TR 4 (Rechner)

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Telefunken TR 4

TR 4 (Telefunken-Rechner) ist die Bezeichnung des ersten von der Firma AEG Telefunken entwickelten Großrechners. Der Prototyp wurde in Backnang ab 1956 vom Telefunken-Geschäftsbereich Anlagen Weitverkehr (AW) entworfen. Das erste System wurde 1962 auf der Hannover-Messe der Öffentlichkeit vorgestellt und war zu dieser Zeit der größte in Europa entwickelte Digitalrechner. Er kostete mit Peripherie etwa 5 Millionen Deutsche Mark.[Anm. 1]

Die erste Serienanlage konnte 1962 im Institut für Angewandte Mathematik der Universität Hamburg in Betrieb genommen werden. In den beiden folgenden Jahren lieferte das Werk Backnang drei weitere TR 4 an die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) und das NRW-Finanzministerium, bevor die Großrechnerentwicklung und -fertigung nach Konstanz in das dort bereits 1959 geschaffene Telefunken-Fachgebiet Informationstechnik verlegt wurde.

Führend beteiligt an der Entwicklung des TR 4 waren Wolfgang Händler und Otto Müller.

Bis 1967 wurden 23 Anlagen installiert, davon 19 in Deutschland.[1] Insgesamt sollen etwa 35 Anlagen in Betrieb gewesen sein.[2] Die Telefunken-Großrechner befanden sich u. a. an den Rechenzentren der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,[1] der Universität Stuttgart, der Universität Marburg,[3] sowie bei der Bundeswehr, der Finanzverwaltung, der Bundespost und der Bundesanstalt für Flugsicherung.[2] Ein Exemplar ist im Deutschen Museum in München ausgestellt.[4]

Der Rechner war ein binär arbeitender Parallelrechner mit Halbleiter-Schaltkreisen mit einer Taktfrequenz von 2 MHz. Als Hauptspeicher besaß er einen Ferritkernspeicher mit 28.672 Worten und einen Festspeicher mit 4096 Worten zu je 50 Bit (davon 2 Bit Typenkennung ähnlich wie bei seinem Nachfolgemodell TR 440), das entspricht etwa 0,2 MB.[1][5]

Die Datenein- und -ausgabe erfolgte mittels Magnetband, Lochstreifen- und Lochkartenleser bzw. -stanzer, Zeilendrucker, Plotter und Kontrollschreibmaschine.[6][7][8] Später trat auch ein Plattenspeicher hinzu.[9]

Das Betriebssystem entstand in Zusammenarbeit zwischen Telefunken und der Kommission für elektronisches Rechnen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie dem Rechenzentrum der TH München (heute Leibniz-Rechenzentrum).[10] Neben dem Betriebssystem und Dienstprogrammen waren die Assembler Externcode, SUSA und TEXAS, der ALGOL-Compiler ALCOR, ein Fortran- und ein COBOL-Compiler erhältlich.[7][10][11][12][13][14][15][16]

Der Rechner wurde u. a. von Rudolf Allmann, Hans Burzlaff, Erwin Hellner und Werner Fischer für Kristallstrukturanalysen eingesetzt.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Auf das Jahr 1962 bezogen entspricht dies inflationsbereinigt in heutiger Währung (Stand Januar 2024) rund 12.935.000 Euro.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Gerd Sapper: TELEFUNKEN TR4 am Leibniz-Rechenzentrum. 13. Mai 2007, abgerufen am 18. August 2014.
  2. a b Hans-Joachim Albinus: Hardwaremuseum (XII): AEG-Telefunken TR 440. (PDF) Die Zeit, 6. November 1996, abgerufen am 18. August 2014 (die TR 4 wird hierin als Vorgängermodell der TR 440 kurz beschrieben).
  3. Hochschulrechenzentrum Universität Marburg: Geschichtliche Entwicklung des HRZ. 5. Mai 2012, abgerufen am 7. Januar 2015.
  4. Universalrechner. In: Ausstellungen. Deutsches Museum, abgerufen am 2. Dezember 2020. Dort: 4. Bild der „Bildergalerie Rechner mit Halbleiterbauelementen“.
  5. Digital-Rechenanlage TR 4. (PDF) Telefunken GmbH, Juni 1959, abgerufen am 28. April 2015.
  6. Telefunken Informationstechnik Digitalrechner TR 4 – Informationen über die Ein- und Ausgabe
  7. a b Telefunken Digital-Rechenanlage TR4 – Bedienungs-Handbuch
  8. O. Fröhlich: Die Zentrale Rechenanlage der Philipps-Universität. In: alma mater philippina. WS 1970/71, Seiten 24–28
  9. Hochschulrechenzentrum Universität Marburg: Geschichtliche Entwicklung des HRZ. 13. Oktober 2013, abgerufen am 7. Januar 2015.
  10. a b Telefunken Großrechenanlage TR 4 – Betriebssystem
  11. Telefunken Informationstechnik Digitalrechner TR 4 – Dienstprogramme
  12. Telefunken Programmierhandbuch Digitale Rechenanlage TR4 – Anleitung für die Programmierung in Externcode
  13. Telefunken Informationstechnik Digitalrechner TR 4 – ALCOR TR 4 (1) (ALGOL-Formelübersetzer)
  14. Telefunken TR 4 Programm-Bibliothek TEXAS – Beschreibung der Sprache und der Verwendung des TEXAS-Operators.
  15. Telefunken TR 4 Programm-Bibliothek – SUSA Superprogramm für symbolische Adressierung.
  16. Telefunken Digital-Rechenanlage TR4 – FORTRAN-Handbuch