Der assyrische König Assurbanipal eroberte Bingöl 660 v. Chr. Im 7. Jahrhundert v. Chr. wurde Bingöl Teil des ersten persischen Großreichs. Die Perser wurden von den Seleukiden abgelöst. 60 v. Chr. eroberten die Römer das Gebiet von den Arsakiden. Im Jahr 395 wurde Bingöl Teil des Byzantinischen Reiches, das hier mit Unterbrechungen bis zum Einfall der Araber im Jahr 651 herrschte.

Nach der Islamisierung der Region etablierten sich im 13. Jahrhundert türkische Beyliks. Eines davon waren die Rum-Seldschuken, die Bingöl 1230 einnahmen. 1243 eroberten die Ilchane das Gebiet, nachdem sie die Rum-Seldschuken besiegt hatten. Den Ilchanen folgten die Aq Qoyunlu und ihnen die Safawiden. Die Safawiden wurden 1515 von den Osmanen besiegt. 1844 wurde die Stadt Bingöl unter dem Namen Çewlik ein Verwaltungszentrum innerhalb des Landkreises Palu. Doch ein Jahr später wurde Bingöl an die Provinz Erzurum angeschlossen. 1848 wurde Bingöl anlässlich einer Verwaltungsreform einer anderen Provinz, diesmal Diyarbakır, zugeschlagen. Bis zum Ersten Weltkrieg blieb Bingöl osmanisch, geriet jedoch im Juni 1916 unter russische Besatzung. Die Russen zogen sich 1917 zurück. Bingöl wurde als Teil des Vilâyets Genç Teil der Türkei. In den Anfangsjahren der türkischen Republik lag Bingöl im Bereich der kurdischen Aufstände, z. B. des Scheich-Said-Aufstands 1925. Per Gesetz wurden Bingöl im Januar 1936 Provinzhauptstadt und Genç Kreishauptstadt.

Bingöl wurde wiederholt von schweren Erdbeben heimgesucht. Bei einem Beben am 22. Mai 1971 wurde ein Großteil der Stadt zerstört, mehrere Hundert Menschen kamen ums Leben. Als Reaktion wurden in der Türkei strengere Bauvorschriften für erdbebensicheres Bauen erlassen.[2] Bei einem Beben am 1. Mai 2003 kamen 176 Menschen ums Leben und zahlreiche Gebäude wurden beschädigt.[3]

Die Stadt hieß bis 1950 Çapakçur. Dieser Name ist seit dem 4. Jahrhundert bekannt und wahrscheinlich armenischen Ursprungs.[4] Der armenische Name leitet sich von einem Bach ab, der in den Murat fließt.[5] Laut einer anderen populären Erklärung bei Evliya Çelebi stammt der Name von Alexander dem Großen ab, der durch das Wasser des Flusses an diesem Ort von einer Krankheit geheilt wurde. Daraufhin habe er den Ort in der makedonischen Sprache (bei Çelebi Makdis lisanı) Wasser des Paradieses genannt.[6] In islamischen Quellen des Mittelalters wird Çapakçur auch Jabal Jur genannt, was volksetymologisch mit Dschabal für Berg und Dschur für Fließen erklärt wurde. Der andere traditionelle Name Çewlik/Çolig bezeichnet einen Acker oder Garten an einem Fluss.[7]

Die Stadt Bingöl ist von Bergen mit Gletschern umgeben. Geologisch gesehen liegt Bingöl in einem Erdbebengebiet.

Die Stadt Bingöl ist die größte der Provinz und beherbergt 73,4 Prozent der Landkreisbevölkerung (Stand: Ende 2018). Sie gliedert sich in 15 Stadtviertel (Mahalle), von denen Kültür mit 18.214 Einwohnern das größte ist

Der Landkreis besteht neben der Kreisstadt aus zwei weiteren Gemeinden (Belediye): Ilıcalar (3036) und Sancak (2449 Einw.). Daneben gibt es noch 88 Dörfer (Köy), die Dörfer haben eine Durchschnittsbevölkerung von 398 Einwohnern. 30 Dörfer haben mehr Einwohner als dieser Durchschnitt. Die zehn größten Dörfer nach der Einwohnerzahl sind:

  • Çavuşlar (kurd. Perhengok Jor) (2330 Einw.)
  • Sarıçiçek (kurd. Tarbasan) (1972 Einw.)
  • Ekinyolu (kurd. Sîmsor) (1440 Einw.)
  • Yenibaşlar (kurd. Alikrak) (1393 Einw.)
  • Güveçli (kurd. Welan) (1291 Einw.)
  • Çeltiksuyu (kurd. Madrag) (1241 Einw.)
  • Sudüğünü (kurd. Şîrnan) (1232 Einw.)
  • Ağaçeli (kurd. Perhengok Jêr) (1141 Einw.)
  • Göltepesi (kurd. Çan) (1073 Einw.)
  • Aşağıakpınar (kurd. Wusifan) (1081 Einw.)
Bingöl (1139 m)
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
139
 
