Frauen in Aserbaidschan

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Dieser Artikel behandelt die gesellschaftliche Situation der Frauen in Aserbaidschan. Laut Gesetz sind Frauen den Männern in Aserbaidschan gleichgestellt; gesellschaftliche Diskriminierung ist jedoch immer noch anzutreffen.[1]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das allgemeine Wahlrecht wurde in Aserbaidschan im Jahr 1919 von der Demokratischen Republik Aserbaidschan eingeführt. Somit wurde Aserbaidschan zum ersten überwiegend muslimischen Land, das Frauen das Wahlrecht erteilte.[2]

Seit 2007 sind mehrere Frauen in höheren politischen Positionen vertreten.[1] Gesetzlich sind Frauen in der politischen Aktivität nicht eingeschränkt. Bei der letzten Parlamentswahl im Jahr 2015 wurden 21 Frauen in das 125-Sitze-Parlament gewählt. Zwischen 2005 und 2015 stieg der Frauenanteil im Parlament von 11 % auf 17 % an.[3]

Im Jahr 2017 wurde Mehriban Əliyeva, die Frau des Präsidenten İlham Əliyev, zur Vize-Präsidentin des Landes ernannt. Sie ist somit im höchsten von einer Frau bekleideten Amt seit der Abschaffung der Position des Staatssekretärs im Jahr 1994, das zuletzt Lalə Şovkət innehatte.

Arbeitsmarkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl die Mehrheit der aserbaidschanischen Frauen einer Berufstätigkeit nachgeht, sind sie in höheren Positionen am Arbeitsmarkt, insbesondere Führungspositionen, selten vertreten.[1] Im Jahre 2017 waren 78,1 % aller Lehrkräfte (inkl. 51,9 % Universitätsdozenten), 64,9 % des medizinischen Fachpersonals und 40,2 % aller professionellen Sportler Frauen. Zur gleichen Zeit waren allerdings nur 28,7 % der Frauen als Beamtinnen und 20,9 % als registrierte Geschäftsinhaberinnen tätig.[4]

Militär[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leyla Məmmədbəyova, geboren in Baku, wurde 1931 eine der ersten sowjetischen Fliegerinnen und Fallschirmjägerinnen. Ungefähr 600.000 in Aserbaidschan Geborene kämpften im Zweiten Weltkrieg für die Rote Armee. 10.000 davon waren Frauen, die sich freiwillig beteiligt hatten und sowohl militärischen als auch medizinischen Dienst leisteten. Die bekanntesten waren die Scharfschützin Ziba Qəniyeva und die Pilotin Züleyxa Seiydməmmədova.[5] Während des Nagorno-Karabach-Krieges in den 1990er Jahren waren 2000 von insgesamt 74.000 Militärangehörigen Frauen und 600 davon nahmen aktiv an militärischen Operationen teil.[6]

Der Militärdienst in Aserbaidschan ist für Frauen freiwillig und derzeit dienen ungefähr 1000 Frauen in der aserbaidschanischen Armee.[7]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl Aserbaidschan ein säkularer Staat ist, werden für das Durchführen von religiösen Zeremonien eine Zertifizierung und Registrierung verlangt. Muslimische Frauen können ein Studium absolvieren, um Murschida zu werden und reine Frauenzusammenkünfte zu leiten; dies ist eine örtliche, jahrhundertealte Tradition.[8] Im Jahr 2016 gab es eine lutherische Pastorin in Aserbaidschan.[9]

Häusliche Gewalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 2000 unterzeichnete Aserbaidschan das UNO-Fakultativprotokoll CEDAW. Damit wird die Kompetenz des Komitees zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau anerkannt und Klagen von Individuen oder Gruppen diesbezüglich sollen ermöglicht und unterstützt werden.[10]

Vergewaltigung ist in Aserbaidschan ein Straftatbestand und wird mit maximal 15 Jahren Freiheitsentzug bestraft.[1] 2010 verabschiedete das aserbaidschanische Parlament ein Gesetz zur Prävention von häuslicher Gewalt,[11] wodurch alle Formen häuslicher Gewalt, inklusive Vergewaltigung in der Ehe rechtlich zu ahnden sind.[12][13] Dennoch werden diese Taten in Aserbaidschan von vielen Menschen nicht als Verbrechen angesehen und Frauen werden nicht zur Anzeige gegen Vergewaltigung in der Ehe ermutigt.[14]

