Louis Blondel

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Louis Blondel (* 24. November 1885 in Genf; † 17. Januar 1967 ebenda) war ein Schweizer Archäologe.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Louis Blondel war der Sohn von Auguste Blondel (1854–1922), Rechtsanwalt und Schriftsteller, und dessen Ehefrau Emilia Benigna Sophia Bossi, Marquise von Musso. Er besuchte bis 1904 das Gymnasium in Genf und absolvierte ein Architekturstudium an der Universität Genf, das er an der Technischen Hochschule München mit einem Diplom abschloss; er leistete anschliessend ein Praktikum in Paris bei den Malern Aristide Maillol und Maurice Denis.

Nach seiner Rückkehr in Genf beschäftigte er sich mit dem historischen Kataster und veröffentlichte Les faubourgs de Genève, ein Schlüsselwerk der Geschichte des Städtebaus.

Gemeinsam mit dem Lausanner Arzt Eugène Bach und dem Kunsthistoriker Adrien Bovy (1880–1957)[1] verfasste er als ersten Band La cathédrale de Lausanne; in diesem Werk beschränkte er sich nicht nur auf den Bau als solchen, sondern entschlüsselte und deutete auch die Ergebnisse der von 1909 bis 1912 durch Albert Naef unter der Kathedrale durchgeführten Ausgrabungen. Zu dieser Zeit war er bereits als Frühmittelalter-Archäologe international anerkannt.

Von 1913 an betreute er die Abteilung Vieux Genève des Musée d’art et d’histoire , 1914 arbeitete er für die Schweizerische Landesausstellung sowie für das Historisch-Biographische Lexikon der Schweiz.

Während des Ersten Weltkriegs diente er als Oberleutnant im Bataillon 13. Von 1920 bis 1963 war Kantonsarchäologe von Genf und leitete regelmässig Ausgrabungen in der Abtei Saint-Maurice im Wallis.

1931 erfolgte durch den Bundesrat seine Berufung in die eidgenössische Kommission für historische Kunstdenkmäler, der er anfangs während zweier Amtsdauern als Mitglied und von 1942 bis 1955 als Vizepräsident angehörte.

Mit Adolphe Guyonnet (1877–1955)[2] erstellte er von 1937 bis 1938 einen Plan der Genfer Altstadt.

Louis Blondels Untersuchungen und Forschungen, die sich über Jahrzehnte hin erstreckten, erhellten die Geschichte des Rhoneübergangs bei Genf, zurück bis zu den von Cäsar gegen die Helvetier angelegten Befestigungen.[3] Weiter erforschte er die Reste frühchristlicher Skulptur in Genf, dem Altarfrontale (1922) und andern Fragmenten (1960) aus St. Germain. Seine Ausgrabungen unter dem sogenannten Auditorium Calvin, der einstigen Kirche Notre-Dame de Genève südöstlich der Kathedrale von St. Pierre, und seine Forschungen über das in der Reformation untergegangene Priorat von St. Victor rundeten das Bild der spätantiken und der frühmittelalterlichen Kirchenbauten Genfs ab.

Er untersuchte methodisch die Reste der Kirchenbauten in der sogenannten Cour du Martolet hinter der heutigen, im 17. Jahrhundert südlich davon neuerbauten Basilika von St. Maurice und er erbrachte hier den Beweis einer eindrucksvollen, in der Schweiz einmaligen Kontinuität, von einem römischen Quellheiligtum über die erste, von Eucherius von Lyon erwähnte Grabkapelle der Thebäischen Märtyrer aus dem Ende des 4. Jahrhunderts, die Kirche des 5. Jahrhunderts, die Basilika König Sigismunds von 515 und ihren Umbau im ausgehenden 6. Jahrhundert, die frühkarolingische doppelchörige Abteikirche bis zum Neubau, der Anfang des 11. Jahrhunderts durch Erzbischof Burkhard von Lyon errichtet wurde.

Blondels Grab

Die Entdeckung der merowingischen Coemeterialkirche (eine Kirche, die auf einem Coemeterium errichtet ist) Notre-Dame sous le Bourg, der von ihm erbrachte Nachweis einer frühmittelalterlichen Felseneinsiedelei in Notre-Dame du Scex[4] und schließlich die Ausgrabung der Ringkrypta unter der Pfarrkirche St. Sigismond durch den Walliser Kantonsarchäologen Olivier Frédéric Dubuis veranlassten ihn, die Kirchenfamilie von St. Alaurice 1962 in einem, seinem Freund Linus Birchler gewidmeten Aufsatz, als sakrale Stadt zu deuten.

