Mathematisches Instrument
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Als mathematisches Instrument (oder auch mathematisches Gerät) wird ein materielles Hilfsmittel bezeichnet, das in der Mathematik eingesetzt wird, um Ergebnisse zu erlangen, jedoch kein Alltagsgegenstand ist.
So sind z. B. die klassischen Schreibutensilien wie Schiefertafel bzw. Papier, Bleistift und Radiergummi bzw. Tafel, Kreide und Schwamm und auch die Schreibmaschine zwar essentielle Hilfsmittel, um mathematische Ergebnisse zu erlangen und festzuhalten, aber keine mathematischen Instrumente.
Mathematische Instrumente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sie werden üblicherweise nach dem Verwendungszweck eingeteilt:
Mathematische Papiere
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Millimeterpapier
- Polarkoordinatenpapier
- Dreiecknetzpapier
- Wahrscheinlichkeitspapier
- Logarithmenpapier (doppeltlogarithmisches Papier und einfachlogarithmisches Papier)
Zeicheninstrumente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lineal
- Kurvenlineal oder auch Kurvenschablone
- Zirkel
- Nullenzirkel für kleine Kreise
- Stangenzirkel für große Kreise
- Pantograph
Messinstrumente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stechzirkel
- Reduktionszirkel oder auch Proportionalzirkel (galileischer Typ und bürgischer Typ)
- Goniometer
- Winkelmesser
- Messschieber
Einfache Rechenhilfsmittel und -geräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kerbholz
- Abakus und Soroban (japanischer Abakus)
- Rechenkasten
- Rechenpfennig
- Rechenstäbchen, speziell Napiersche Rechenstäbchen
- Addierstift
- Zahlenschieber (auch Griffeladdierer)
- Rechenschieber und Rechenscheibe
- Tafeln wie Logarithmentafel und Integraltafel
- Nomogramm
Differentiatoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Spiegellineal
- Derivimeter nach Ott
- Prismenderivator nach Harbour
Integratoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kurvimeter (Messrädchen)
- Kurvimeter nach Coradi
- Kurvimeter nach Ott
- Polarplanimeter
- Linearplanimeter
- Integraph und Integrimeter
- harmonischer Analysator
Analogrechengeräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Messinstrument
- Addiermaschinen, z. B. Brunsviga
- Multiplikationsmaschinen
- Vier-Spezies-Maschine
Chiffriermaschinen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Digitalrechengeräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der große Astronom Johannes Kepler führt in einem 1628 von ihm eigenhändig angefertigten Verzeichnis seiner Habe u. a. auf: „Darneben ein Stebich mit Globis vnd mathematischen Instrumenten …“[1] Den Begriff verwendet auch Johann Gabriel Doppelmayr, der 1713 eine Übersetzung des 1709 in französischer Sprache erschienenen „Traité de la construction et des principaux usages des instrumens de mathématique“ des französischen Ingenieurs Nicolas Bion (1652–1733) unter dem Titel „Mathematische Werck-Schule, Oder Gründliche Anweisung, wie die Mathematische Instrumenten … zu gebrauchen“ herausgab. Er übernimmt für seine Übersetzung wörtlich den Begriff „instrumens“ der Vorlage. Hierbei handelt es sich um die alte Schreibweise des Plurals „instruments“ von „instrument“.
„Instrument“ wird in dieser Zeit mit Werkzeug übersetzt. Darüber gibt der Artikel „Instrument, Werck-Zeug“ im Zedler-Lexikon Auskunft.[2] Danach würden insbesondere in der Angewandten (ausübenden) Mathematik diejenigen als mathematische Instrumente bezeichnet, mit denen man die in der Theorie vorausgesagten Eigenschaften der konkreten Quantitäten den „Sinnen vor Augen legen kann“. Zu den Instrumenten werden gezählt: Zirkel, Lineal, Messkette, Winkelmesser, Astrolabium, Quadrant, Fernrohr, Himmels- und Erdglobus, Wasserwaage. Im gleichen Lexikon wird unter „Meß-Kunst“[3] mitgeteilt, dass das Ausmessen durch „gewisse Instrumente, als Meß-Ketten, Meß-Tischlein“ usw. geschieht, dem dann die Berechnung folgt.
Das Institut für Mathematik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg besitzt eine Sammlung historischer mathematischer Instrumente des Industriezeitalters, für die Hans-Joachim Vollrath 2019 einen Bestandskatalog veröffentlichte.[4]
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nicolas Bion: Traité de la construction et des principaux usages des instrumens de mathématique. Paris 1709. 4. Aufl. 1752. Internet Archive
- Johann Gabriel Doppelmayr (Übersetzer): Nicolai Bion … Neu-eröffnete Mathematische Werck-Schule, Oder Gründliche Anweisung, wie die Mathematische Instrumenten … zu gebrauchen... Nürnberg 1713. Digitalisat MDZ
- Johann Gabriel Doppelmayr: Weitere Eröffnung der neuen Mathematischen Werck-Schule, Nicolai Bion, in welcher sowol die Zubereitung als der Gebrauch verschiedener anderer Mathematischen, absonderlich der zur Geometrie und Optique gehörigen Instrumenten, die im besagten Auctore nicht zu finden, denen Liebhabern deutlich vor Augen geleget und erkläret werden. Nürnberg 1727. Weitere Nachweise siehe auf der Autorenseite.
- Andreas Galle: Mathematische Instrumente. Berlin 1912
- Friedrich Adolf Willers: Mathematische Instrumente. Berlin u. a. 1926; München u. a. 1943; Berlin 1951
- Walther Meyer zur Capellen: Mathematische Instrumente. Leipzig 1941; 2. Aufl. 1944; 3. Aufl. 1949
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans-Joachim Vollrath: Verborgene Ideen : historische mathematische Instrumente. Wiesbaden 2013
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Mathematisches Instrument im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ausstellung „Historische Winkelmesser“
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Original 2022 im Keplerhaus, Regensburg; siehe auch Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg S. 14. Text in: Johann Keppler … Denkschrift des historischen Vereins der Oberpfalz und von Regensburg (Regensburg 1842) S. 19 Google-Books
- ↑ Bd. 14 (1735) Sp. 761 S. 404. Volltext: HIS-Data (abgerufen am 22. Juni 2022)
- ↑ Bd. 20 (1739) Sp. 1203 S. 609
- ↑ Zeichnen, Messen, Rechnen : mathematische Instrumente des Industriezeitalters, Dettelbach a. M. 2019