Kleidokraniale Dysplasie
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Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q74.0 | Sonstige angeborene Fehlbildungen der oberen Extremität(en) und des Schultergürtels |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Kleidokraniale Dysplasie oder Kleidokraniale Dysostose, lateinisch Dysplasia cleidocranialis oder Dysostosis cleidocranialis, ist eine sehr seltene angeborene Erkrankung mit fehlenden oder unterentwickelten Schlüsselbeinen, weit offenen Fontanellen und Schädelnähten sowie Zahnveränderungen.[1] Die gleichzeitige Betroffenheit von Schädelteilen (Desmocranium) und Schlüsselbein ist durch die desmale Ossifikation, bei der die Entwicklungsstörung liegt, dieser Knochen zu erklären.
Synonyme sind: Kleidokraniale Dysostose; Marie-Sainton-Syndrom; lateinisch Dysplasia cleidocranialis; Dysostosis cleidocranialis
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Häufigkeit wird mit 1–9 zu 1.000.000 angegeben, die Vererbung erfolgt autosomal-dominant,[2] es gibt aber auch eine rezessiv vererbbare Form.[3]
Ursache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Erkrankung liegen Mutationen im RUNX2-Gen im Chromosom 6 am Genort p21.1 zugrunde, welches für das Protein Runt-related transcription factor 2 codiert.[1]
Klinische Erscheinungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das klinische Erscheinungsbild stellt sich breit gefächert dar:
- Kleidokraniale Dysplasie, klassische Form
- Kleidokraniale Dysplasie, Form fruste mit lediglich Zahnveränderungen
- Kleidokraniale Dysplasie, Form fruste mit Brachydaktylie
Klinisch gemeinsame Kriterien sind:
- Hypoplasie oder das Fehlen der Schlüsselbeine mit schmalen, hängenden Schultern, die vor der Brust zusammengeführt werden können
- später bis ausbleibender Verschluss der Fontanellen und Schädelnähte
- multiple überzählige, meist retinierte Zahnanlagen (Echte Hyperdontie), welche sich auf die Kau- und Schliessfähigkeiten auswirken können.[4]
Hinzu können Skelettveränderung kommen wie Brachydaktylie, kurze breite Daumen, Kleinwuchs, Skoliose, Genu valgum, Coxa vara, dehiszente Symphyse, Schulterblattdysplasien.
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Diagnose ergibt sich aus der Klinik und wird durch die charakteristischen Veränderungen im Röntgenbild bestätigt:[5]
- Verzögerte Verknöcherung des Schädels mit sehr weiten Fontanellen bis zum Erwachsenenalter offen bleibend
- Großer Schädel mit frontaler Vorwölbung, relativ kleines Gesicht
- Schmale Schultern wegen der fehlenden Schlüsselbeine
- Enger Thorax
- sehr weite Symphyse
- Kurze Mittelphalangen der Kleinfinger
- Verzögerte Knochenreifung
- Coxa vara
Molekulargenetische Untersuchungen können die Diagnose absichern.[1]
Differentialdiagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abzugrenzen sind:
- Mandibuloakrale Dysplasie
- Crane-Heise-Syndrom
- Yunis-Varon-Syndrom
- Pyknodysostose
- CDAGS-Syndrom
- Hypophosphatasie
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Behandlung der Zahnveränderungen steht klinisch im Vordergrund mit dem Ziel, sowohl funktionell als auch ästhetisch ein gutes Ergebnis zu erzielen. Dazu werden überzählige, fehlliegende und abnormale Zähne entfernt. Die Knochendichte sollte im Auge behalten und eine Vorbeugung gegen Osteoporose in Erwägung gezogen werden.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstbeschreibung der Erkrankung erfolgte bereits im Jahre 1898 durch den französischen Neurologen Pierre Marie und französischen Arzt Paul Sainton (1868–1958).[6][7]
Darauf ist die Bezeichnung Marie-Sainton-Syndrom oder Scheuthauer-Marie-Sainton Syndrom zurückzuführen.[5]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- M. B. Balioğlu, D. Kargın, A. Albayrak, Y. Atıcı: The Treatment of Cleidocranial Dysostosis (Scheuthauer-Marie-Sainton Syndrome), a Rare Form of Skeletal Dysplasia, Accompanied by Spinal Deformities: A Review of the Literature and Two Case Reports. In: Case reports in orthopedics. Band 2018, 2018, S. 4635761, doi:10.1155/2018/4635761, PMID 30123598, PMC 6079611 (freier Volltext).
- R. DasGupta, F. K. Jebasingh, H. S. Asha, N. Thomas: Cleidocranial dysostosis. In: BMJ Case Reports. Band 2015, August 2015, S. , doi:10.1136/bcr-2015-211308, PMID 26311012, PMC 4550901 (freier Volltext).
- U. Baumert, I. Golan, O. Driemel, T. E. Reichert, C. Reicheneder, D. Muessig, E. Rose: Dysostosis cleidocranialis. In: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie: MKG, Band 10, Nr. 6, November 2006, S. 385–393. doi:10.1007/s10006-006-0029-1. PMID 17051365.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Eintrag zu Dysostose, kleidokraniale. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Cleidocranial Dysplasia. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- ↑ Cleidocranial Dysplasia, Recessive Form. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- ↑ Peter Gängler, Thomas Hoffmann, Brita Willershausen: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Georg Thieme, 2010, ISBN 978-3-13-154073-7, S. 62 (google.com).
- ↑ a b F. Hefti: Kinderorthopädie in der Praxis. Springer 1998, S. 661, ISBN 3-540-61480-X
- ↑ Who named it
- ↑ P. Marie, P. Sainton: Dysostose cléido-crânienne héréditaire In: Rev. Neurol., Band 6, S. 835, 1898
- ↑ Eintrag zu Foramina parietalia mit Klavikulahypoplasie. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Parietal Foramina with cleidocranial Dysplasia. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)