Im Jahre 2011 haben sich Parlamentarierinnen und die Vorsitzende des Ausschusses für Frauen und Kinder verstärkt gegen häusliche Gewalt eingesetzt. Auch vermehrte Medienberichte erhöhten das Bewusstsein für dieses Thema. Das neue Gesetz von 2010 bietet einen Rahmen für die Untersuchung von Klagen bezüglich häuslicher Gewalt, definiert einen Prozess zur Erteilung von Verfügungen und fordert die Einrichtung eines Zufluchts- und Rehabilitationszentrums für Opfer.[1] Die Haltung der Gesellschaft hinkt jedoch hinterher: in einer Umfrage von 2012 stimmten 40 % der Aserbaidschaner der Aussage zu, dass Frauen häusliche Gewalt ertragen sollten, um die Familie zusammenzuhalten und 22 % sagten aus, dass das Schlagen von Frauen unter gewissen Umständen gerechtfertigt sei.[15] Als 2006 der „Nationale Ausschuss für Frauenprobleme“ in „Nationaler Ausschuss für Familien-, Frauen- und Kinderangelegenheiten“ (SCFWCA) umbenannt wurde, wurde kritisiert, dass dies Frauen als 'Reproduktionseinheit' darstelle, anstatt als eigenständige Individuen.

Prostitution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prostitution stellt in Aserbaidschan keinen Verbrechenstatbestand, sondern eine Ordnungswidrigkeit dar und wird mit einer Geldstrafe geahndet. Allerdings können Zuhälterei und Bordellbesitz mit bis zu sechs Jahren Freiheitsentzug bestraft werden.

