Erdwerk Ohrenbacher Schanze

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Erdwerk Ohrenbacher Schanze
Übersicht der Anlage

Übersicht der Anlage

Alternativname(n) Heuneschüssel, Römerschanze, Vielbrunner Schanze, Alte Schanze[1]
Staat Deutschland
Ort Miltenberg-„Geißberg“
Entstehungszeit Römerzeitlich oder frühmittelalterlich
Burgentyp Höhenburg
Erhaltungszustand Burgstall, Wall- und Grabenreste
Geographische Lage 49° 43′ N, 9° 8′ OKoordinaten: 49° 42′ 46,6″ N, 9° 8′ 11,9″ O
Höhenlage 429 m ü. NHN
Erdwerk Ohrenbacher Schanze (Bayern)
Erdwerk Ohrenbacher Schanze (Bayern)
3D-Ansicht des digitalen Geländemodells

Das Erdwerk Ohrenbacher Schanze auch Römerschanze, Heunenschüssel oder Vielbrunner Schanze genannt, ist eine römerzeitliche oder frühmittelalterliche Wallananlage (Erdschanze) auf dem östlich benachbarten Höhenrücken des Geißbergs über dem Ohrenbachtal zwischen Vielbrunn (Bremhof) auf hessischer Seite und der Gemarkung Rüdenau westlich im Stadtgebiet von Miltenberg[2] im Landkreis Miltenberg in Bayern.

Die Süd-Ost-Ecke der Schanze
Süd-West-Ecke

Die so genannte Schanze befindet sich in der Nähe eines das Maintal begleitenden vorgeschichtlichen Höhenwegs, der entlang des Höhenrückens von Bremhof nach Miltenberg (in Nordwest-Südost-Richtung) verläuft. Wenige Meter westlich der Anlage am Sattel des Geißberges an dem sich das Naturdenkmal Lauseiche befindet, kreuzt eine Anzahl Altwege in Nord-Süd-Richtung zwischen Laudenbach (Mainlimes) und dem Ohrenbachtal, die noch heute wenig besiedelte und waldreiche Hochfläche zwischen Ohrenbach (hessisch und im lokalen Dialekt Ohrnbach genannt, wie auch manchmal das Erdwerk ohne „e“ benannt wird) und Main westlich streifend.

Blick vom NSG Geierstal von Vielbrunn über den Ohrenbach auf den Geißberg, dahinter liegt die Schanze; der mittige Einschnitt markiert die ins Tal kommende Landesgrenze Hessen/Bayern

Die rechteckige, an den Ecken sichtbar abgerundete, Wehranlage wurde 1813 von Knapp mit einer Seitenlänge von 90 Schritt (knapp 66 Meter) in West-Ost-Richtung und 80 Schritt (etwa 58,5 Meter) in Nord-Süd-Richtung[1] angegeben. Umschlossen von einem etwa 1,5 Meter tiefen Graben, zeigen sich drei etwa drei Meter hohe Erdwälle, zwei äußere mit einem einzigen nach Osten gerichteten und nach innen gezogenem Zangentor von etwa 3,50 m Breite mittig der östlichen Schmalseite[1] in Richtung der Prätorialfront mit vielen Sandsteinstücken und einem inneren Wall. Am Osttor ist der Graben unterbrochen. Im Innenraum, geteilt durch einen kleinen Abschnittsgraben finden sich noch Reste eines Brunnens, der durch eine innere komplett umlaufenden Wall-Graben-Anlage, der zusätzlich drei Viertel der Anlage schützte, gesichert war.[1]

Heutige, auf Vermessungen des Geländereliefs im Bayernviewer beruhende Angaben, ergeben für die lange Seite eine Ausdehnung von 88,6 m (Graben-Graben) respektive 77,3 m (Wall-Wall) und eine Ausdehnung von 76,5 m (G-G) respektive 66 m (W-W) zur kurzen Seite des Erdwerkes. Damit wäre die Anlage vergleichbar den Kastellen des Odenwaldlimes bzw. sogar geringfügig größer in seinen Abmessungen (vgl. z. B. mit dem Kastell Eulbach). Postulierte limesgleiche Befestigungen, die schon von Knapp nicht mehr gefunden und daher abgelehnt wurden[1], sind auf dem Hochplateau nicht zu finden.

Befunde und Interpretationen

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Die spätestens 1813 durch Johann Friedrich Knapp beschriebene und urkundlich gemachte, 1900 im Limeswerk publizierte Anlage[3], wurde 1912/1913 bei Ausgrabungen/Sondierungen durch Georg Hocks[4] untersucht, wobei ausschließlich römische Keramik des 2. Jahrhunderts gefunden wurde.[5] Zwei Suchschnitte Hocks' am Abschnittsgraben sind heute noch im Georelief sichtbar.

Die in der Art untypische Lage zwischen beiden Limeslinien lassen den römischen Ursprung der Anlage als nicht gesichert ansehen. Dietwulf Baatz schloss 1984 einen römischen Ursprung nicht aus, forderte aber weitergehende Untersuchungen[6] Größe, Aussehen (abgerundete Ecken) und Zangentor lassen bis auf den untypischen inneren Graben durchaus Ähnlichkeiten mit den Kastellen am Limes erkennen.

