Britische Unterhauswahl 1886

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

1885Unterhauswahl
1886
1892
(in %)
 %
60
50
40
30
20
10
0
51,4
45,0
3,5
0,1
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1885
 %p
   8
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
+7,9
−2,4
−3,4
−2,1
192
85
393
192 85 393 
Insgesamt 670 Sitze

Die Unterhauswahl im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland im Jahr 1886 fand vom 1. bis zum 27. Juli 1886 statt.[1] Die Wahl wurde nach der Ablehnung der Government of Ireland Bill 1886 (First Home Rule Bill) im Unterhaus durch den liberalen Premierminister William Ewart Gladstone angesetzt. In dieser Frage war es zu einer Spaltung der Liberal Party gekommen.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der vorangegangenen Unterhauswahl 1885 hatten weder die Konservativen noch die Liberalen die absolute Mehrheit der Sitze im Unterhaus gewinnen können. Die von Charles Stewart Parnell angeführten irischen Nationalisten bildeten das Zünglein an der Waage und unterstützten die liberale Minderheitsregierung unter William Ewart Gladstone. Diese Situation überzeugte Gladstone, dass das Verhältnis Irlands zum restlichen Vereinigten Königreich reformiert werden müsse, indem Irland eine begrenzte Selbstregierung (Home Rule) eingeräumt würde. Dieses Vorhaben stieß jedoch auch auf Widerstand innerhalb der Liberalen Partei, da Einige in der Einführung eines separaten irischen Parlaments den Beginn der Auflösung der Union zwischen Großbritannien und Irland sahen. Im Sommer 1886 kam es über diese Frage zu einem Bruch innerhalb der Liberalen Partei. Der konservative Whig-Flügel der Partei – angeführt von Lord Hartington – und eine kleine Gruppe von radikalen Unionisten unter Joseph Chamberlain trennte sich von der von Gladstone geführten Partei und gründete später die Liberal Unionist Party. Anlässlich der zweiten Lesung von Gladstones Irish Home Rule Bill am 8. Juni 1886 wechselten 93 liberale Abgeordnete die Seite und stimmten mit der konservativen Opposition. Die Home Rule Bill wurde mit 341 gegen 311 Stimmen vom Unterhaus abgelehnt.[2] Infolgedessen bat Gladstone die Königin um die Auflösung des Parlaments und die Ausschreibung von Neuwahlen. Im Vorfeld der Wahl verfestigte sich die Spaltung der Liberalen Partei, als sich Hartington, Chamberlain und ihre Anhänger entschlossen, mit Unterstützung der Konservativen eigene Kandidaten in verschiedenen Wahlkreisen gegen die parteioffiziellen liberalen Kandidaten aufzustellen.[3]

Wahlmodus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gewählt wurden 670 Abgeordnete. Insgesamt stellten sich 1115 Kandidaten zur Wahl, davon 224 ohne Gegenkandidaten. 456 Abgeordnete wurden in England, 101 in Irland, 70 in Schottland und 34 in Wales gewählt. Neun Abgeordnete wurden durch Universitätsangehörige gewählt.[4]

Ergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlkreisgewinner bei der Wahl. Die meisten Wahlkreise waren Ein-Personenwahlkreise, in einigen wurden jedoch zwei Kandidaten gewählt. Dies ist durch hellere/dunklere Farben bzw. Schraffuren (bei Kandidaten von zwei unterschiedlichen Parteien) deutlich gemacht:
 Konservative und liberale Unionisten: 393[A 1]
 Liberale: 192
 Irish Parliamentary Party: 85
Isle of Man (keine Wahl)

  1. die liberalen Unionisten umfassten etwa 77 gewählte Abgeordnete

Im Folgenden sind die Ergebnisse im Vereinigten Königreich und in den vier Landesteilen sowie den Universitäten aufgeführt. Die Wahlbeteiligung war verglichen zur Wahl im Vorjahr um etwa ein Drittel niedriger. Es beteiligten sich nur knapp 3 Millionen Wähler statt der 4,6 Millionen Wähler 1885.[4]

Gesamtergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partei Kandidaten Stimmen Sitze
Gesamt ohne
Gegen-
kandidat
Anzahl % +/− Anzahl +/−
  Conservative Party und liberale Unionisten 563 118 1.520.886 51,4 +7,9 393 +144
  Liberal Party 449 40 1.353.581 45,0 −2,4 192 −127
  Irish Parliamentary Party 100 66 97.905 3,5 −3,4 85 −1
  Sonstige 3 0 1.791 0,1 −2,1 0 −16
Gesamt 1115 224 2.974.163 100,0 670

Unter die Konservativen sind etwa 77 liberale Unionisten subsumiert.[4]

Landesteile und Universitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partei Kandidaten Stimmen Sitze
Gesamt ohne
Gegen-
kandidat
Anzahl % +/− Anzahl +/−
England
  Conservative Party und liberale Unionisten 432 105 1.193.289 52,6 +5,1 332 +119
  Liberal Party 347 23 1.087.065 47,2 −4,2 123 −115
  Irish Parliamentary Party 1 0 2.911 0,1 0,0 1 ±0
  Sonstige 3 0 1.791 0,1 −0,9 0 −4
Gesamt 783 128 2.285.056 100,0 456
Wales
  Conservative Party und liberale Unionisten 24 2 60.048 46,1 +7,2 8 +4
  Liberal Party 32 10 70.289 53,9 −4,4 26 −3
  Sonstige 0 0 0 0,0 −2,8 0 −1
Gesamt 56 12 130.337 100,0 34
Schottland
  Conservative Party und liberale Unionisten 63 2 164.314 46,4 +12,1 27 +19
  Liberal Party 68 7 193.801 53,6 +0,3 43 −8
  Sonstige 0 0 0 0,0 −12,4 0 −11
Gesamt 131 9 358.115 100,0 70
Irland
  Conservative Party und liberale Unionisten 35 3 98.201 50,4 +25,6 17 +1
  Liberal Party 1 0 1.910 1,0 −5,8 0 ±0
  Irish Parliamentary Party 97 66 94.883 48,6 −19,2 84 −1
  Sonstige 0 0 0 0,0 −0,6 0 ±0
Gesamt 133 69 194.994 100,0 101
Universitäten
  Conservative Party und liberale Unionisten 9 6 5034 84,7 +31,0 9 +1
  Liberal Party 1 0 516 13,8 −32,5 0 −1
  Irish Parliamentary Party 2 0 111 1,5 +1,5 0 ±0
Gesamt 12 6 5.661 100,0 9

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Ergebnis der Wahl konnten die Konservativen mit der Unterstützung der liberalen Unionisten eine Regierung unter Lord Salisbury bilden (Kabinett Salisbury I).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Isobel White, Mary Durkin: General Election Dates 1832-2005. (pdf) House of Commons Library, 16. September 2007, abgerufen am 24. Juni 2023 (englisch).
  2. Two home rule Bills. parliament.uk, abgerufen am 19. Juni 2022 (englisch).
  3. Hugh W. Stephens: The Changing Context of British Politics in the 1880s: The Reform Acts and the Formation of the Liberal Unionist Party. In: Social Science History. Band 1, Nr. 4, 1977, S. 486–501, JSTOR:1170794 (englisch).
  4. a b c Colin Rallings, Michael Thrasher: British Electoral Facts 1832-2006. Taylor & Francis, 2007, ISBN 978-0-7546-2712-8, S. 13 (englisch).