Musular

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Koordinaten: 38° 20′ 51″ N, 34° 13′ 33,5″ O

Reliefkarte: Türkei
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Musular
Funde aus Musular und Güvercinkaya im Aksaray-Museum

Musular ist eine archäologische Fundstelle des ausgehenden akeramischen Neolithikums und des keramischen Neolithikums im kappadokischen Zentralanatolien. Sie liegt beim Dorf Kızılkaya, Aksaray, 400 m von Aşıklı Höyük entfernt und datiert zwischen 7600–7200 cal BC.[1]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musular wurde im Zuge von Feldbegehungen durch Ian Todds Aşıklı-Projekt entdeckt; zwischen 1997- 2004 fanden unter Leitung von Mihriban Özbaşaran von der Universität Istanbul Ausgrabungen statt. Dabei wurde eine Fläche von 220 × 120 m aufgedeckt.[2] Musular wurde auf Tufffelsen gegründet[3]. Es handelt sich um eine offene Siedlung. Der Bach Melendiz, der im Melendiz-Gebirge entspringt, trennt sie von Aşıklı Höyük. Die Fundstellen des akeramischen Neolithikums[4] von Gedikbaşı und Yellibelen Tepesi liegen weniger als 1,5 km von Musular entfernt. Während Gedikbaşı und Yellibelen bisher vor allem durch Feldbegehungen untersucht wurden, fanden in Aşıklı Höyük Ausgrabungen statt.

Kulturelles Umfeld[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musular datiert in die Zeit der jüngsten Schicht von Aşıklı Höyük. Vermutlich wurde hier vor allem Jagd-Beute verarbeitet. Die in Musular gefundenen Rinder waren durchschnittlich größer als die in Aşıklı Höyük und vermutlich vor allem männlich. Bei beiden Fundstellen ist unklar, ob die Rinder bereits domestiziert waren.[1] Eine jüngere Schicht gehört bereits dem keramischen Neolithikum an.[5]

Befunde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Gebäude in Musular besaß innen eine Mulde. Es war mit einem rot gefärbten Kalkboden und Lehmbänken ausgestattet. Das rechteckige Gebäude A war teilweise auf dem gewachsenen Felsen erbaut. Es besaß einen roten Fußboden aus gebranntem Kalk und Lehmbänke auf der südlichen, westlichen und östlichen Seite. Eine quadratische Herdstelle bestand aus Stampflehm. Außerdem fanden sich im Innenraum zwei Pfostenlöcher und zwei Gruben. Es ähnelt Gebäude T in Aşıklı Höyük.[6] Der Ort war mit Wasserkanälen durchzogen, die teilweise in den Felsen eingetieft sind. Güneş und Özbaşaran halten diese nicht für Entwässerungskanäle.[7] Vorratsräume, Mahlsteine oder ähnliche Hinweise auf eine Siedlungstätigkeit fehlen. Daraus wird geschlossen, dass es sich um einen Außenbezirk Aşıklı Höyüks mit besonderen Funktionen handelte. Özbaşaran[8] nimmt eine rituelle Funktion an, nach Asouti vielleicht in Verbindung mit der Rinderjagd[9]. Die große Anzahl der Kratzer scheint auf Fellbearbeitung hinzudeuten. Lederbearbeitung wurde auch in späteren Zeiten wegen der Belästigung durch Geruch und Fliegen oft an den Siedlungsrand verbannt.

Funde und Fundverbleib[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Silexindustrie besteht fast ausschließlich aus Obsidian.[10] Debitage fehlt weitgehend, die Geräte wurden also anderswo hergestellt.[2] Der Obsidian stammt von Kayirli auf dem Göllü Dağ, 30 km südöstlich gelegen und dem Nenezi Dağ, 20 km im Osten.[11] Die Herkunft des verwendeten Feuersteins ist bisher ungeklärt.[11] Gebrauchsspurenanalysen belegen die Verarbeitung von Fleisch und Haut.[12] Knochenbearbeitung scheint in der Siedlung eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Ahlen in verschiedenen Größen und Formen sind mit 57 % der häufigste Geräte-Typ. Auch zerbrochene, aber sonst unbearbeitete Knochen wurden genutzt. Eine mögliche Armschutzplatte stammt aus den Schichten des keramischen Neolithikums, könnte aber aus früheren Schichten verlagert sein.[5] Vergleichbare Exemplare sind aus Çatal Höyük bekannt.[13] Ein unfertiger Beinkamm[14] ist bislang singulär. Auch unter den Knochengeräten herrschen, soweit bestimmbar, Rinderknochen vor.

