Friedrich Kirsten

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Johann Gottfried Friedrich Kirsten (* 8. November 1759 in Grabenmühle[1] bei Reinsdorf (Nebra);[2]18. November 1843 in Weimar[3]) war im klassischen Weimar von 1798 bis 1811 ökonomischer Bürgermeister, ab 1811 Bürgermeister-Stellvertreter und ab 1819 Stadtkämmerer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Berufsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friedrichs Vater Johann Gottfried Kirsten war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf dem Gut Grabenmühle bei Reinsdorf, später Besitzer eines Ritterguts in Olbersleben, das dann auf Friedrich überging.[4]

Friedrich wurde am 18. März 1779 in Jena zum Studium eingeschrieben als „Io. Gottfr. Frid. Kirsten“ aus Weimar[5] und am 17. Oktober 1780 in Leipzig als „Kirsten, Ioh. Gottfried Frdr.“ aus Weimar.[6] Am 6. August 1782 nahm er dort an einer juristischen Disputation teil.[7]

Er wurde Sekretär des Königlich Polnischen und Kursächsischen Geheimrats und Salinendirektors Carl Leopold von Beust, wurde selber Königlich Polnischer und Kursächsischer Bergrat und erwarb den Eisenhammer in Walsburg im Amt Ziegenrück. Ab März 1789 war er als Eisenhändler in Weimar tätig.[4]

Im Oktober 1797 erhob der Herzog (Carl August) die Forderung, dass die Aufgabenverteilung im Weimarer Stadtrat neu geordnet werde. Bis dahin gab es zwei Bürgermeisterämter, deren (gewöhnlich lebenslängliche) Inhaber jährlich zwischen den Tätigkeiten als amtierender Bürgermeister und als amtierender Stadtrichter wechselten. Da die wirtschaftliche Situation der Stadt seit Jahrzehnten desolat war, sollten nun zwei ständige Bürgermeister mit spezialisierter Zuständigkeit für wirtschaftliche bzw. für alle anderen Belange berufen werden, und der ökonomische Bürgermeister sollte ausdrücklich kein Berufsjurist sein. Nach einigen Auseinandersetzungen wählte das Ratskollegium dementsprechend am 1. Mai 1798 einen allgemeinen (ersten) Bürgermeister (Carl Adolph Schultze) und einen zweiten (ökonomischen) Bürgermeister, Friedrich Kirsten.[8]

Ende 1810 wurde eine neue Stadtordnung für Weimar erlassen.[9] Neue Elemente waren der Verwaltungsausschuss (für die laufenden Verwaltungsgeschäfte) und der Beratungsausschuss[10]. Kirsten wurde durch Verfügung des Herzogs „Beisitzer“ im Verwaltungsausschuss und dadurch Mitarbeiter und Vertreter des Bürgermeisters sowie Betreuer von Marktangelegenheiten.[11] 1819 war er zusätzlich Vertreter des Verwalters der Ratskämmerei;[12] nach den Stadtratswahlen im Frühjahr 1820 übernahm er diese Position als städtischer Beamter und schied aus dem Beisitzeramt aus. Er hatte die Kämmereiverwaltung mindestens bis 1835 inne.[13]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel für die Ratsmädel in der Windischenstraße 13

Kirsten verehelichte sich am 20. Juni 1790[14] mit Dorothea „Doris“ Christiana Wetken (* Mai 1773[15], † 11. Januar 1819[16]), Tochter des Landkammerrats, späteren Kammerrats Laurenz Heinrich Wetken († 29. November 1787[17]), Mitglied des Kammerkollegiums.[18] Die Familie wohnte spätestens ab 1801 in einem Haus der Witwe Caroline Ludecus in der Windischengasse (Nr. 13) zur Miete; er kaufte das Haus 1816.[19] Vier Kinder des Ehepaars sind bekannt:

  • Christiane Louise, getauft am 29. Februar 1796[20], † 1869. Louise verehelichte sich am 11. März 1828 mit dem bekannten Improvisator O. L. B. Wolff.[21]
  • Carl Wilhelm, getauft am 27. Dezember 1797.[22]
  • Albertine Therese, getauft am 11. Januar 1801[23], † 1887. Therese heiratete im Juni 1821[24] den Geheimrat Ottokar Thon (1792‒1842). Ihre Tochter:
    • Therese Thon (* 10. Februar 1831,[25] † 20. November 1911)[26] verehelichte sich am 28. August 1854[27] mit Hermann Böhlau (1826‒1900). Deren Tochter:
      • Helene Böhlau (* 22. November 1856[28], † 1940) wurde Schriftstellerin und verarbeitete Jugenderlebnisse ihrer Großmutter Therese und deren jüngerer Schwester Marie in mehreren Geschichten über die „Ratsmädel“.
  • Marie Eleonora (* 22. Februar 1802, † 5. März 1875)[29]. Marie heiratete im November 1818[30] den Hofsekretär Carl Julius Wilhelm Zwierlein.[31]

