Jiřetín pod Jedlovou
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Jiřetín pod Jedlovou | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | Tschechien | |||
Region: | Ústecký kraj | |||
Bezirk: | Děčín | |||
Fläche: | 1136,902[1] ha | |||
Geographische Lage: | 50° 53′ N, 14° 35′ O | |||
Höhe: | 458 m n.m. | |||
Einwohner: | 645 (1. Jan. 2023)[2] | |||
Postleitzahl: | 407 56 | |||
Kfz-Kennzeichen: | U | |||
Verkehr | ||||
Bahnanschluss: | Rybniště–Varnsdorf | |||
Struktur | ||||
Status: | Gemeinde | |||
Ortsteile: | 4 | |||
Verwaltung | ||||
Bürgermeister: | Bohuslav Kaprálik (Stand: 2021) | |||
Adresse: | Vinařská 32 407 56 Jiřetín pod Jedlovou | |||
Gemeindenummer: | 562572 | |||
Website: | www.jiretin.cz | |||
Lage von Jiřetín pod Jedlovou im Bezirk Děčín | ||||
Jiřetín pod Jedlovou (deutsch Sankt Georgenthal) ist eine Gemeinde im Bezirk Okres Děčín, Ústecký kraj, in Tschechien.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ortschaft liegt in Nordböhmen im Lausitzer Gebirge im Böhmischen Niederland auf 458 m ü. M. am Fuß des steilen Kreuzbergs (Křížová hora), auf dem 1764 ein Kreuzweg errichtet wurde, etwa 30 km nordöstlich von Děčín (Tetschen), 45 km nordöstlich von Ústí nad Labem (Aussig) und 89 km nördlich von Prag.
In der Nähe befinden sich der markante Tollenstein (Tolštejn) mit seiner Burgruine und der Tannenberg (Jedlová).
Gemeindegliederung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadt Jiřetín pod Jedlovou besteht aus den Ortsteilen Jiřetín pod Jedlovou (Sankt Georgenthal), Lesné (Innozenzidorf, auch Buschdörfel genannt), Jedlová (Tannendorf) und Rozhled (Tollenstein).[3] Grundsiedlungseinheiten sind Jedlová, Jiřetín pod Jedlovou, Lesné, Rozhled und Tolštejn.[4]
Das Gemeindegebiet gliedert sich in die Katastralbezirke Jedlová, Jiřetín pod Jedlovou und Rozhled.[5]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadt mit dem regelmäßigen Grundriss sächsischer Bergstädte wurde 1552–1554 durch Georg von Schleinitz auf Tollenstein gegründet,[6][7] nachdem dieser 1548 Bergleute aus Sachsen in das so genannte Schleinitzer Ländchen geholt hatte. Die Stadtkirche Zur Heiligen Dreifaltigkeit wurde zwischen 1584 und 1611 errichtet und im 19. Jahrhundert neogotisch umgestaltet. 1787 erhielt St. Georgenthal von Rudolf II. Stadtrecht.[6] Georgenthal bildete ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Gemeinde im Gerichtsbezirk Warnsdorf.
Der Bergbau auf Kupfer, Silber und Zinn in der Umgebung hatte seine Blütezeit bis zum Dreißigjährigen Krieg, ganz eingestellt wurde er 1888. Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde der Stollen des Heiligen Evangelista des Bergwerkes Frisch Glück Erbstolln als Besucherbergwerk eröffnet, das seit 1999 wieder zugänglich ist.
Um die Entwicklung des Tourismus bemühte sich bis 1938 eine Abteilung vom Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen.
