Gefängnis (Schaffhausen)

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Kantonales Gefängnis Schaffhausen

Das heutige Kantonale Gefängnis in Schaffhausen wurde im Jahr 1913 gebaut und 1914 in Betrieb genommen. Es befindet sich im «Klosterviertel» der Altstadt an der Beckenstube 3. Das Polizeikommando, die Staatsanwaltschaft und das Kantonale Gefängnis sind in kurzer Distanz in unterschiedlichen historischen Gebäuden untergebracht. Es untersteht dem Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Schaffhausen.

Im Gefängnis werden vorläufig Festgenommene gemäss Art. 217 Strafprozessordnung (StPO), Untersuchungs‐ und Sicherheitshäftlinge nach Art. 220 StPO, sowie Häftlinge im regulären Strafvollzug nach den Art. 40, 41 und 77 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB), ebenso Halbgefangene nach Art. 77b StGB sowie Personen in ausländerrechtlicher Administrativhaft nach den Art. 73 und 75–78 Ausländergesetz (AuG) untergebracht. Obwohl es in der Praxis so gehandhabt wird, ist eine Unterbringung von vorläufig Festgenommenen im Gefängnis Schaffhausen laut § 31 der Justizvollzugsverordnung Schaffhausens[1] nicht vorgesehen.

Insgesamt verfügt das Gefängnis über 38 Zellen und 3 Sicherheitszellen, von denen eine eine Gummizelle ist.[2]

Geleitet wird das Gefängnis Schaffhausen seit dem Jahr 2000 von Lorenz Ammann.[3]

Neubau des Gefängnisses[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da das Gefängnis in seiner heutigen Form weder den Sicherheits- noch den Menschenrechtsstandards genügt und die Infrastruktur bereits von der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter als nicht ausreichend gerügt wurde, haben die Stimmberechtigten des Kantons Schaffhausen dem Neubau des Polizei- und Sicherheitszentrums im Solenberg zugestimmt. In der Folge wurde ein selektiver Projektwettbewerb ausgeschrieben, nationale Architektenverbände riefen zum Boykott des Projektwettbewerbs auf[4], er wurde aber im Februar 2020 mit einem Zuschlag an ein Architekturbüro in Zürich abgeschlossen.

Fast vier Jahre später wurde ein entsprechendes Bauprojekt vorgestellt. Dieses sieht vier Baukörper vor, die auf einem fast quadratischen Grundstück in Herblingen (Stadt Schaffhausen) geplant sind. Dabei handelt es sich um ein Bürogebäude, ein Gefängnis, einen Anlieferungspavillon und ein Hochbau-Parking. Das Areal soll durch die Gebäude selbst sowie durch Zäune abgeschlossen werden.

Im Polizei- und Sicherheitszentrum sollen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gefängnis an einem Standort vereint werden. Im neuen Gefängnis sind 29 Einzel- und 7 Doppelzellen geplant. Die Schaffhauser Stimmberechtigten genehmigten für das Projekt im Juni 2018 einen Kredit von rund 93 Millionen Franken.[5] Damit handelt es sich um beim Gefängnis für den rund 84'000-Einwohner Kanton um eines der teuersten Gefängnisse in der Schweiz. Das Bezirksgebäude Dietikon beispielsweise beherbergt zusätzlich zu den anderen Funktionen das Bezirksgericht und wurde 2010 mit 72 Haftplätzen und 150 Arbeitsplätzen eröffnet. 9400 Quadratmeter kosteten 58 Millionen Franken.[6] Ein Neubau ist bereits seit mindestens 2009 geplant, ursprünglich waren dafür 24.5 Millionen Franken vorgesehen.[7]

U. a. weil das Budget um das fast Vierfache erhöht werden musste, hat sich der Beginn des Neubaus immer weiter nach hinten verschoben. Ende 2022 ging man von einem Bezug im Jahr 2026 aus, Stand Oktober 2023 erarbeitet der Kanton jedoch – gestützt auf die vom Kantonsrat überwiesene Volksmotion «Für ein zukunftsfähiges Polizei und Sicherheitszentrum» – eine Kreditvorlage über eine Erweiterung des geplanten Polizei- und Sicherheitszentrums um ein zusätzliches Geschoss. Diese wird dem Kantonsrat in der zweiten Jahreshälfte 2023 unterbreitet. Die Beratung im Kantonsrat, eine allfällig notwendige Volksabstimmung und das Bewilligungsverfahren werden den Baustart um voraussichtlich ein Jahr verzögern.[8]

