Josef Heinrich Darchinger

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Josef (Jupp) Heinrich Darchinger (* 6. August 1925 in Bonn; † 28. Juli 2013 ebenda[1]) war ein deutscher Fotojournalist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Volksschule absolvierte Darchinger eine Landwirtschaftslehre. Im Zweiten Weltkrieg wurde er 1942 nach seinem 17. Geburtstag zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Ein Jahr später folgte die Einberufung zur Wehrmacht.[2] Als Angehöriger der Leibstandarte SS Adolf Hitler nahm er an der Ardennenoffensive teil.[3] Nach mehreren schweren Verwundungen geriet er 1945 zunächst in amerikanische, dann in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er Ende 1947 floh und in seinen Heimatort Bonn-Endenich zurückkehrte.[4] Er ließ sich zum Fotolaboranten umschulen und eignete sich autodidaktisch Kenntnisse als Fotograf an.

Im Jahr 1948 heiratete er in Bonn seine Arbeitskollegin Ruth. 1949 kaufte sich Darchinger seine erste Kamera, eine Leica IIIc mit drei Objektiven, gebraucht von einem Kriegsberichterstatter der Wehrmacht.[5] Drei Jahre später begann er seine Karriere als selbständiger Fotojournalist, zunächst für Publikationen der SPD und der Gewerkschaften. Der SPD trat er im selben Jahr bei. Mit ihr arbeitete er nach einer Fotodokumentation über das Begräbnis ihres Parteivorsitzenden Kurt Schumacher über viele Jahre in fotografischen Dingen zusammen. Mitte der 1960er Jahre wurde Darchinger Fotokorrespondent für das Wochenmagazin Spiegel und die Zeitung Die Zeit in der Bundeshauptstadt Bonn. Dadurch gehörte er bei Auslandsreisen der Bundesregierung dem Tross mitreisender Fotografen an. Mit dem Umzug des Parlamentes und Teilen der Regierung nach Berlin in den 1990er Jahren zog sich Darchinger aus der Dokumentation des politischen Geschehens allmählich zurück.

Darchinger, der in seiner Heimatstadt Bonn lebte, veröffentlichte mehrere Fotobände über Bonner Politiker und Manager. Ein Großteil seines umfangreichen privaten Fotoarchivs ist heute Bestandteil des Archivs der sozialen Demokratie (AdsD) der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Ende Oktober 2007 übernommene Bestand zählt 1,6 Millionen Negative, 60.000 Positive und 30.000 Dias.[6] Rund 800 Aufnahmen Darchingers von liberalen Politikern verwahrt das Archiv des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.[7]

Das Rheinische Landesmuseum in Bonn ehrte Darchinger im Jahr 1997 mit einer Ausstellung von 300 seiner Aufnahmen.[8] In einem Nachruf in der Süddeutschen Zeitung wurde Darchingers Wirken in die Tradition des Fotojournalisten Erich Salomon gesetzt. Darchinger habe „das arrangierte Porträt und den scheinbar zufälligen Schnappschuss“ ebenso beherrscht, wie „das Festhalten der ungeplanten Geste“. Er sei „Chronist der Bonner Republik“ gewesen.[9]

Seine Söhne Frank und Marc Darchinger sind ebenfalls Fotografen.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Pfister und Katja Wollenberg: Jupp Darchinger – Der Fotograf der Bonner Republik. In: Bildarchiv Foto Marburg (Hrsg.): Rundbrief Fotografie. Band 21, Nr. 1/2, 2014, ISSN 0945-0327, S. 70–75.
  • Thomas Meyer und Sonja Thränert: "Der richtige Fotograf in der Nähe": Gespräch mit Josef Heinrich Darchinger. In: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte. Band 56, Nr. 1/2, 2009, S. 98–103 (Online [PDF; 1000 kB]).
  • Dieter Oeckl, Der Menschenfänger – Die Macht der Fotos von Jupp Darchinger (Dokumentarfilm), RTL, 22. September 2002[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jupp Darchinger ist tot. In: Spiegel Online, 2. August 2013.
  2. Der denkende Sehmann. In: Vorwärts. Heft 08/2005, S. 14.
  3. Leo Brawand: Der Spiegel – ein Besatzungskind. Wie die Pressefreiheit nach Deutschland kam. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2007, ISBN 978-3-434-50604-1, S. 152.
  4. Erik M. Rickert: „Ich bin ein Sehmann“. Jupp Darchinger, ein Bonner Bildchronist. In: Merian: Bonn. Band 29, Nr. 9, 1976, S. 146–151.
  5. Alexander Kain: Das Auge der Bonner Republik. In: Passauer Neue Presse. 7. April 1998.
  6. Historisches Forschungszentrum. In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Jahresbericht 2007. ISSN 0940-0702, S. 50 (Online [PDF; 3,8 MB; abgerufen am 15. August 2022]).
  7. ADL-Bestandsübersicht Jupp Darchinger. Archiv des Liberalismus, abgerufen am 15. August 2022.
  8. Klaus Wirtgen: Das Auge von Bonn. In: Der Spiegel, 46/1997, abgerufen am 28. Juli 2010.
  9. Lothar Müller: Chronist der Bonner Republik. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 179, 5. August 2013, S. 11.
  10. Katja Iken: Kunterbuntes Wirtschaftswunder. In: einestages, 27. Mai 2008.
  11. Dieter Oeckl: Der Menschenfänger – Die Macht der Fotos von Jupp Darchinger. Robert-Geisendörfer-Preis, 2003, abgerufen am 12. August 2022.