Zeitleiste der Frauenemanzipation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ereignis Ort
1889 Nigar Şıxlinskaya absolvierte als erste Aserbaidschanerin eine höhere Ausbildung[16] Tbilisi
1901 Die erste aserbaidschanische Mädchenschule und erste Mädchenschule des gesamten Russischen Kaiserreiches, Kaiserin Alexandra-Schule, wurde eröffnet.[17] Baku
1908 Sona Vəlixan absolvierte ihr Medizinstudium in St. Petersburg und wurde die erste aserbaidschanische Ärztin.[18] St. Petersburg
1908 Die Philanthropin Həmidə Cavanşir gründete die erste aserbaidschanische Schule, in der Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet wurden.[19] Kahrizli
1910 Die Schauspielerin Gövhər Qazıyeva war als erste Aserbaidschanerin auf einer Bühne zu sehen.[20] Tbilisi
1911 Xədicə Əlibəyova publizierte Ishig, die erste Frauenzeitschrift in Aserbaidschanisch.[21] Tbilisi
1912 Die erste aserbaidschanische Opernsängerin, Şövkət Məmmədova, hatte ihren ersten Bühnenauftritt.[22] Baku
1919 Aserbaidschanerinnen erhielten das Wahlrecht.[23]
1919 Pəri Sofiyeva erhielt einen Sitz im georgischen Parlament. Sie war somit die erste ethnische Aserbaidschanerin, welche demokratisch gewählt wurde.[24] Gardabani
1929 Izzət Oruczadə war die erste aserbaidschanische Schauspielerin, die in einem Kinofilm mitspielte.[25] Baku
1930 Die Gynäkologin Adilə Şahtaxtinskaya erhielt als erste Aserbaidschanerin einen Doktorgrad.[26] Tiflis
1931 Leyla Məmmədbəyova führte ihren ersten Flug durch und wurde damit die erste aserbaidschanische Fliegerin.[27] Baku
1932 Qəmər Almaszadə, die erste aserbaidschanische Ballerina debütierte in Shakh-Senem.[28] Baku
1938 Ayna Sultanova wurde als erste Frau Mitglied des Kabinetts.[29] Şabran
1949 Die Biologin Validə Tutayuq wurde als erste Frau Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Aserbaidschans, die 1945 gegründet wurde.[30] Şuşa
1964 Səkinə Əliyeva wurde als erste Aserbaidschanerin zur Vorsitzenden des Parlaments von Nachitschewan gewählt.[31] Nachitschewan
2007 Mənzər Ismayılova wurde die erste aserbaidschanische Pfarrerin.[32] Şəki
2009 Natəvan Mirvatova wurde zum Generalmajor, dem dritthöchsten Rang des aserbaidschanischen Militärs, befördert. Dies ist die höchste militärische Position, die bisher an eine Frau vergeben wurde.[6]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Frauen in Aserbaidschan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Country Reports on Human Rights Practices: Azerbaijan (2011). United States Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor (2011). Dieser Artikel enthält Text aus dieser Quelle, die public domain ist.
  2. Tadeusz Swietochowski. Russian Azerbaijan, 1905–1920: The Shaping of a National Identity in a Muslim Community. Cambridge University Press, 2004. ISBN 0-521-52245-5, S. 144.
  3. 2015 Parliamentary Election Results (Memento des Originals vom 2. Mai 2016 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/anspress.com.
  4. Anar Samadov (www.anarsamadov.net): Statistical database | The State Statistical Committee of the Republic of Azerbaijan. The State Statistical Committee of the Republic of Azerbaijan, abgerufen am 19. Oktober 2017 (englisch).
  5. Женщины Азербайджана в Великой Отечественной войне
  6. a b First Azerbaijani Woman to Become Major General (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lent.az. Lent.az. 29. März 2009. Abgerufen am 4. Oktober 2011.
  7. Around 1,000 Women in Azerbaijani Army. Trend.az. 12. August 2014.
  8. Şeyx Azərbaycanda qadın mollalardan danışdı. Oxu.az. 25. November 2014. Abgerufen am 13. Juni 2017.
  9. Anar Alizadeh. Azərbaycanda xristianlıq. Elm və təhsil, 2016; p. 241
  10. Policy Attitudes towards Women in Azerbaijan: Is Equality Part of the Agenda? | Gunda-Werner-Institute. In: www.gwi-boell.de. Archiviert vom Original am 20. April 2019; abgerufen am 12. April 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gwi-boell.de
  11. Law of the Azerbaijan Republic "About prevention of domestic violence". In: cis-legislation.com. Abgerufen am 3. November 2017 (englisch).
  12. http://sgdatabase.unwomen.org/uploads/Law%20on%20Prevention%20of%20Domsetic%20Violence%202010.pdf@1@2Vorlage:Toter Link/sgdatabase.unwomen.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  13. Home. In: Gender Equality. Abgerufen am 14. April 2018.
  14. Gender based violence in Azerbaijan. In: www.peace.ax. Archiviert vom Original am 5. Oktober 2018; abgerufen am 12. April 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.peace.ax
  15. Crrc: Deserving to be beaten and tolerating violence: Attitudes towards violence against women in Azerbaijan. In: Social Science in the Caucasus. 2. März 2015, abgerufen am 12. April 2016.
  16. Azerbaijan Soviet Encyclopedia (1987), vol. 10, p. 551.
  17. The Past Days (Memento des Originals vom 22. März 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.azeribook.com by Manaf Suleymanov. 1990
  18. Female Activity at the Turn of the Century. Gender-az.org.
  19. Megastar and Her Light. An interview with Hamida Javanshir's granddaughter Dr. Mina Davatdarova. Gender-az.org
  20. Göyərçin xanım. Adam.az.
  21. Azerbaijani Woman in Historical Retrospective. Gender-az.org.
  22. Shovkat Mammadova, Audacious Challenge by Fuad Akhundov. Azerbaijan International. Winter 1997 (Abgerufen am 26. August 2006)
  23. 7th annual Azerbaijan Adoptive Families Reunion (Memento des Originals vom 7. Mai 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.azwomenofamerica.org. Azerbaijani Women of America.
  24. Matriarch of Karaiazi - Parikhanim Sofiyeva.
  25. Izzat Orujova-100 (Memento des Originals vom 23. April 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/anl.az. Bakinsky Rabochy. Oktober 2009.
  26. Adila Shahtakhtinskaya. Adam.az.
  27. The Proprietress of the Sky (Memento des Originals vom 28. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/nashvek.media-az.com by I.Gadirova. Nash Vek. 7. Mai 2004. Abgerufen am 6. Juni 2007
  28. Center Stage: My Life as Azerbaijan's First Ballerina by Gamar Almaszadeh. Azerbaijan International. #10.3. Autumn 2002
  29. Hidden Facts about Ayna Sultanova (Memento des Originals vom 11. Februar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/deyerler.org. Deyerler. 8. Februar 2010.
  30. Famous Alumni - Valida Tutayug (Memento des Originals vom 30. Juni 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.adau.edu.az. Azerbaijani State Agricultural University.
  31. Nakhchivan (Memento des Originals vom 13. Juli 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/whp057.narod.ru.
  32. First Azerbaijani Female Cleric. Day.az. 17. November 2007. Abgerufen am 4. Oktober 2011.