St. Georgenthal, dessen Bevölkerung deutsch war, wurde nach dem Ersten Weltkrieg der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen. Das politische Leben der Stadt in der Zwischenkriegszeit wurde anfangs durch die wichtige Position der Sozialdemokraten, aber auch nach der Abspaltung von Kommunisten (1921), besonders durch die deutsche-soziale Partei beeinflusst. Das Stimmenverhältnis der einzelnen Parteien schwankte, bis es nach 1929 von der Wirtschaftskrise (1934: 256 Arbeitslose bei etwa 2100 Einwohnern) und nach 1933 von der Machtübernahme Hitlers in Deutschland beeinflusst wurde. Im Verlaufe der weiteren Entwicklung entstand anstelle der verbotenen Deutschen Nationalpartei und Deutschen Nationalsozialistischen Partei (1933) die Henleinbewegung, die spätere Sudetendeutsche Partei (1935), die rasch anwuchs. Nach anfänglichen Loyalitätserklärungen bekannte sich die Bewegung 1938 offen zum Nationalsozialismus. Seit der Gemeindewahl am 12. Juni 1938 stand an der Spitze der Stadtvertretung ein Mitglied der SdP.
Nach dem Münchener Abkommen wurde St. Georgenthal an das Deutsche Reich angegliedert und von der Wehrmacht am 2. Oktober 1938 besetzt. Von 1938 bis 1945 gehörte St. Georgenthal zum Landkreis Warnsdorf, Regierungsbezirk Aussig, im Reichsgau Sudetenland. Die bisherigen Vereine und Organisationen wurden aufgelöst und durch neue, nationalsozialistische ersetzt. Die Volkszählung am 17. Mai 1939 erfasste in St. Georgenthal 2138 Einwohner.
Der Beginn des Kriegs war anfangs von Teilen der Bevölkerung begrüßt worden. Am 23. März 1945 warfen alliierte Flugzeuge Bomben auf die Felder zwischen Grundberg und Lichtenberg sowie im Wald gegen Oberkreibitz ab. Die sowjetischen Streitkräfte waren am 16. April 1945 bis Bautzen vorgedrungen. Vom Bau-Pionier-Bataillon und weiteren Arbeitskräften wurden im Stadtgebiet neue Panzersperren errichtet sowie Stellungen in der näheren Umgebung. Außerhalb der Stadt, beiderseits der Tollensteiner Straße, wurde ein Panzergraben ausgehoben. Am 9. Mai 1945 erfolgte der Einmarsch von sowjetischen Einheiten und der 2. Polnischen Armee. Die Verwaltung der Stadt wurde am 10. Mai 1945 vom tschechoslowakischen Nationalrat übernommen und der Sicherheitsdienst aufgestellt.
Der Status der einheimischen Deutschen in den nach Kriegsende von der Tschechoslowakei übernommenen Gebieten wurde durch die Beneš-Dekrete geregelt. Die Sudetendeutschen erhielten keine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft, andere Dekrete legten die Konfiskation des deutschen landwirtschaftlichen und sämtlichen anderen Eigentums gesetzlich fest. Wie überall in der Tschechoslowakei wurden die Deutschen bis zum Verbot weiterer Abschiebungen auf der Potsdamer Konferenz auch aus St. Georgenthal im Zuge sogenannter „wilder“ Abschiebungen vertrieben. Trotzdem lebten noch am 12. August 1945 in St. Georgenthal 1058 Sudetendeutsche und 204 deutsche Antifaschisten. Dann wurde das ehemalige Kriegsgefangenenlager Warnsdorf in ein Internierungslager für Deutsche umwandelt. Weitere Transporte von dem Lager wurden mit der Eisenbahn verschickt. Der erste Zug mit Deutschen ging erst am 22. April 1946 ab, der letzte – dreizehnte – am 10. Oktober 1946.
Vom 1. Oktober 1944 bis 28. Februar 1945 existierte im Ort ein Außenlager des KZ Flossenbürg, dessen 33 Häftlinge Zwangsarbeit für die Firma A. Schultze verrichten mussten.[8][9]
Die Stadt hatte vor 1945 etwa 2500 Einwohner; nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung sank die Einwohnerzahl auf heute knapp 600, und der Ort verlor das Stadtrecht.
