Marcel Senn

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Marcel Senn (* 26. März 1954 in Thun) ist ein Schweizer Rechtshistoriker und Rechtsphilosoph. Senn war von 1995 bis 2019 Professor für Rechtsgeschichte, Juristische Zeitgeschichte und Rechtsphilosophie an der Universität Zürich.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marcel Senn wuchs in Luzern auf und studierte Rechtswissenschaft an der Universität Zürich, wo er 1982 bei Clausdieter Schott promovierte. Für seine Dissertation «Rechtshistorisches Selbstverständnis im Wandel. Ein Beitrag zur Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte der Rechtsgeschichte» erhielt Senn 1983 den Professor-Walther-Hug-Preis. Von 1982 bis 1995 war er in verschiedenen Funktionen in der Praxis tätig. Mit seiner Schrift «Spinoza und die deutsche Rechtswissenschaft. Eine historische Studie zum Rezeptionsdefizit des Spinozismus in der Rechtswissenschaft des deutschsprachigen Kulturraumes» habilitierte er sich 1991 an der Universität Zürich, wo er zunächst als Privatdozent unterrichtete und seit 1995 als ausserordentlicher und seit 1998 als ordentlicher Professor forschte und lehrte.

Forschungsschwerpunkte von Marcel Senn bilden die Aufklärungsphilosophie, das Naturrecht im Rechtsdenken (Hobbes, Spinoza, Thomasius, Wolff, Kant, Hegel), der Naturalismus im Recht des 19. und 20. Jahrhunderts. Senn gilt insbesondere als Forscher zu Spinozas Rechtsphilosophie.[1] Ein weiterer Schwerpunkt von Senns Forschungsinteresse betrifft die Wissenschaftsgeschichte zur Rechtsgeschichte sowie Rechts- und Gesellschaftsphilosophie.[2]

Von 2008 bis 2010 wirkte Marcel Senn als Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Zuvor amtete er als Prodekan Lehre. Als Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie führte er in den Jahren 2005 bis 2009 Kongresse zu den Themen «Gehirnforschung und rechtliche Verantwortung»[3], «Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft?»,[4] «Rechtswissenschaft und Hermeneutik»[5] sowie «Recht und Globalisierung»[6] durch.

Von 2006 bis 2020 war Marcel Senn Stiftungsrat der Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins, welche die Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen auch online herausgibt.

Im Jahr 2016 wurde seine «Rechts- und Gesellschaftsphilosophie. Historische Fundamente der europäischen, nordamerikanischen, indischen sowie chinesischen Rechts- und Gesellschaftsphilosophie»[7] (1. Auflage, 2012) in die chinesische Sprache übersetzt und seine «Rechtsgeschichte – ein kulturhistorischer Grundriss»[8] (4. Auflage, 2007) in die russische Sprache. Mit Heiner Lück (Halle/Saale) führte er seit den 1990er Jahren gemeinsame Seminare durch. Von der letzten Zusammenarbeit zeugt der Band mit Beiträgen der Studierenden betreut durch die Dozierenden: Recht und Rechtswissenschaft zur Zeit der Reformationen und der Renaissance, hrsg. v. Heiner Lück, Timo Fenner, Anne-Marie Heil, Rainer Rausch und Marcel Senn. Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Leipzig, 2021, 388 S. [Anhalt[Er]Kenntnisse].

Senns Abschlussvorlesung in der Aula der Universität Zürich vom 27. Mai 2019 widmete sich dem Thema: Neoliberalismus und nordamerikanische Gerechtigkeitstheorien (publiziert ZSR 138 (2019), Heft 4, S. 365–380).

Am 25. Oktober 2019 fand zudem ein Symposium der Fachgruppe Grundlagen unter der Leitung von Ulrike Babusiaux zu Ehren des Emeritus statt mit dem Thema „Zur kritischen Funktion von Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie“. Der Band mit den Referaten ist unter demselben Titel, hrsg. v. Ulrike Babusiaux, im Schulthess Verlag Zürich 2020 erschienen. Er enthält insbesondere auch das vollständige Werkverzeichnis bis 2019.

