Centralstation Markgrafenstraße

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Centralstation Markgrafenstraße
Zeitgenössische Ansicht des Maschinensaals
Zeitgenössische Ansicht des Maschinensaals
Zeitgenössische Ansicht des Maschinensaals
Lage
Centralstation Markgrafenstraße (Berlin)
Centralstation Markgrafenstraße (Berlin)
Koordinaten 52° 30′ 46″ N, 13° 23′ 38″ OKoordinaten: 52° 30′ 46″ N, 13° 23′ 38″ O
Land Deutschland Deutschland
Ort Berlin
Daten
Brennstoff Kohle
Leistung 540 kW
Eigentümer Städtische Elektricitäts-Werke AG
Betriebsaufnahme 15. August 1885
Stilllegung 1920er-Jahre
Kessel 6
Eingespeiste Energie 1885 0,037 GWh

Die Centralstation Markgrafenstraße in Berlin war das erste Wärmekraftwerk Deutschlands, das Strom in ein städtisches Verteilnetz abgab und diesen an mehrere Kunden verkaufte. Die Anlage stand an der Markgrafenstraße in der Berliner Friedrichstadt (heute zum Ortsteil Berlin-Mitte gehörig) und wurde 1885 eröffnet.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1882 hatte Siemens & Halske ein erstes Kraftwerk an der Wilhelmstraße eingerichtet, das jedoch nur zur Stromversorgung der am 20. September 1882 in Betrieb genommenen elektrischen Kohlebogenlampen am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße diente.[1] Diese „Maschinenanlage bestand aus vier durch Ottosche Gasmotoren zu je 12 PS (9 kW) angetriebenen Siemens-Dynamo-Maschinen“. Der Betrieb dieses Kraftwerks wurde 1886 wieder eingestellt und die Stromversorgung von dem inzwischen gegründeten AEG-Tochterunternehmen übernommen.[2][3]

Gründung der Städtischen Elektricitäts-Werke AG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Unternehmer Emil Rathenau erwarb 1881 von Thomas Alva Edison die Lizenz des Patents der Glühlampe für Deutschland und gründete 1883 die Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektricität (DEG) zur wirtschaftlichen Nutzung. Die Gesellschaft war mit einem Kapital von 5 Mio. Mark ausgestattet und wurde der Grundstein für die spätere AEG.

Die DEG erhielt am 19. Februar 1884 die Konzession zur alleinigen Versorgung der Berliner Innenstadt mit Elektrizität.[4] Sie hatte das Recht, öffentliche Straßen für die Verlegung von Kabeln zu nutzen. Umgekehrt verpflichtete sie sich, jeden mit Strom zu beliefern, der das wünschte. Weiter mussten 10 % des Gewinns durch den Verkauf von Elektrizität an die Stadt Berlin abgegeben werden.[5]

Die DEG gründete für die Nutzung der Konzession am 8. Mai 1884[5] die Städtische Elektricitäts-Werke AG mit 3 Mio. Mark Aktienkapital, aus der später die Bewag hervorging.

Bau des Kraftwerks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Städtische Elektricitäts-Werke AG kaufte die Grundstücke Markgrafenstraße 44 am Gendarmenmarkt und Mauerstraße 80 für den Bau von Kraftwerken.

Die Centralstation Markgrafenstraße nahm am 15. August 1885 den Betrieb auf.[6] Das Kraftwerk war bis 1907 in Betrieb und wurde danach zur Umspannstation umgebaut.[7] Sechs Dampfkessel erzeugten Dampf mit einem Druck von 10 atü (10,8 bar) für den Betrieb von sechs Kolbendampfmaschinen von Borsig, deren Leistung je 110 kW (150 PS) betrug. Diese trieben zwölf Generatoren an, die Gleichstrom mit einer Spannung von 110 V erzeugten. Die elektrische Gesamtleistung des Kraftwerks betrug 540 kW.[5]

Das wenig später in der Mauerstraße errichtete Kraftwerk war nahezu baugleich. Weitere kleinere Kraftwerke entstanden 1890 am Schiffbauerdamm 22 Ecke Luisenstraße und 1899 an der Spandauer Straße zwischen Rathaus und Molkenmarkt.[8]

Da Mitte der 1880er Jahre noch keine Erfahrungen bezüglich der verlustarmen Stromübertragung über längere Strecken vorlagen, mussten die ersten Kraftwerke mit Gleichstromgeneratoren in den Städten in der Nähe der Verbraucher eingerichtet werden. Erst im August 1891 konnte mit der Drehstromübertragung Lauffen–Frankfurt die erste auf höhere Spannungen transformierte Fernleitung mit akzeptablen Wirkungsgraden in Deutschland in Betrieb genommen werden.

Stromversorgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kraftwerk versorgte mit seinem Verteilnetz Kunden im Umkreis von 2,2 km mit Strom.[6] Die ersten Großkunden waren das Schauspielhaus mit 150 kW Anschlussleistung und die Reichsbank mit 20 kW.[5] Der Strompreis betrug 80 Pfennig / kWh, was heutzutage ungefähr 6,86 € entsprechen würde.

Im Jahr 1887 kam das Opernhaus dazu.[9] Im selben Jahr wurde das Verteilnetz mit demjenigen der Centralstation Mauerstraße zusammengeschlossen.[5]

Nachdem 1886 schon die Stromversorgung der Straßenbeleuchtung am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße übernommen worden war, folgte im Herbst 1888 die Straßenbeleuchtung der Prachtstraße Unter den Linden mit den von Ludwig Schupmann entworfenen Schupmann-Kandelabern.[10]

Gedenktafel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel

Am Haus Markgrafenstraße 35 ist eine Gedenktafel für das Kraftwerk angebracht.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Erste elektrische Straßenbeleuchtung. (Aus Hermann Meyer, Fünfzig Jahre bei Siemens.). (Memento des Originals vom 2. Februar 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/dingler.culture.hu-berlin.de In: Polytechnisches Journal, 1921, Band 336, S. 302–309, abgerufen am 2. Januar 2020.
  2. Herbert Liman: Mehr Licht. Haude & Spener, Berlin 2000, ISBN 3-7759-0429-8, S. 31.
  3. Reichshauptstadt und Weltstadt. Die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin am Potsdamer Platz. (Sammelblatt B 03325 zum Berlin-Archiv des Archiv Verlags, Braunschweig)
  4. Geschichte. ewerk, abgerufen am 10. Dezember 2019.
  5. a b c d e Leonhard Müller: Handbuch der Elektrizitätswirtschaft. Technische, wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-56805-3, S. 30 (books.google.de).
  6. a b Erste Elektrizitäts-Kraftwerk Deutschlands. (PDF) Berliner Historische Mitte e. V., 19. Dezember 2016, abgerufen am 9. Dezember 2019.
  7. Reichshauptstadt und Weltstadt. Das „Städtische Elektricitätswerk“ in der Markgrafenstraße. (Sammelblatt B 05094 zum Berlin-Archiv des Archiv Verlags, Braunschweig)
  8. Alois Riedler: Emil Rathenau und das Werden der Großwirtschaft. Julius Springer, Berlin 1916, S. 49–53 (google books).
  9. Electrische Beleuchtung im Opernhaus Berlin. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 10, Nr. 11, 10. September 1887, S. 68.
  10. Ludwig Schupmann: Lichtträger für elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin. In: Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 18, 1888, S. 194–196 (zlb.de).