Die Ehefrau Doris Kirsten war 1814 und 1815 zusammen mit Caroline Ludecus und anderen an der Betreuung kranker Soldaten[32] und an der Gründung eines Patriotischen Fraueninstituts[33] beteiligt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • K[arl] Bechstein: Die Windischengasse. In: K. Bechstein: Häuser und Gassen in Altweimar. Weimar 1938, S. 7‒41.
  • Helene Böhlau: Rathsmädelgeschichten. 1888. Digitalisat.
  • Hannelore Henze, Ilse-Sibylle Stapff: Streifzüge durch das alte Weimar. Weimar 2004. ISBN 3-86160-156-7, S. 57 f.
  • Wolfgang Huschke: Zur Geschichte der Weimarer Stadtverfassung in der Goethezeit. In: Festschrift für Walter Schlesinger. Band 1. Köln 1973 (ISBN 3-412-84973-1), S. 554‒607.
  • Wolfgang Huschke: Die Ratslisten der Stadt Weimar von 1348 bis 1810. Neustadt an der Aisch 1986. ISBN 3-7686-4114-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. J. E. Fabri: Geographie für alle Stände 1. Theil, 3. Band, 1791, S. 382.
  2. laut Huschke: Die Ratslisten der Stadt Weimar von 1348 bis 1810. 1986, S. 95, entgegen der Altersangabe in der Todesanzeige.
  3. Todesanzeige in Beilage zur Weimarischen Zeitung vom 22. November 1843, S. 433; beigesetzt am 20. November, „alt 85 Jahr“ (Beilage usw. vom 16. Dezember, S. 472).
  4. a b Huschke: Zur Geschichte der Weimarer Stadtverfassung in der Goethezeit. 1973, S. 578.
  5. Matrikel der Universität Jena 1764‒1801, S. 61r.
  6. Die iüngere Matrikel der Universität Leipzig 1559‒1809. III. Band. Leipzig 1909, S. 197.
  7. Leipziger gelehrtes Tagebuch. Auf das Jahr 1782. Leipzig o. J., S. 99.
  8. Huschke: Zur Geschichte der Weimarer Stadtverfassung in der Goethezeit. 1973, S. 573‒576; Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Addreß-Calender, auf das Jahr 1799, S. 48, und auf das Jahr 1810, S. 27.
  9. Weimarische Stadt-Ordnung. Weimar 1811 (Digitalisat).
  10. Dessen Mitglieder wurden in gleicher direkter Wahl durch die Bürger bestimmt.
  11. Stadt-Ordnung § 48b; Weimarisches Wochenblatt vom 8. Februar 1811, S. 41.
  12. Großherzoglich Sachsen-Weimar-Eisenachisches Hof- und Staats-Handbuch, auf das Jahr 1819, S. 132 und 133.
  13. Staats-Handbuch des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach für das Jahr 1835, S. 180.
  14. Heiratsanzeige in Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 23. Juni 1790, S. 199.
  15. Getauft am 16. Mai (Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 19. Mai 1773, S. 158).
  16. „alt 45 Jahr 8 Mon.“; Todesanzeige und Gestorbene in Weimarisches Wochenblatt vom 15. und 29. Januar 1819, S. 20 und 36.
  17. Beigesetzt am 2. Dezember, „alt 50 Jahr“ (Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 5. Dezember 1787, S. 386).
  18. Hochfürstl. SachsenWeimar- und Eisenachischer Hof- und Address-Calender, auf das Jahr 1773, S. 24; … auf das Jahr 1787, S. 24.
  19. Bechstein: Die Windischengasse. 1938, S. 24.
  20. Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 2. März 1796, S. 71.
  21. Copulirte in Weimarisches Wochenblatt vom 7. April 1828, S. 175.
  22. Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 30. Dezember 1797, S. 412.
  23. Bechstein: Die Windischengasse. 1938, S. 25.
  24. Copulirte in Weimarisches Wochenblatt vom 3. August 1821, S. 305.
  25. Getauft am 3. März (Weimarisches Wochenblatt vom 5. April 1831, S. 153).
  26. Find a Grave: Grabstelle.
  27. Kirchen-Liste in Weimarische Zeitung vom 2. September 1854, S. 832.
  28. Geburtsanzeige in Weimarer Zeitung vom 23. November 1856, S. 1112.
  29. „alt 73 Jahr, 11 Tage“; Todesanzeige und Beisetzungsangabe in Weimarische Zeitung vom 6. und 13. März 1875, Familiennachrichten und Beerdigte.
  30. Copulirte in Weimarisches Wochenblatt vom 27. November 1818, S. 416.
  31. Vgl. Staats-Handbuch des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach für das Jahr 1823, S. 17.
  32. Vgl. Danksagung in Weimarisches Wochenblatt vom 18. und 22. Februar 1814, S. 64 und 67 f.
  33. Aufforderung in Weimarisches Wochenblatt vom 22. August 1815, S. 218 f.