Gleichzeitig mit der Aussiedlung der Deutschen erfolgte die Neubesiedlung der Stadt und naheliegenden Dörfer, aber noch am 18. August 1945 wohnten in Sankt Georgenthal nur 120 Tschechen und 16 Slowaken. Am Tag der Volkszählung lebten in Sankt Georgenthal 857 Personen. Zusammen mit Rozhled (Tollenstein), Lesné (Innozenzidorf) und Jedlová (Tannendorf) betrug die Einwohnerzahl 992 Personen, aber dann ist sie stetig gesunken bis auf 614 am Tage der Volkszählung von 1991.
Einwohnerentwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945 war Sankt Georgenthal überwiegend von Deutschböhmen besiedelt, die vertrieben wurden.
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1830 | 1073 | in 244 Häusern[10] nach anderen Angaben in 249 Häusern[6] |
1844 | 1773 | in 263 Häusern[11] |
1857 | ca. 2000 | [12] |
1900 | 2501 | deutsche Einwohner[13] |
1921 | 1995 | davon 1872 Deutsche[14] |
1930 | 2178 | [15] |
1939 | 2138 | [15] |
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das der Gemeinde am 18. Dezember 1587 von Rudolf II. verliehene Stadtwappen zeigt das Schloss Tollenstein mit zwei Türmen, zwischen denen ein Pelikan dargestellt ist. Vor dem offenen Tor des Schlosses ist der hl. Georg zu sehen.[7]
Söhne und Töchter der Stadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz Anton Ernst (1745–1805), Komponist
- Anton Donat (1746–?), Maler
- Johann Aloys Miksch (1765–1845), Sänger und Gesangslehrer
- Johann Birnbaum (1793–1872), Maler
- Edmunda Maria Anna May (1805–1874), Äbtissin in St. Marienstern
- Josef Pietsch (1810–1866), Priester
- Wenzel Salomon (1874–1953), Maler
- Josef Rösler (1901–unbekannt), tschechoslowakischer Politiker deutscher Nationalität
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Emil Brunn: St. Georgenthal. Ein Städtchen im nordböhmischen Niederland (= Niederlandhefte. 13, ZDB-ID 1190171-8). Bund der Niederländer, Böblingen 1981.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Geschichte und Beschreibung der Stadt
- Sankt Georgenthal – č. Jiřetín pod Jedlovou (genealogy.net)
- Homepage der Stadt Jiřetín
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ http://www.uir.cz/obec/562572/Jiretin-pod-Jedlovou
- ↑ Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
- ↑ http://www.uir.cz/casti-obce-obec/562572/Obec-Jiretin-pod-Jedlovou
- ↑ http://www.uir.cz/zsj-obec/562572/Obec-Jiretin-pod-Jedlovou
- ↑ http://www.uir.cz/katastralni-uzemi-obec/562572/Obec-Jiretin-pod-Jedlovou
- ↑ a b c Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 1: Leitmeritzer Kreis, Prag 1833, S. 283–284, Ziffer 25). (books.google.de).
- ↑ a b Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 5: Leutmeritzer Kreis, Wien 1787, S. 236–238, Ziffer 12).
- ↑ Außenlager St. Georgenthal (Jiřetín). In: Webseite KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Abgerufen am 8. Juli 2021.
- ↑ abweichend Groß-Rosen, Rudolf M. Wlaschek: Juden in Böhmen. München : Oldenbourg, 1990, S. 153
- ↑ Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 197, Ziffer 13 (books.google.de),
- ↑ Friedrich Carl Watterich von Watterichsburg: Handbuch der Landeskunde des Königreichs Böhmen. Prag 1845, S. 608. (books.google.de).
- ↑ Pierer's Universal-Lexikon. Band 7, Altenburg 1859, S. 201.
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 17, Leipzig und Wien 1909, S. 560.
- ↑ Genealogie-Netz Sudetenland
- ↑ a b Michael Rademacher: Landkreis Warnsdorf (tschech. Varnsdorf). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.