2
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21
 
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6.6
 
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5.1
 
35
19
 
 
15
 
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14
 
 
65
 
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13
2
 
 
133
 
5
-3
_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: MGM, Normalperiode 1991–2020[8]
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Bingöl (1139 m)
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) −2,1 −0,8 4,7 10,9 16,2 22,2 26,7 26,7 21,3 14,5 6,8 0,7 12,4
Mittl. Tagesmax. (°C) 2,4 4,1 10,2 16,9 23,1 29,8 34,7 35,1 29,9 22,0 12,7 5,2 18,9
Mittl. Tagesmin. (°C) −5,5 −4,6 0,4 5,8 10,2 15,0 19,3 19,1 13,9 8,6 2,2 −2,8 6,9
Niederschlag (mm) 138,7 128,9 134,4 110,5 82,5 21,3 6,6 5,1 15,4 65,3 93,1 133,3 Σ 935,1
Sonnenstunden (h/d) 3,4 4,4 4,8 5,5 6,9 9,0 9,2 8,9 8,0 6,1 4,5 3,3 6,2
Regentage (d) 10,47 10,37 13,43 15,17 14,50 5,70 1,93 1,57 3,33 8,33 8,47 11,30 Σ 104,57
Quelle: MGM, Normalperiode 1991–2020[8]

Bevölkerungsentwicklung

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Nachfolgende Tabelle zeigt den vergleichenden Bevölkerungsstand am Jahresende für die Provinz, den zentralen Landkreis und die Stadt Bingöl sowie den jeweiligen Anteil an der übergeordneten Verwaltungsebene. Die Zahlen basieren auf dem 2007 eingeführten adressbasierten Einwohnerregister (ADNKS).[9]

Jahr Provinz Landkreis Stadt
abs. % abs. % abs.
2020 281.768 58,87 165.867 75,59 125.375
2019 279.812 58,91 164.835 75,20 123.958
2018 281.205 56,96 160.165 73,40 117.556
2017 273.354 57,77 157.921 74,10 117.014
2016 269.560 56,76 153.011 72,78 111.364
2015 267.184 56,38 150.626 71,88 108.267
2014 266.019 55,29 147.087 70,33 103.441
2013 265.514 54,09 143.624 69,11 99.260
2012 262.507 54,27 142.455 69,09 98.424
2011 262.263 53,67 140.753 67,97 95.669
2010 255.170 52,48 133.916 65,65 87.918
2009 255.745 52,73 134.854 66,16 89.224
2008 256.091 51,41 131.666 65,40 86.113
2007 251.552 51,63 129.885 66,61 86.511

Stadtentwicklung

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Nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die Entwicklung der Einwohnerzahlen von Stadt (Şehir), Kreis (İlçe) und Provinz (İl) Bingöl. Die Zahlen wurden den als PDF-Dateien veröffentlichten Ergebnisse der Volkszählungen der angegebenen Jahre entnommen, abrufbar über die Bibliothek des TURKSTAT (TÜİK)[10]

Jahr 2000 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960 1955 1950 1945 1940 1935
Stadt 68.876 41.590 34.024 28.146 22.047 17.220 11.727 8.526 6.866 3.877 1.616 1.418 337
Landkreis 116.411 95.445 86.988 75.520 64.810 53.808 43.883 36.190 30.096 24.430 16.429 15.214 5.345
Provinz 253.739 250.966 241.548 228.702 210.804 177.951 150.521 131.634 113.341 97.328 75.510 70.184 – *

* Als Teil der Provinz Muş

In Bingöl befindet sich die staatliche Bingöl-Universität (türkisch Bingöl Üniversitesi).

2013 wurde der Flughafen Bingöl eröffnet. Der Flughafen wird nur für Inlandsflüge aus Istanbul und Ankara genutzt und ist zwanzig Kilometer südwestlich von der Innenstadt entfernt.

Commons: Bingöl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Türkiye Nüfusu İl ilçe Mahalle Köy Nüfusları, abgerufen am 6. März 2021
  2. İsrafil Karataş: 1971 Bingöl Depremi In: History Studies. International Journal of History. Band 12, Heft 5. Oktober 2020, ISSN 1309-4173, S. 2797–2820, doi:10.9737/hist.2020.943 (türkisch).
  3. Japan Society of Civil Engineers (Hrsg.): The Bingöl Earthquake of May 1, 2003. (PDF; 4,17 MB) In: jsce.or.jp. Juli 2003, abgerufen am 22. Mai 2021 (englisch)
  4. Sevan Nişanyan: Adını Unutan Ülke. Türkiye’de Adı Değiştirilen Yerler Sözlüğü, Istanbul 2010, S. 66
  5. Bilge Umar: Türkiye’deki Tarihsel Adlar, Istanbul 1993, S. 186
  6. Evliya Çelebi: Seyahatname III, 1648
  7. Bilgehan Pamuk: XIX. Yüzyılda Çapakçur ve Yöresinde Ekonomik Faaliyetler: Madencilik ve Yaygın İş Kolları / The Economical Activities of Çapakcur (Bingöl) and Its Region in The 19th Century:Mining and Common Job Branches, 2011, S. 105
  8. Resmi İstatistikler: İllerimize Ait Mevism Normalleri (1991–2020). Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, abgerufen am 25. Mai 2021 (türkisch).
  9. Central Dissemination System/Merkezi Dağıtım Sistemi (MEDAS) des TÜIK, abgerufen am 18. Mai 2019
  10. Bibliothek des TÜİK