Chintschin-Ungleichung

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Die Chintschin-Ungleichung, benannt nach Alexander Jakowlewitsch Chintschin, ist eine Ungleichung aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis. Sie vergleicht Summen von Quadraten mit p-Normen zugehöriger Linearkombinationen von Rademacherfunktionen. Nach der französischen Transskiption des Namens Chintschin findet man diese Ungleichung oft unter der Bezeichnung Khintchine-Ungleichung.

Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es seien reelle oder komplexe Zahlen. Diese kann man zu einem Vektor zusammenfassen, wobei für oder stehe. Dieser Vektor hat als Element des euklidischen bzw. unitären Vektorraums eine Länge .

Es seien die Rademacherfunktionen. Dann kann man mit den gewählten Zahlen als Koeffizienten die Linearkombination bilden und erhält so eine beschränkte Funktion , die offenbar eine Treppenfunktion ist und daher in jedem Lp([0,1]) liegt, wobei . Die Chintschin-Ungleichung vergleicht die p-Norm dieser Linearkombination mit der Länge des Vektors .

Formulierung der Ungleichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu jedem gibt es Konstanten , so dass für alle gilt:[1][2]

.

Setzt man die Definitionen der Normen ein, bedeutet das

.

Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die volle Ungleichung findet sich erstmals bei John Edensor Littlewood,[3] Spezialfälle wurden aber bereits 1923 von Chintschin veröffentlicht,[4] weshalb die Ungleichung seinen Namen trägt.

Für ist die Ungleichung trivial, es gilt dann sogar Gleichheit. Der Grund liegt darin, dass die Rademacherfunktionen im Hilbertraum ein Orthonormalsystem bilden und daher

gilt.

Optimale Konstanten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funktionen (blau) und (rot)

Die üblichen Beweise der Chintschin-Ungleichung, wie sie sich in den zitierten Lehrbüchern finden, sind nicht besonders aufwändig, liefern aber nur recht grobe Abschätzungen für die Konstanten. Sehr viel schwieriger ist die Ermittlung der optimalen Konstanten, diese wurden von Uffe Haagerup, aufbauend auf Vorarbeiten von Stanisław Szarek, gefunden.[5][6] Es bezeichne die Gammafunktion und die Lösung der Gleichung

,   das heißt

Die optimalen Konstanten für die Chintschin-Ungleichungen in reellen Räumen lauten damit:

und

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus den Abschätzungen der Chintschinschen-Ungleichung liest man direkt ab, dass der von den Rademacherfunktionen in erzeugte abgeschlossene Unterraum isomorph zum Folgenraum der quadrat-summierbaren Folgen ist, das heißt jeder Banachraum enthält einen abgeschlossenen und zu isomorphen Unterraum. Nachdem Satz von Pitt hat kein für diese Eigenschaft. Daher kann für nicht zu isomorph sein. Im Gegensatz dazu besteht nach dem Satz von Fischer-Riesz für sogar eine isometrische Isomorphie .

Kahane-Chintschin-Ungleichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine weitere offensichtliche Folgerung aus der Chintschin-Ungleichung ist, dass die verschiedenen p-Normen auf dem von den Rademacher-Funktionen erzeugten Unterraum äquivalent sind. Dies wurde wie folgt von Jean-Pierre Kahane zur sogenannten Kahane-Chintschin-Ungleichung verallgemeinert.[7] Eine Rademacher-Folge ist eine Folge von unabhängig und identisch verteilten Zufallsgrößen auf einem Wahrscheinlichkeitsraum mit für alle . Die Rademacherfunktionen auf dem Wahrscheinlichkeitsraum [0,1] mit dem Lebesguemaß bilden offensichtlich so eine Folge.

Zu jedem gibt es eine Konstante , so dass für jeden Banachraum und jede endliche Folge und Rademacher-Folge die Ungleichungen

bestehen, wobei E für die Bildung des Erwartungswertes steht.[8]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Raymond A. Ryan: Introduction to Tensor Products of Banach Spaces, Springer-Verlag 2002, ISBN 1-85233-437-1, Theorem 2.24
  2. Joseph Diestel: Sequences and series in Banach spaces, Springer-Verlag (1984), ISBN 0-387-90859-5, Theorem in Kapitel VII
  3. J. E. Littlewood: On a certain bilinear form, Quart. J. Math. Oxford (1930), Band 1, Seiten 164–174
  4. A. Khintchine: Über dyadische Brüche, Math. Zeitschrift (1923), Band 18, Seiten 109–116
  5. Uffe Haagerup: The best constants in the Khintchine inequality, Studia Mathematica (1981), Band 70 Nr. 3, Seiten 231–283
  6. J. S. Szarek: On the best constant on the Khintchine inequality, Studia Mathematica (1976), Band 58, Seiten 197–218
  7. J. P. Kahane: Sur les sommes vectorielles Σ±u, C. R. Acad. Sci. Paris (1964), Band 259, Seiten 2577–2580
  8. F. Albiac, N. J. Kalton: Topics in Banach Space Theory, Springer-Verlag (2006), ISBN 978-1-4419-2099-7, Theorem 6.2.5