Farbsymbolik

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Das Rot der Decke, auf der die Süßigkeiten verteilt sind, symbolisiert Vorfreude, Spannung und Liebe (zur Schokolade). (Max Slevogt: Stillleben mit Schokoladenhasen)

Die Farbsymbolik (auch Farbensymbolik, Symbolik der Farben) verknüpft eine Bedeutung, einen Sinngehalt, einen Symbolgehalt mit einer Farbe. Die Farbe bezeichnet man als Symbolfarbe (oder symbolhaften Farbe). Die Farbe kann unabhängig von einem Gegenstand mit einem Symbolgehalt verbunden sein, wie beispielsweise die Farbe Rot allgemein für Energie, Liebe oder Aggression und Kampf steht. Oft aber steht die Farbsymbolik in Verbindung mit einem Gegenstand oder Zeichen, dessen Bedeutung sie ergänzt oder bestätigt.[1] Die rote Decke im Stillleben von Max Slevogt beispielsweise verdeutlicht Aufregung, Leidenschaft, Spannung und Vorfreude in Erwartung des Genusses der Süßigkeiten.

Die Symbolbedeutung kann ohne erkennbaren Bezug zur Farbe durch gesellschaftlich festgelegte Konventionen willkürlich vereinbart sein. Sie kann aber auch durch Assoziationen, Erfahrungen und Wirkungen realitätsbezogen verankert oder individuell subjektiv festgelegt sein.

Vieldeutigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bedeutung der Symbolfarbe kann innerhalb einzelner Kulturen, Völker, Religionen oder von Epoche zu Epoche übereinstimmend, aber auch verschieden sein.[2] Damit ist die Symbolik einerseits universell gültig bzw. verständlich, andererseits sehr vieldeutig bis hin zu gegensätzlichen Bedeutungen. Während im europäischen Raum zum Beispiel Gelb mit negativen Dingen wie Neid verbunden ist, war es in China die Farbe der Kaiser.[3] Außerdem steht der blaue Mantel bei Maria für ihre Verbindung zum Himmel, zum Göttlichen und für ihren festen Glauben und ihre Reinheit.[4] In einem anderen Zusammenhang steht der blaue Mantel, den die Frau ihrem Ehemann überhängt, für ihren Betrug.[5] Johann Wolfgang von Goethe ordnet im äußeren Ring seines Farbenkreises (1809) den Farben Symbole (Bereiche) des menschlichen Geistes- und Seelenlebens zu. Rot–Orange symbolisiert für ihn die Vernunft. Im Unterschied dazu wird nach allgemeinem Empfinden Rot in Verbindung gebracht mit Sinnlichkeit/Leidenschaft, was Goethe dem Farbbereich Blau–Grün zuordnet.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Farbsymbolik spielt in sehr vielen Bereichen eine Rolle. Man findet sie bereits in der Antike, vor allem aber im Mittelalter (Romanik und Gotik), in der religiösen Malerei.[6]

Die Farbsymbolik veranschaulicht unter anderem abstrakte Begriffe (Frieden, Trauer, Zuverlässigkeit), menschliche Eigenschaften (melancholisch phlegmatisch, dominant, gewissenhaft), Elemente (Erde, Feuer, Wasser) oder bestimmte Werte (Brüderlichkeit, Freiheit). Sie kennzeichnet politische Bewegungen (Grüne, Rote, Schwarze) oder Phänomene (Himmelsrichtungen, Planeten). Außerdem findet sie sich im volkstümlichen Brauchtum, in festen Zusammenhängen (wie bei Flaggen, Parteien und Wappen), in der Malerei, in der Literatur, im Film, aber auch im Alltag.

Verwendung in der Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Farben geben im Christentum Gegenständen, Kleidung und Festen eine symbolische Bedeutung. Zum Beispiel trägt Judas einen Mantel in Gelb, was seine Rolle als Verräter symbolisiert. Papst Franziskus trägt bevorzugt Weiß, was ihn als bescheiden, einfach und friedlich charakterisiert. Grün spielt an Ostern eine Rolle, da die Farbe an die Auferstehung Christi erinnert. Im Islam besitzt Grün den höchsten farbsymbolischen Rang. Grün symbolisiert die Auferstehung und das Paradies. Der Prophet Mohammed soll deshalb gerne einen grünen Mantel getragen haben.[7]

Verwendung in der bildenden Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Künstlerinnen und Künstler verwenden Symbolfarben entsprechend allgemeinen Vorstellungen oder den Vorgaben aus Religion und Politik. Die rote Schleife am Kleid der Malerin Louise-Élisabeth Vigée-Lebrun ist ein Symbol für ihre Leidenschaft des Malens. Manchmal legen Kunstschaffende wie im Symbolismus oder Expressionismus individuelle Farbsymbole fest, die oft schwer zu entschlüsseln sind. Marc Chagall verwendet gerne Blau, das für ihn schwer vorstellbare Phänomene veranschaulichen soll. Bei Franz Marc ist Gelb das weibliche Prinzip, heiter, sanft und sinnlich. Piet Mondrian verwendet Weiß als Symbol für Leere, die reine Öffnung und das „Versprechen eines zukünftigen Zimmers“.[8]