Dass die Anlage als Vorposten des Odenwaldlimes der Überwachung des Höhenweges oder als Arbeitslager und Sägeplatz gedient haben könnte, ist seit neuerer Zeit wieder verstärkt in der Diskussion. Angenommen wird, dass Holzfällerkommandos des römischen Heeres im Odenwald Holz für größere Orte wie Mogontiacum (dem heutigen Mainz) geschlagen haben, da in deren Umland nicht mehr genug Material zur Verfügung stand. Über den Main konnte das Holz gut an den Rhein geflößt werden. Auf Bingemer berufend, bezeichnet Theodor K. Kissel die Schanze in seiner Dissertation 1995 gar als Holzverarbeitungsbetrieb.[7] Dafür werden auch vier Inschriftensteine angeführt, die in den Kastellen Trennfurt, Obernburg und Stockstadt gefunden wurden, von Vexillationen der in Mogantiacum stationierten Legion XXII (Antoniniana) Primigenia Pia Fidelis stammen sollen und auf 206–214 n. Chr. datiert werden.[8][9] Das Kastell Trennfurt wird dabei wegen seiner ungewöhnlichen sehr stark rechteckigen Form auch als Stapel- und Verladeplatz am Main angesehen. Wilhelm Conrady hatte 1900 noch gemeint, einen Verbindungsweg vom Trennfurter Kastell zum Kastell Hainhaus ausmachen zu können.[3]

In der Bayerischen Denkmalliste[10] des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege wird das Objekt unter der Nummer D-6-6220-0003 als nachqualifiziertes Bodendenkmal mit der Bezeichnung Erdwerk „Ohrenbacher Schanze“ spätkaiserzeitlicher oder frühmittelalterlicher Zeitstellung benannt.

Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden:

„Jede Veränderung an oder im Nähebereich von Bau- und Bodendenkmälern bedarf einer denkmalrechtlichen Erlaubnis gemäß Artikel 6 und Art. 7 BayDSchG. Wer Bodendenkmäler auffindet, ist verpflichtet, diese gemäß Art. 8 BayDSchG unverzüglich den Unteren Denkmalschutzbehörden oder dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege anzuzeigen.“

Benutzerhinweise Bayerischer Denkmalatlas (Bayern Atlas)[11]
  • Dietwulf Baatz: Die Römer in Hessen, Theiss Verlag, 1984, S. 443 und 462.
  • Heinrich Bingemer: Die Ohrenbacher Schanze, in: Saalburg-Jahrbuch 10, 1951, S. 29–35.
  • Johann Friedrich Knapp: Römische Denkmale des Odenwaldes, insbesondere der Grafschaft Erbach und Herrschaft Breuberg. Heidelberg 1813 (Neuauflage 1854 durch Heinrich Eduard Scriba), S. 79–81 (=§ 41).
  • F. Lintz: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Band 8, 1889, S. 69 f.
  • Friedrich Mössinger: Die Römer im Odenwald (= Schriften für Heimatkunde und Heimatpflege im südhessischen Raum) Heft 13/14, Verlag Südhessische Post, Heppenheim 1954 (Neuauflage 1967), S. 52 ff.
  • K. Schwarz: Die Heuneschüssel, auch Ohrenbacher Schanze genannt, In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Band 8: Miltenberg, Amorbach, Obernburg, Aschaffenburg, Seligenstadt, Mainz 1967, S. 137–145.
  • Kurt Stade: Die Ohrenbacher Schanze. In: Der Obergermanisch-Raetische Limes des Römerreiches, Band A III (Strecke 6), 1933, S. 23 ff.
  • Thomas Steinmetz: Die Ostgrenze der Mark Michelstadt und die dortigen Grenzpunkte – 1200 Jahre Mark Michelstadt. In: Der Odenwald, 64. Jahrgang Heft 4/Dezember 2017, S. 135–151.
Commons: Erdwerk Ohrenbacher Schanze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Knapp: Römische Denkmale des Odenwaldes, insbesondere der Grafschaft Erbach und Herrschaft Breuberg, S. 80.
  2. @1@2Vorlage:Toter Link/www.burgendaten.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) Heunenschüssel bei burgendaten.de
  3. a b Wilhelm Conrady: Das Kastell Trennfurt, In: Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches (Hrsg. Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey), Abteilung B, Band 3, Kastell Nr. 37 (1900). S. 13.
  4. Peter Endrich: Vor- und Frühgeschichte des bayerischen Untermaingebietes (=Band 4 der Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V.), Verlag Pattloch, 1961 S. 117 und 136f.
  5. Bingemer 1951, 29ff.; ORL A III Strecke 6, 23ff. Taf. 7,1 a–d; aus: Alexander Reis: Wald- und Holznutzung in Obergermanien am Beispiel des Mainlimes, Archäologische Berichte 27, 2017, S. 133–143.
  6. Dietwulf Baatz: Die Römer in Hessen, Theiss Verlag, 1984, S. 462.
  7. Theodor K. Kissel: Untersuchungen zur Logistik des römischen Heeres in den Provinzen des griechischen Ostens: (27 v.Chr. - 235 n.Chr.) (= Band 6 von Pharos (Studien zur griechisch-römischen Antike)), Scripta Mercaturae Verlag, St. Katharinen 1995, ISBN 3-89590-019-2. S. 205f.
  8. Siehe dazu bei: Marcus Nenninger: Die Römer und der Wald: Untersuchungen zum Umgang mit einem Naturraum am Beispiel der römischen Nordwestprovinzen, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07398-1, S. 175–181.
  9. Zum Beispiel CIL 13, 6618 vom Kastell Trennfurt
  10. Bayerische Denkmalliste: Miltenberg
  11. Benutzerhinweise Bayerischer Denkmalatlas, Zugriff am 9. Oktober 2015.