Sabine Hossenfelder

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Sabine Hossenfelder (2017)

Sabine Karin Doris Hossenfelder (* 18. September 1976 in Frankfurt am Main[1][2]) ist eine deutsche theoretische Physikerin, Wissenschaftsjournalistin und Webvideoproduzentin.[3] Sie befasst sich mit Gravitation und Quantengravitation sowie Physik jenseits des Standardmodells.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hossenfelder studierte nach dem Abitur 1995 am Albert-Einstein-Gymnasium in Schwalbach am Taunus zunächst bis zum Vordiplom 1997 Mathematik und danach Physik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit dem Diplom „mit Auszeichnung“ 2000 bei Walter Greiner (Particle Production in Time Dependent Gravitational Fields) und der Promotion bei Horst Stöcker 2003 (Schwarze Löcher in Extra-Dimensionen: Eigenschaften und Nachweis[1]). Als Post-Doktorandin war sie am GSI Darmstadt, 2004/05 an der University of Arizona, 2005/06 an der University of California, Santa Barbara und 2006 bis 2009 am Perimeter Institute. 2010 bis 2012 legte sie eine Kinderpause ein.[4]

2009 bis 2015 wirkte sie als Assistant Professor an der Nordita in Stockholm. Sie war bis Anfang 2023 Research Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und arbeitet seit April 2023 als External Member des Munich Center for Mathematical Philosophy (MCMP).

Hossenfelder schreibt als freie Autorin über naturwissenschaftliche Themen, auch unter dem Pseudonym Bee in ihrem Blog Backreaction[5] und für die Kolumnen „Starts with a Bang“ des Forbes Magazine sowie „Hossenfelders Stichproben“ in Bild der Wissenschaft. Auf ihrem YouTube-Kanal[6] führt sie regelmäßig anhand einzelner Fragen in grundlegende Fragestellungen der modernen Physik ein, veröffentlicht Musikvideos mit physikalischen und popkulturellen Referenzen sowie Interviews mit anderen Forschern.

Schwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hossenfelder forscht unter anderem über experimentell oder in Beobachtungen überprüfbare Aussagen von Theorien der Quantengravitation (wie Verletzung der Lorentzinvarianz und Lokalität) und phänomenologische Modelle der Quantengravitation. 2018 gab sie darüber einen Sammelband heraus.

2018 veröffentlichte sie ein Buch unter dem Titel Lost in Math: How Beauty Leads Physics Astray (deutscher Titel Das hässliche Universum),[7] in dem sie verschiedene Fehlentwicklungen kritisiert. Dies betrifft ihrer Meinung nach die Suche nach mathematischer Schönheit fundamentaler Theorien in der Physik (→ Wissenschaftsästhetik). Gegenstand ihrer Kritik ist auch die Stringtheorie und Supersymmetrie, zu denen seit Jahrzehnten Bestätigungen ausstehen (Superpartner, Extradimensionen) bzw. Vorhersagen immer wieder widerlegt wurden (WIMP-Wunder[8]). Sie kritisiert auch die Erklärungsversuche mit prinzipiell unbeobachtbaren Phänomenen wie Multiversen. Viele der theoretischen Arbeiten seien ihr zufolge nutzlose Spekulationen: „Die meisten theoretischen Physiker, die ich kenne, studieren inzwischen Dinge, die noch niemand je gesehen oder gemessen hat.“[7]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Dominik Schwarz, Walter Greiner: Particle production in time-dependent gravitational fields: the expanding mass shell. In: Classical and Quantum Gravity, Band 20, 2003, S. 2337–2354, arxiv:gr-qc/0210110
  • Experimental Search for Quantum Gravity. In: V. R. Frignanni: Classical and Quantum Gravity: Theory, Analysis and Applications. 5. Nova Publishers 2011, arxiv:1010.3420
  • What black holes can teach us. In: Focus on Black Hole Research. Nova Science Publ. 2005, arxiv:hep-ph/0412265
  • Science needs reason to be trusted. In: Nature Physics, Band 13, 2017, S. 316–317
  • mit C. Marletto, V. Verdol: Quantum gravity: Quantum effects in the gravitational field. In: Nature, Band 549, 2017, S. 31, doi:10.1038/549031a
  • Lost in Math: How Beauty Leads Physics Astray. New York, NY : Basic Books, 2018
    • Das hässliche Universum: Warum unsere Suche nach Schönheit die Physik in die Sackgasse führt. Übersetzung Gabriele Gockel, Sonja Schuhmacher. Frankfurt am Main: S. Fischer, 2018 ISBN 978-3-10-397246-7.
  • (Hrsg.): Experimental Search for Quantum Gravity. Springer 2018
  • Existential Physics: A Scientist's Guide to Life's Biggest Questions
  • Kolumne in der Bild der Wissenschaft

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sabine Hossenfelder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Website von Sabine Hossenfelder
  • John Horgan: Physicist Sabine Hossenfelder Fears Theorists, Lacking Data, May Succumb to “Wishful Thinking”. In: Scientific American. 1. Februar 2016; (englisch).
  • Daniel Finkernagel: Sabine Hossenfelder: Das hässliche Universum. (mp3-Audio, 33,5 MB, 35:44 Minuten) In: WDR-3-Sendung „Gespräch am Samstag“. 3. November 2018, archiviert vom Original;.
  • Ulf von Rauchhaupt: Verführte Physiker. FAZ, 10. Juli 2018;.
  • Was läuft falsch in der gegenwärtigen Physik? (YouTube) Vortrag an der Universität Stuttgart, 29. April 2019.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Angaben in ihrer Dissertation: Sabine Hossenfelder: Schwarze Löcher in Extra-Dimensionen : Eigenschaften und Nachweis. Hrsg.: Universität Frankfurt. 2003 (uni-frankfurt.de).
  2. Arno Widmann: Die Grundlagenphysik hat sich vergaloppiert, sagt die Physikerin Sabine Hossenfelder im Interview. In: fr.de. 2. Januar 2018, abgerufen am 16. März 2024.
  3. Killian Fox: Physicist Sabine Hossenfelder: ‘There are quite a few areas where physics blurs into religion’. In: The Observer. 26. November 2022, ISSN 0029-7712 (theguardian.com [abgerufen am 19. August 2023]).
  4. Curriculum Vitae auf ihrer Homepage (Memento vom 28. Januar 2019 im Internet Archive)
  5. Sabine Hossenfelder: Backreaction. (Blog) Abgerufen am 17. April 2023.
  6. Kanal von Sabine Hossenfelder auf YouTube
  7. a b Manfred Dworschak: Weltformel: Eine irregeleitete Suche. Interview: "Die überwiegende Mehrzahl dieser Arbeiten ist komplett nutzlos". In: Der Spiegel Nr. 24, S. 103–105. 8. Juni 2018, abgerufen am 16. März 2024.
  8. S. Hossenfelder: Das hässliche Universum, S. 261ff