Verwendung in der Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die früher sehr teuren Farben Blau und Purpur (Rot) verwenden Regierende häufig, um ihre Macht zu demonstrieren. Bereits altägyptische Pharaonen benutzen Blau als Symbol des Himmels, des Lebens und des Göttlichen, und um sich als irdische und göttliche Herrscher über Ägypten auszuweisen. Die Purpurfarbe verwenden persische, römische oder österreichische Regenten in ihrer Kleidung als Symbol von kaiserlich-königlicher Macht, Pracht, Reichtum und Würde.

Berühmt ist die französische Trikolore. Seit der französischen Revolution symbolisieren die Farben der Flagge die Maximen Freiheit (Blau), Gleichheit (Weiß) und brüderliche Liebe (Rot). Politische Parteien wählen Farben entsprechend ihrer Ideologie oder historischen Tradition. Konservative Parteien verwenden häufig Schwarz, kommunistische oder sozialdemokratische Parteien Rot und umweltbewusste Parteien Grün.

Verwendung im Alltag und in der Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Ampeln sind die Farben verbindlich geregelt. Rot bedeutet Halt, Grün signalisiert Gehen bzw. freie Fahrt. Im technischen Bereich sind Rohrleitungen oder Behälter mit Farben gekennzeichnet, um über den Inhalt zu informieren. Für Sauerstoff benutzt man Blau, für Wasser Grün. Bei Beschilderungen sind Gelb und Orange allgemeine Warnfarben.[9] Gelb zum Beispiel warnt vor potentiellen Gefahren, wie zum Beispiel vor radioaktiven Stoffen oder vor der Absturzgefahr an Bahnsteigen. Orange dient als Gefahrgutkennzeichnung im Straßenverkehr. Bei Stromkabeln kennzeichnet die grün-gelbe Ummantelung den Schutzleiter bzw. die Erdung, und Braun oder Schwarz markiert den stromführenden Leiter, Außenleiter bzw. Phasenleiter.

Verwendung in der Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mittelalter bildet sich eine auf den Minnegesang bezogene Farbensprache heraus.[10] In der Romantik und im Expressionismus verwenden Schriftstellerinnen und Schriftsteller Symbolfarben, um Emotionen und Erfahrungen auszudrücken. Die blaue Blume der Romantik steht beispielsweise für persönliches Glück, Liebe, das Streben nach Erkenntnis und die Sehnsucht nach etwas Unerreichbarem. Der expressionistische Schriftsteller Heinrich Mann beschreibt in seinem Roman „Professor Unrat“ den Professor Unrat mit den Farben Grau, Grün und Gelb, was ihn als abschreckend, kalt und unangenehm kennzeichnet. Die Tänzerin Rosa hingegen beschreibt er mit bunten, grellen Farben, die ihre Vielfältigkeit und Wandelbarkeit symbolisieren.[11]

Bedeutungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der folgenden Tabelle sind Assoziationen und Farbsymboliken aufgeführt, die im deutschen Sprachraum und vielen anderen Kulturkreisen verstanden werden.[12][13][14][15]

