Telefunkenwerk Zehlendorf

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Blick auf Uhrenturm, originaler Zustand, 2008
Teilrenovierter Zustand, 2012

Das Telefunkenwerk Zehlendorf ist ein Bauensemble im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Die von 1937 bis 1940 nach Plänen des Architekten Hans Hertlein errichteten Gebäude (damalige Postanschrift: Vierter Ring/Osteweg, heutiges Areal zwischen Goerzallee und dem Platz des 4. Juli in Lichterfelde) waren bis 1945 Stammwerk und Sitz der Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H.

Nach Kriegsende nutzten die US-Streitkräfte der Berlin Brigade das ehemalige Telefunkenwerk bis 1994 als Kaserne McNair Barracks. Die Gebäude wurden nach dem Jahr 2000 zum Großteil zu Wohnungen umgestaltet.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die viergeschossigen Hauptgebäude sind in Stahlskelettbauweise errichtet und mit Flachdach versehen. Die Hauptgebäude gruppieren sich um offene Höfe. Daneben befinden sich ein- bis zweigeschossige Nebengebäude. Die Fassaden sind verputzt und kaum verziert. Ein markanter neungeschossiger quadratischer Uhrturm, ebenfalls mit Flachdach, befindet sich an der nordöstlichen Ecke der Anlage.[1] Der Turm schließt sich an den ursprünglichen Verwaltungstrakt an. An dessen Stirnseite befindet sich ein figürliches Relief mit einer Allegorie über die Nutzung der Elektrotechnik durch die Menschheit.[2]

Bei der Renovierung ab 2010 wurde in den Hauptgebäuden eine Geschossaufstockung vorgenommen. Es entstanden Staffelgeschosse mit Dachterrassen.[3] Auch wurde teilweise eine Außendämmung angebracht (in der Regel genehmigen Denkmalbehörden nur Innendämmung) und die alten Fassaden nachgebildet.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Architekt Hans Hertlein, Leiter des Bauwesens der Siemens & Halske AG, legte 1937 den Bauentwurf vor. Siemens hielt bis 1941 einen 50-prozentigen Anteil an der Telefunken-Gesellschaft. Zur selben Zeit plante Hertlein für den Siemens-Konzern das Luftfahrtgerätewerk Hakenfelde (LGW) an der Streitstraße in Hakenfelde, das mit seinem Uhrturm die gleiche architektonische Handschrift zeigt.

Das Telefunken-Areal wurde 1938 angekauft, 1939 konnten die ersten Teile bezogen werden und 1940 wurden auch die kleineren Nebengebäude fertiggestellt.[1] Auf dem Areal wurden Entwicklungs- und Produktionsstätten sowie der Sitz angesiedelt.[5] Entwickelt und produziert wurden hauptsächlich Elektronenröhren und Funkanlagen.[1] Während des Zweiten Weltkrieges wurden Teile des Unternehmens zum Schutz ausgelagert.[6] Etwa zehn Prozent des Werkes wurde durch Kampfhandlungen zerstört.[7] Das beschädigte, aber funktionsfähige Werk wurde vollständig als Reparationsleistung demontiert.[8]

Nach der kurzen Besetzung durch Truppen der Roten Armee zwischen April und Ende Juni 1945 wurde der Gebäudekomplex als McNair-Barracks, neben den Andrews Barracks und den Roosevelt Barracks, zur dritten großen US-Kaserne der Berlin Brigade ausgebaut. Der zerstörte Mitteltrakt wurde vereinfacht wieder aufgebaut.[2] Benannt wurde die Kaserne nach US-amerikanischen General Lesley J. McNair. Neben den Unterkünften der Soldaten waren am Standort Ausbildungseinrichtungen, Offizierskasinos bzw. Mannschaftsheime, Turnhallen, Bäckerei, Bibliothek, mehrere Läden sowie ein Kino untergebracht.[1] Zeitweise waren bis 2300 Soldaten in der Kaserne stationiert.[9] Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 und dem darauf folgenden Abzug der US-Streitkräfte wurde das Gelände 1994 der Stadt Berlin übergeben.[1]

Seit 1993 befand sich auf dem Gelände das McNair Museum. Es dokumentierte die vielfältige Geschichte der zivilen Angestellten, die bei den drei westlichen Alliierten beschäftigt waren.[10] 1995 wurde das 60.000 Quadratmeter große Bauensemble unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Flughafen Tempelhof ist es das zweitgrößte Denkmal Berlins.[11]

Die einzelne Gebäude wurden an verschiedene Investoren verkauft[1] und sind zu Loftwohnungen, Penthäusern und Maisonetten umfunktioniert worden. Auch Einrichtungen wie die Phorms-Schule zogen in renovierte Gebäude ein.[12] Die verschiedenen Bauabschnitte für Wohnraum waren Lesley-Lofts, Loftland und Monroe-Park.[13] Die Lesley-Lofts sind nach Lesley J. McNair, dem Namensgeber der früheren Kaserne, benannt. Der Monroe-Park erinnert hingegen an die US-amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe und spielt damit auf die Mittelpromenade der ehemaligen Kaserne an, die nach dem Regisseur Billy Wilder benannt ist.[11] Der Monroe Park wurde von dem Architekten Sergei Tchoban geplant[12] und konnte erst mit einer vierjährigen Verspätung ausgeführt werden, da der Investor Lehman Brothers 2008 Insolvenz anmelden musste.[4]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Telefunken Berlin-Lichterfelde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Senatsverwaltung für Kultur und Europa: McNair Barracks – Hauptquartier der Berlin Brigade (Memento des Originals vom 27. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtentwicklung.berlin.de
  2. a b Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933–1945: ein Stadtführer, Lukas Verlag, 2004, ISBN 978-3-936872-26-2, S. 167 [1]
  3. Bis 2012 entsteht der Monroe-Park in Lichterfelde. In: Berliner Morgenpost, 29. April 2009 [2]
  4. a b Ralf Schönball: Steglitz Verspäteter Baustart für Monroe-Park. In: Der Tagesspiegel, 30. September 2010, [3]
  5. Thiele: Telefunken nach 100 Jahren, 2003, S. 31
  6. Günter Schlusche: Stadtentwicklung im doppelten Berlin: Zeitgenossenschaften und Erinnerungsorte, Ch. Links Verlag, 2014, ISBN 978-3-86153-810-3, S. 256 [4]
  7. Telefunken GmbH: Festschrift zum 50 jährigen Jubiläum der Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H., Gleichzeitig als 100. Ausgabe der Telefunken-Zeitung, in: Telefunken-Zeitung, 26. Jg., Nr. 100, Mai 1953, S. 211–212 (auf nvhrbiblio.nl online PDF; 13,9 MB)
  8. Thiele: Telefunken nach 100 Jahren, 2003, S. 40
  9. Simon Duke, Stockholm International Peace Research Institute: United States Military Forces and Installations in Europe, Oxford University Press, 1989, ISBN 978-0-19-829132-9, S. 100, [5]
  10. [6]
  11. a b Claudia Fuchs: Aus der Kaserne der Amerikaner werden Wohnungen. In: Berliner Zeitung, 19. September 2007 [7]
  12. a b Senatsverwaltung für Kultur und Europa: Tag des offenen Denkmals 2009: Ehem. Telefunken-Werke [8]
  13. Christian Hunziker: Die Lücken füllen sich. In: Der Tagesspiegel, 21. April 2012 [9]

Koordinaten: 52° 25′ 12″ N, 13° 17′ 8″ O