Exophthalmus

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Klassifikation nach ICD-10
H05.2 Exophthalmus
H06.2* Exophthalmus bei Funktionsstörung der Schilddrüse
(E05.0+) (Hyperthyreose mit diffuser Struma
Basedow-Krankheit)
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Ausgeprägter beidseitiger Exophthalmus bei Morbus Basedow

Der Exophthalmus (Synonyme: Protrusio bulbi, Proptosis, Ophthalmoptose, Ophtalmopathie, früher auch Glotzauge, im Volksmund auch „Glubschauge“) ist das pathologische Hervortreten des Augapfels aus der Augenhöhle (Orbita).

Anatomie der Orbita

Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Darstellung eines Exophthalmus aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion

Patienten mit ausgeprägtem Exophthalmus sind sehr eindrücklich, weil sie mit ihren scheinbar weit aufgerissene Augen einen „erschreckten“ Eindruck machen und damit ihrerseits den Betrachter erschrecken.

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Endokriner Exophthalmus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Synonym: endokrine Orbitopathie)

Beim Morbus Basedow, bei der Ord-Thyreoiditis/Hashimoto-Thyreoiditis kann es krankheitsbegleitend zu autoimmunen Entzündungen im Bereich der Orbita, speziell im orbitalen Fettgewebe, kommen. Diese Entzündung führt zur Anschwellung des retrobulbären Gewebes und zur Proliferation. Der Exophthalmus ist in der Mehrzahl der Fälle beidseitig.

Exophthalmus pulsans[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein pulsierender Exophthalmus[1][2] findet sich bei meist traumatischen arteriovenösen Kurzschlüssen zwischen Orbitalvenen und Orbitalarterien bzw. dem Sinus cavernosus.

Orbita-Phlegmone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Orbita-Phlegmone ist das Gewebe der Orbita diffus entzündet. Entzündungsbedingt kommt es zum Anschwellen des orbitalen Gewebes und Verdrängung des Augapfels nach vorne.

Exophthalmus bei orbitalen Tumoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bereich der Augenhöhle kommen gutartige und bösartige Tumoren vor (z. B. gutartig: Hämangiom, Neurinom; bösartig: Neuroblastom, Retinoblastom u. a.). Durch das Tumorwachstum kommt es zum Verdrängen des Augapfels nach vorne. Auch Metastasen bzw. Beteiligung der Augenhöhle bei meist bösartigen Systemerkrankungen (z. B. Lymphom, Leukämie, Histiozytose X) kommen vor. Der Exophthalmus ist meist einseitig.

Exophthalmus intermittens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dabei handelt es sich um einen von der Kopfhaltung abhängigen Exophthalmus bei angeborener oder erworbener Varikose im Bereich der Orbita. Je nach Kopfhaltung kommt es zur Stauung in dem varikösen Gefäß mit einem Hervortreten des Augapfels.

Exophthalmus bei Retrobulbärhämatom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tritt nach einem stumpfen Trauma eine nach hinten nicht begrenzte subkonjunktivale Blutung auf, kann sich ein Retrobulbärhämatom ausbilden, also ein Bluterguss hinter dem Augapfel. Auch dies kann zu einem Exophthalmus führen.

Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beidseitiger Exophthalmus

Klinische Untersuchung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man betrachtet beide Augäpfel von hinten oben am sitzenden Patienten und kann so das Ausmaß abschätzen und eine Seitendifferenz feststellen.

Beim Blick nach unten bleibt, wie der Berliner Augenarzt Albrecht von Graefe beobachtet hatte, bei der Basedowschen Krankheit das obere Augenlid zurück (Graefe-Zeichen).[3]

Exophthalmometer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Exophthalmus und dessen Progression/Regression kann mit Hilfe eines Exophthalmometers gemessen werden.

Bildgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Hilfe von CT und MRT lassen sich die Strukturen der Orbita darstellen. Dadurch lassen sich Tumoren oder Entzündungen diagnostizieren. Auch der Ultraschall wird zur Diagnostik der Orbita verwendet.

Laboruntersuchungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auskultation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei arteriovenösen Kurzschlüssen lässt sich ein Puls-synchrones Geräusch auskultieren.

Schweregrad-Einteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Therapie des Exophthalmus richtet sich nach der kausalen Grunderkrankung. Phlegmone bzw. Abszesse müssen evtl. entlastet und antibiotisch behandelt werden. Howard C. Naffziger entwickelte 1931 eine, den Zugang nach Krönlein modifizierende, Orbitaldachresektion.[4][5] Tumoren oder retrobulbäres Fett können ebenfalls chirurgisch angegangen werden.

Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. etwa L. Noland, A. S. Taylor: Pulsating exophthalmos, the result of injury. In: Tr. South S. A. Band 43, 1930.
  2. Vgl. auch W. B. Hamby, W. J. Gardner: Treatment of pulsating exophthalmos. In: Arch. surg. Band 27, 1933, S. 676 ff.
  3. Ferdinand Sauerbruch: Vorlesung Über die Basedowsche Krankheit. In: Ferdinand Sauerbruch, Hans Rudolf Berndorff: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; zitiert: Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 262–271, hier: S. 263.
  4. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 239.
  5. Vgl. auch Howard Christian Naffziger, O. W. Jones: The surgical treatment of progressive exophthalmus following thyroidektomy. In: JAMA. Band 99, 1932, S. 638 ff.