Gefängnisausbrüche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei Mal kam es im Gefängnis Schaffhausen zu Ausbrüchen, beide ereigneten sich innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte unter der Leitung von Lorenz Ammann. In der Nacht auf den 17. Juni 2009 grub der 1,82 Meter grosse und wegen Verdacht auf Drogenhandel im Gefängnis gewesene Untersuchungshäftling Afrim Nikoci mit einem Löffel ein 25 Zentimeter hohes und 36 Zentimeter breites Loch in die Nordfassade und flüchtete. Er konnte seitdem nicht wiederaufgefunden werden.[9] Am 6. Januar 2022 flüchtete ein Häftling; er wurde rund fünf Minuten später in der Altstadt wieder festgenommen.[10]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende 2021 wurde ein Häftling in der Gummizelle des Gefängnisses Schaffhausen nackt ausgezogen und ohne Licht sowie laut eigenen Angaben mit ausgeschalteter Heizung und ausgeschalteter Wasserversorgung etwa zwei Stunden lang festgehalten, ihm wurde ausserdem trotz Ohnmacht keine medizinische Versorgung oder ein Anwalt gewährt. Die Staatsanwaltschaft eröffnete sechs Monate nach der Tat ein Strafverfahren, die Identifikation der Polizisten, die durch die Überwachungskamera aufgezeichnet wurden, war 12 Monate nach der Tat abgeschlossen, die Tonaufnahmen der Gegensprechanlage wurden nach einem Jahr durch den Gefängnisleiter abgegeben, aus der Gummizelle sind keine vorhanden. Im Laufe der darauffolgenden Befragungen gaben die beteiligten Polizisten und eine Gefängnismitarbeiterin an, man dürfe nur nackt in die Gummizelle und bezogen sich dabei auf interne Vorschriften. Ein Einschluss in die Gummizelle und dementsprechend ein Einsatz, bei dem Häftlinge nackt ausgezogen würden, würde regelmässig vorkommen.[11]

Der Einschluss in der Zelle, in die man laut der beteiligten Polizeifunktionäre nur nackt dürfe, wird auch als Disziplinarmassnahme verwendet, wenn beispielsweise die Arbeit verweigert wird.[12]

Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren im Oktober 2023 ein, mit der Begründung, der Häftling habe keine Unterhosen getragen, ein zweistündiges nacktes Festhalten sei daher nicht zu beanstanden. Ein Arzt sei demgegenüber nur im Falle einer Gefahr für Leib und Leben nötig. Die Einstellung ist aufgrund eines Weiterzuges an das Obergericht Schaffhausen noch nicht rechtskräftig.[13] Die Videoaufnahmen, die den Vorfall zeigen, wurden durch die Staatsanwaltschaft Schaffhausen unter Verschluss gehalten, dem Privatkläger wurde laut eigenen Angaben untersagt, Kopien anzufertigen oder sie vollständig anzusehen.[14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Untersuchungsgefängnis (Beckenstube 3, Schaffhausen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Justizvollzugsverordnung Schaffhausens. 19. Dezember 2006, abgerufen am 27. Oktober 2023.
  2. Bericht der NKVF über Besuch im Gefängnis Schaffhausen. (PDF) 2013, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  3. «Das macht das Gefängnis für mich zum Kerker». In: Schaffhauser Nachrichten. 5. Mai 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  4. Das Gefängnis, ein Boykott und die Folgen. (PDF) 29. Juni 2019, abgerufen am 27. Oktober 2023.
  5. Bauprojekt für neues Schaffhauser Sicherheitszentrum liegt vor. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  6. Was kriegt man für 93 Millionen Franken? | Schaffhauser Nachrichten. 17. Mai 2018, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  7. 1,05 Millionen Franken für neues Sicherheitszentrum. 17. August 2009, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  8. Grünes Licht für den Bau des Polizei- und Sicherheitszentrums. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  9. Häftling floh durch 36 cm kleines Loch. 2009, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  10. Gefängnis Schaffhausen - Häftling bricht aus und wird nach fünf Minuten wieder gefasst. 6. Januar 2022, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  11. Schaffhausen: Vom Kantonsrat gewählte Justiz. In: Schaffhausen. 16. Juni 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  12. Renitenten Häftlingen droht die Sicherheitszelle | Schaffhauser Nachrichten. 14. März 2017, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  13. Schaffhausen: Wie Steven Winter die Polizisten (bauern)opfert? In: Schaffhausen-Info. 13. Oktober 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  14. Schaffhausen-Info: Susanne Bollinger: Lügende Richterin. In: Schaffhausen. 19. Mai 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).