Nach der Emeritierung hat Senn den Band: Philosophy of Law and Legal Theory: Historical and Contemporary Perspectives – Theme «Justice Based on Truth» herausgegeben.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rechts- und Gesellschaftsphilosophie. Historische Fundamente der europäischen, nordamerikanischen, indischen sowie chinesischen Rechtsphilosophie. Eine Einführung mit Quellenmaterialien. Mit einem Gastbeitrag zum «Sinomarxismus» von Harro von Senger, Zürich/St. Gallen [2012]: Dike, 2. A. 2017. Die vollständig überarbeitete 2. Auflage des Buches ist in Kooperation mit dem Nomos Verlag in Baden-Baden erschienen.
  • Rechtsphilosophisches und rechtshistorisches Selbstverständnis im Wandel. Zwanzig Beiträge zur Entstehung und Verbreitung des Wissenschaftsverständnisses von Recht, Zürich/St. Gallen: Dike 2016. Volltext
  • Rechtswissenschaft und Juristenausbildung. Fünf kritische Beiträge zu Grundlagenfragen der Wissenschaft des Rechts nach Einführung der Bologna-Reform, Zürich/St. Gallen: Dike 2013.
  • Das mittelalterliche Zürich. Ein Stadtrundgang. Dike, Zürich/St. Gallen 2007.
  • Recht – gestern und heute: Juristische Zeitgeschichte. Schulthess, Zürich 2002; später: Rechtsgeschichte II – Juristische Zeitgeschichte, ab 2. Auflage 2004 zusammen mit Lukas Gschwend (Professor in St. Gallen), 3., neubearbeitete Auflage 2010.
  • Rechtsgeschichte – ein kulturhistorischer Grundriss. Schulthess, Zürich [1. Aufl. 1997]; Zürich/Basel/Genf; 4. Aufl. 2007.
  • Spinoza und die deutsche Rechtswissenschaft. Eine historische Studie zum Rezeptionsdefizit des Spinozismus in der Rechtswissenschaft des deutschsprachigen Kulturraumes (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte. Bd. 22). Schulthess, Zürich 1991 (Habilitationsschrift, Universität Zürich).
  • Rechtshistorisches Selbstverständnis im Wandel. Ein Beitrag zur Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte der Rechtsgeschichte (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte. Bd. 7). Schulthess, Zürich 1982 (Dissertation, Universität Zürich).
Herausgeber
  • Philosophy of Law and Legal Theory: Historical and Contemporary Perspectives – Theme «Justice Based on Truth», MDPI: Basel et al., 2023, 178 S. ISBN 978-3-0365-7670-1, Volltext

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Naturrechtstheorie und Gottesverständnis bei Baruch de Spinoza vor dem Hintergrund des Begriffs säkularer Modernität, in: Matthias Armgardt/Hubertus Busche (Hg.), Naturrechtsdenken von Leibniz vor dem Hintergrund der Säkularisierung, Berlin: Erich Schmidt, 2022 (=Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung Münchener Universitätsschriften. Juristische Fakultät, Bd. 102), S. 34–58; Ders., Spinoza und die christliche Mystik des 17. Jahrhunderts – eine kritische Erörterung des Säkularisierungsbegriffs, in: Recht, Konfession und Verfassung im 17. Jahrhundert. West- und Mitteleuropäische Entwicklungen, hrsg. v. Robert von Friedeburg, Mathias Schmoeckel, Berlin: Duncker & Humblot 2015 (= Historische Forschungen 105), S. 243–260 (wiederveröffentlicht in der Publikation in Einzelnachweis 2).
  2. Rechtsphilosophisches und rechtshistorisches Selbstverständnis im Wandel. Zwanzig Beiträge zur Entstehung und Verbreitung des Wissenschaftsverständnisses von Recht, Zürich/St. Gallen: Dike 2016, 398 S. Volltext
  3. Gehirnforschung und rechtliche Verantwortung. Fachtagung der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, 19. und 20. Mai 2006, Universität Bern, hrsg. v. Marcel Senn, Dániel Puskás, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2006, 171 S. (= ARSP Beiheft Nr. 111).
  4. Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft? Kongress der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, 15. und 16. Juni 2007, Universität Zürich, hrsg. v. Marcel Senn, Dániel Puskás, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2007, 220 S. (= ARSP Beiheft 115).
  5. Rechtswissenschaft und Hermeneutik. Kongress der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, 16. und 17. Mai 2008, Universität Zürich, hrsg. v. Marcel Senn, Barbara Fritschi, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2009, 258 S. (= ARSP Beiheft 117).
  6. Recht und Globalisierung. Kongress der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, 15. und 16. Mai 2009, Universität Genf, hrsg. v. Marcel Senn, Bénédict Winiger, Barbara Fritschi, Philippe Avramov, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2010, 196 S. (= ARSP Beiheft 121).
  7. 法哲学与社会哲学, 中国政法大学出版社 (= Rechts- und Gesellschaftsphilosophie). 1. Auflage. China University of Political Science and Law Press, Beijing 2016.
  8. Марсель Зенн, История права – Культурно-исторический очерк. Санкт-Петербург: Издательство Юридического Института 2016. Перевод с немецкого языка Татьяны Михайловны Клюкановой (= Rechtsgeschichte – ein kulturhistorischer Grundriss). 4. Auflage. Verlag des Instituts für Rechtswissenschaften, St. Petersburg 2016.