Farbe Assoziationen Positive Symboliken Negative Symboliken
Rot Blut, Feuer, Sonnenauf- und -untergang Aktivität, Aufmerksamkeit, Energie, Fortschritt, Gefühl, Kraft, Leben, Leidenschaft, Liebe, Stärke, Vitalität, Wärme, Farbe der Kaiser und Könige (Purpur) Aggression, Aufregung, Brutalität, Gefahr, Hass, Hölle, Kampf, Kommunismus, Kontrolle, Krieg, Revolution, Sozialismus, Spannung, Umsturz, Verbot, Zerstörung, Zorn
Gelb reifes Getreide, Sommer, Sonne, Warnfarbe, Zitrone Freundlichkeit, Glück, Gold, Heiterkeit, Herrlichkeit, Inspiration, Lebensfreude, Licht, Logik, Majestät, Vernunft, Wärme, Weisheit, Wissen, Würde Egoismus, Eifersucht, Geiz, Hinterlist, Neid, Oberflächlichkeit, Pessimismus, Rachsucht, Täuschung, Veränderung, Verrat, im Mittelalter Farbe der gesellschaftlich ausgegrenzten wie Bettler, Juden, Ketzer, ledige Mütter und Prostituierte
Grün Bioprodukte, Natur Anfang, Durchsetzungsvermögen, Frühling, Entspannung, Großzügigkeit, Harmonie, Hoffnung, Jugend, Leben, Natur, Ökologie, Ruhe, Sicherheit, Umweltbewusstsein, Vegetation, Wachstum Dämon, Eifersucht, Gift, Gleichgültigkeit, Missgunst, Müdigkeit, Neid, Passivität, Stagnation, Tradition, Unehrlichkeit, Unerfahrenheit, Unreife
Blau Alkohol, Himmel, Schatten, Wasser Beständigkeit, Entspannung, Ferne, Göttlichkeit, Harmonie, Himmlisches, Hoffnung, Phantasie, Ruhe, Schönheit, Sehnsucht, Tiefe, Treue, Unabhängigkeit, Unendlichkeit, Verstand, Vertrauen, Zurückhaltung Ablehnung, Depression, Kälte, Lähmung, Lüge, Melancholie, Nachlässigkeit, Passivität, Starre, Strenge, Täuschung, Trunksucht, Zurückgezogenheit
Schwarz Beerdigung, Dunkelheit, Nacht, Schatten, Schornsteinfeger Ansehen, Bescheidenheit, Demut, Eleganz, Exklusivität, Feierlichkeit, Individualität, Kompetenz, Magie, Stärke, Tradition, Würde Angst, das Böse, Furcht, Geheimnis, Leid, Passivität, Schmerz, Sünde, Teufel, Tod, Trauer, Trostlosigkeit, Unabänderbarkeit, Unergründlichkeit, Vernichtung
Weiß Braut, Eis, Engel, Gespenst, Leichenblässe, Schnee, Licht Empfindsamkeit, Entmaterialisierung, Erhabenheit, Frieden, Frische, das Gute, Klarheit, Neutralität, Reinheit, Sauberkeit, Sieg, Unschuld, Vollkommenheit, Wahrheit, Zeitlosigkeit Blendendes, Empfindlichkeit, Illusion, Kälte, Kraftlosigkeit, Langeweile, Leere, Reserviertheit, Starre, Sterilität, Tod, Unnahbarkeit

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Frédéric Portal: Des couleurs symboliques dans l'antiquité, le moyen age, et les temps modernes. Paris 1857 (Digitalisat).
  • Eva Heller: Wie Farben wirken: Farbpsychologie. Farbsymbolik. Kreative Farbgestaltung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004, 7. Auflage, ISBN 978-3-499-61960-1.
  • Christoph Wetzel: Das große Lexikon der Symbole. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-745-3.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Manfred Lurker (Hrsg.): Wörterbuch der Symbolik. 5., durchgesehene und erweiterte Auflage. Stichwort: Farben. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-520-46405-5, S. 194.
  2. Birgit Riese, Hans-Joachim Kadatz: Seemanns Sachlexikon Kunst & Architektur. E. A. Seemann Verlag, Leipzig 2008, ISBN 978-3-86502-163-2, S. 136.
  3. Christoph Wetzel: Das große Lexikon der Symbole. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24265-8, S. 110.
  4. Josef Walch: Bildende Kunst 2. Materialien für den Kunstunterricht in der Sekundarstufe I. Schroedel / Bildungshaus Schulbuchverlage, Braunschweig 2009, ISBN 978-3-507-10051-0, S. 20.
  5. Christoph Wetzel: Das große Lexikon der Symbole. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-745-3, S. 150.
  6. Stefan Jordan, Jürgen Müller (Hrsg.): Lexikon Kunstwissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Stichwort: Farbe. Verlag Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-010844-4, S. 111.
  7. Christoph Wetzel: Das große Lexikon der Symbole. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-745-3, S. 152 und 154.
  8. Christoph Wilhelmi: Handbuch der Symbole in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts. Stichwort: Rechteck, weißes. Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt am Main, Berlin 1980, ISBN 3-7934-1625-9, S. 313.
  9. Wolfgang Pehle: Gestalten mit Farbe, Form & Schrift. 3. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2017, ISBN 978-3-8085-4424-2, S. 256.
  10. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band 4. Stichwort: Symbolik der Farben, Formen, Zahlen. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1977, S. 763.
  11. Michael Gerke (Hrsg.): Referat: Einsatz von Farbsymbolik in Kunst, Lyrik und Literatur. In: Abi-pur. Abgerufen am 18. Februar 2023 (deutsch).
  12. Herbert Schöttle: Farbe/Malerei. In: Workshop Kunst. Unterrichtsideen für die Klassen 5–10. Band 1. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2007, ISBN 978-3-14-018110-5, S. 70.
  13. Susanne Kühnert: Informationen zur Farbsymbolik. In: Leben leben 3. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart, 2015, abgerufen am 13. Februar 2023 (deutsch).
  14. Friederike Wiegand: Die Kunst des Sehens. Ein Leitfaden zur Bildbetrachtung. 2. Auflage. Daedalus Verlag Joachim Herbst, Münster 2019, ISBN 978-3-89126-283-2, S. 80 und 81.
  15. Dorothea Forstner: Die Welt der christlichen Symbole. 5. Auflage. Tyrolia-Verlag, Innsbruck, Wien 1986, ISBN 3-7022-1600-6, S. 115–123.