Funde aus Musular sind im Museum von Aksaray ausgestellt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Duru Güneş, Mihriban Özbaşaran: A ‘non domestic’ site in Central Anatolia. In: Anatolia Antiqua. 13, 2005, 15–28. doi:10.3406/anata.2005.1034 (persee.fr).
  • Nurcan Kayacan: Chipped stone industry of the Neolithic site of Musular (Cappadocia): Preliminary results. In: Anatolia Antiqua 11, 2003, 1-10; doi:10.3406/anata.2003.991 (persee.fr).
  • Mihriban Özbaşaran: The Neolithic site of Musular - Central Anatolia. In: Anatolica 26, 2000, S. 129–151
  • Mihriban Özbaşaran: Musular, in Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien [Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2007 im Badischen Landesmuseum Schloss Karlsruhe, 20.1.- 17.6.2007], hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2007, S. 117.
  • Mihriban Özbaşaran, Güneş Duru, Nurcan Kayacan, B. Erdogu, Hijlke Buitenhuis: Musular. The 8th Millennium cal. BC Satellite Site of Aşıklı. In: M. Özdogan, N. Başgelen, Peter Kuniholm (Hrsg.) The Neolithic in Turkey. New Excavations and new Research 3, Central Turkey. Archaeology and Art Publications, Istanbul 2012, S. 159–180.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Nerissa Russell, Louise Martin, Hijlke Buitenhuis: Cattle Domestication at Çatalhöyük revisited. In: Current Anthropology 46/S5, 2005, S103. JSTOR:10.1086/497664
  2. a b Kayacan Nurcan: Chipped stone industry of the Neolithic site of Musular (Cappadocia): Preliminary Results. In: Anatolia Antiqua. 11, 2003, S. 3.
  3. Nach Güneş und Özbaşaran (2005, 18) auf gewachsenem Kalkstein
  4. Eva Rosenstock, Like a su böreği: settlements and site formation processes in Neolithic Turkey. In: M. Özdoğan, N. Başgelen, Peter Kuniholm (Hrsg.), Neolithic in Turkey 6, 10500-5200 BC. Istanbul, Arkeoloji ve Sanat 2014, 242
  5. a b Duru Güneş, Mihriban Özbaşaran: A ‘non domestic’ site in Central Anatolia. In: Anatolia Antiqua. 13, 2005, S. 23. doi:10.3406/anata.2005.1034.
  6. Duru Güneş, Mihriban Özbaşaran: A ‘non domestic’ site in Central Anatolia. In: Anatolia Antiqua. 13, 2005, S. 18. doi:10.3406/anata.2005.1034.
  7. Duru Güneş, Mihriban Özbaşaran: A ‘non domestic’ site in Central Anatolia. In: Anatolia Antiqua. 13, 2005, S. 19. doi:10.3406/anata.2005.1034.
  8. Mihriban Özbaşaran, The Neolithic site of Musular - Central Anatolia. Anatolica 26, 2000, S. 129–151
  9. Eleni Asouti, Group Identity and the Politics of Dwelling at Neolithic Çatalhöyük. In: Ian Hodder (Hrsg.), Çatalhöyük perspectives: Themes from the 1995–99 seasons. Çatalhöyük Research Project 6. Cambridge, Cambridge University Press 80
  10. Nurcan Kayacan, Mihriban Özbaşaran: The Choice of Obsidian and its Use at Musular—Central Anatolia. In: Laurence Astruc, Didier Binder, François Briois (Hrsg.): Les communautés du Néolithique pré-céramique d’Eurasia: de l’analyse de la diversité des systémes techniques a la caractérisation des comportements sociaux. Editions APDCA, Antibes2007 229–233.
  11. a b Kayacan Nurcan: Chipped stone industry of the Neolithic site of Musular (Cappadocia): Preliminary Results. In: Anatolia Antiqua. 11, 2003, S. 6.
  12. Laurence Astruc, Nurcan Kayacan, Mihriban Özbaşaran, Technical Activities held at Musular (VIIIth Millenium BC, Central Anatolia): A Preliminary use-wear Analysis of lithic Tools. Arkeometri Sonuçları Toplantısı 23, 2008, 165–172.
  13. James Mellaart: Excavations at Çatal Höyük. 1963, Third preliminary Report, Anatolian Studies. 1964, 100.
  14. Duru Güneş, Mihriban Özbaşaran: A ‘non domestic’' site in Central Anatolia. In: Anatolia Antiqua 13, 2005, fig. 12, S. 4.