Funktelegramm

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Funktelegramm der Dortmunder Polizei (1934).
Funktelegramm aus dem Zweiten Weltkrieg (1941).
Grußtelegramm (1949)
Hörbeispiel eines per Morsetastfunk über Kurzwelle übermittelten Funktelegramms.

Funktelegramm (kurz FT), auch Radio-Telegramm (englisch radiogram), war ein hauptsächlich vor und während des Zweiten Weltkriegs benutzter Fachbegriff für ein Telegramm, also eine formgebundene Nachricht, die mithilfe der Funktechnik im Funkverkehr übermittelt („gefunkt“) wurde.[1]

Heute wird mit Funktelegramm ein zumeist kurzes per Funk automatisch übermitteltes Datenpaket bezeichnet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwendet wurde dieser Begriff früher hauptsächlich im Seefunk, also beispielsweise zur Kommunikation zwischen einer Küstenfunkstelle, wie Norddeich Radio, und einem auf Hoher See befindlichen Wasserfahrzeug.

Das erste bezahlte Funktelegramm der Geschichte wurde im Jahr 1898 durch die im Jahr zuvor von Guglielmo Marconi (1874–1937) gegründete Wireless Telegraph and Signal Company gesendet. Es wurde für Lord Kelvin von der Isle of Wight nach Bournemouth verschickt.[2]

Ebenfalls noch vor dem Ersten Weltkrieg sendeten Passagierschiffe, wie beispielsweise die Titanic, für wohlhabende Passagiere per Morsecode mithilfe der an Bord befindlichen Funktechnik eine Vielzahl von privaten Grußtelegrammen.

Dreißig Jahre später, auf dem Höhepunkt des während des Zweiten Weltkriegs im Atlantik stattfindenden U-Boot-Kriegs, setzten die dort operierenden deutschen U-Boote auf Kurzwelle laufend FTs ab, um ihre Positionen an den Befehlshaber der U-Boote (BdU) zu übermitteln. Im Gegensatz zu zivilen Funktelegrammen, bei denen zumeist der „offene Wortlaut“ gesendet wurde, waren solche militärischen FTs verschlüsselt. Die Kriegsmarine nutzte hierzu Schlüsselmaschinen wie die Enigma-M.

Moderne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darüber hinaus fand und findet der Begriff mit leicht unterschiedlicher Bedeutung auch Verwendung auf anderen Gebieten. Heutzutage meint man damit häufig ein codiertes Datenpaket, das per Funk übermittelt wird. Ein alltägliches Beispiel sind Autoschlüssel, mit denen Türen fernbedient geöffnet und verschlossen werden können oder das Fahrzeug gestartet wird.

Weitere Beispiele finden sich in der Bahnbetriebstechnik. Seit den 1960er Jahren gibt es sogenannte Funkloks. Das sind Lokomotiven, bei denen Informationen zwischen Strecke und Lok mithilfe von Funktelegrammen ausgetauscht werden können.

Im Gegensatz zur Eisenbahn stellen Straßenbahnen ihre Weichen selbst. Dazu sendet das Fahrzeug ein Funktelegramm an die Weichensteuerung.[3]

Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als authentisches Beispiel für ein militärisches Funktelegramm kann das von Kapitänleutnant Hartwig Looks, Kommandant des U-Boots U 264, gesendete FT dienen. Es wurde am 19. November 1942 mit einer Enigma-M4 verschlüsselt und als Geheimtext per Morsecode an den BdU gesendet.[4]

FCLC QRKN NCZW VUSX PNYM INHZ XMQX SFWX WLKJ AHSH NMCO CCAK UQPM KCSM HKSE INJU SBLK IOSX CKUB HMLL XCSJ USRR DVKO HULX WCCB GVLI YXEO AHXR HKKF VDRE WEZL XOBA FGYU JQUK GRTV UKAM EURB VEKS UHHV OYHA BCJW MAKL FKLM YFVN RIZR VVRT KOFD ANJM OLBG FFLE OPRG TFLV RHOW OPBE KVWM UQFM PWPA RMFH AGKX IIBG FCLC QRKM 

Der obige Geheimtext konnte im Jahr 2006 entziffert werden.[5]

Rohtext (mit Chiffrier-, Übertragungs- und Tippfehlern)
von von j looks j hff ttt eins eins drei zwo yy qnns neun inhalt xx
bei angriff unter wasser gedrueckt y wabos x letzter gegnerstand
nul acht drei nul uhr marqu anton jota neun acht seyhs drei y
zwo zwo nul grad y acht sm y stosse nach x
ekns vier mb faellt y nnn nnn ooo vier y sicht eins null
Aufbereiteter Klartext
Von Looks:
FT 1132/19 Inhalt:
Bei Angriff unter Wasser gedrückt, Wasserbomben.
Letzter Gegnerstand 08:30 Uhr Marinequadrat AJ  9863 [entspricht 51°33’N, 41°35’W],
Kurs 220 Grad, Geschwindigkeit 8 Seemeilen pro Stunde. Stoße nach.
Luftdruck 14 Millibar fallend, Wind aus NNO Stärke 4, Sichtweite 10 Seemeilen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arthur O. Bauer: Funkpeilung als alliierte Waffe gegen deutsche U-Boote 1939–1945. Wie Schwächen und Versäumnisse bei der Funkführung der U-Boote zum Ausgang der „Schlacht im Atlantik“ beigetragen haben. Arthur O. Bauer Selbstverlag, Diemen, Niederlande 1997, ISBN 3-00-002142-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Funktelegramm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Funktelegramme, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  2. R. W. Simons: Guglielmo Marconi and Early Systems of Wireless Communications. GEC Review, Vol. 11, No. 1, 1996, S. 47, PDF; 1,1 MB (englisch), abgerufen am 3. Dezember 2020.
  3. Stellen der Einzelweiche, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  4. Arthur O. Bauer: Funkpeilung als alliierte Waffe gegen deutsche U-Boote 1939–1945. Wie Schwächen und Versäumnisse bei der Funkführung der U-Boote zum Ausgang der „Schlacht im Atlantik“ beigetragen haben. Arthur O. Bauer Selbstverlag, Diemen, Niederlande 1997, ISBN 3-00-002142-6, S. 169.
  5. Authentischer Funkspruch von U 264, abgerufen am 3. Dezember 2020.