Blondel publizierte seine Forschungen in vielen Büchern sowie in Fachartikeln in den Genfer und Walliser Fachzeitschriften Genava und Vallésia; hierbei schrieb er von 1944 bis 1963 die archäologische Chronik für die Zeitschrift Genava.

Louis Blondel war seit dem 14. September 1920 mit Claire Amélie, Tochter des Anwalts Louis-Adrien Bonnard verheiratet, gemeinsam hatten sie eine Tochter und einen Sohn. Sein Sohn Denis (* 1923; † 20. Dezember 2018) wurde später Bauingenieur, war im Grossen Rat vertreten und von 1984 bis 1992 Präsident des Genfer Heimatschutzes.[5]

Sein Schwager war der Sprachwissenschaftler und Historiker Georges Bonnard (1886–1967).[6]

Blondel ist auf dem Cimetière des Rois (deutsch Friedhof der Könige) begraben, der als Genfer Panthéon gilt.[7]

Ehrungen und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Universität Basel verlieh ihm 1936, und die Universität Genf 1942 den Titel eines Ehrendoktors.

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • In jungen Jahren war Louis Blondel 1912 Mitbegründer der Schweizer Pfadfinderbewegung[8] und wurde 1934 Bundesfeldmeister[9] sowie von 1946 bis 1957 Präsident des Schweizerischen Pfadfinderbundes;[10] 1957 wurde er zum Ehrenpräsidenten ernannt. Sein Pfadfindername war Grand Sachem.
  • Als langjähriges Mitglied des Parti Libéral gehörte er zwischen 1918 und 1943 dem Gemeinderat von Lancy an.
  • Der Akademischen Gesellschaft (Société académique) und der Gesellschaft für Geschichte und Archäologie zu Genf (Société d’histoire et d’archéologie de Genève) diente er als langjähriges Vorstandsmitglied und als Präsident.
  • 1943 übernahm er, als Nachfolger Konrad Eschers, für acht Jahre das Präsidium der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, deren Ausschuss für archäologische Forschungen, die sogenannte Römer-Kommission, er überdies leitete. In dieser Zeit überstieg die Mitgliederzahl über 6.600, für diese wurde das Inventarwerk Die Kunstdenkmäler der Schweiz herausgegeben, an dem Louis Blondel mitgearbeitet hat.
  • Er war Mitglied in der Société Nationale des Antiquaires de France.
  • Als einer von zwei Schweizer Vertretern gehörte er dem Comité international d’histoire de l’art an, in dessen Verantwortung unter anderem die Durchführung der internationalen kunstgeschichtlichen Kongresse fällt.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Louis Blondel. In: Hans R. Hahnloser, Alfred A. Scmid: Homage à Louis Blondel. Unsere Kunstdenkmäler: Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 18. 1967.
  • Louis Blondel. In: Linus Birchler: Louis Blondel 70jährig. In: Unsere Kunstdenkmäler: Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, 1955. S. 50 f.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Doris Jakubec / EM: Adrien Bovy. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2004, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  2. Elena Cogato Lanza / RG: Adolphe Guyonnet. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2006, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  3. Roman Hollenstein: Genf in römischer Zeit: eine Stadt, in der es sich leben lässt. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 20. September 2019]).
  4. Saint Maurice (Valais). In: Luftbilder der Schweiz. Schweizer Luftwaffe, abgerufen am 20. September 2019.
  5. Heimatschutz/Patrimoine 1-2019. Abgerufen am 20. September 2019 (englisch).
  6. Ernest Giddey / BE: Georges Bonnard. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2011, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  7. Suzanne Kathari, Natalie Riliet: Histoire et Guide des cimetières genevois. Éditions Slatkine, Genf 2009, ISBN 978-2-8321-0372-2, S. 234 (französisch).
  8. Scoutisme, deuxième camp national d'éclaireurs. In: Bibliothèque de Genève. Abgerufen am 15. März 2022 (französisch).
  9. Bundesfeldmeister – Scout-o-wiki. Abgerufen am 20. September 2019.
  10. Louis Blondel. In: Zentralarchiv und Museum der Pfadibewegung Schweiz. Abgerufen am 20. September 2019.