Wari-Staat
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Der Wari-Staat (oder Huari-Staat; IPA )[1] war ein Staat der vor-inkaischen Regionalkulturen Südamerikas und existierte in der Zeit von etwa 600 bis 1100 n. Chr. entlang der Küstenregion des heutigen Peru. Bevor strikter zwischen Tiwanaku und Wari unterschieden wurde, nannte man diese Kultur auch Küsten-Tiwanaku.[2]
Name Huari
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Name Huari (IPA ; Wari) stammt aus dem Aymara und bedeutet „verehrter Vorfahre“.[3]
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während der Zeit des Mittleren Horizontes bildeten sich um etwa 600 n. Chr. im Anden-Hochland und der pazifischen Küstenregion zwei Staaten heraus, welche die bestehenden Kulturen unterwarfen: der Wari- und der Tiwanaku-Staat, die eine gemeinsame Ikonografie teilten. Der militaristisch ausgerichtete Wari-Staat ging aus der Recuay-Kultur hervor und unterwarf die Nazca, die Mochica, die Huarpa und weitere kleinere kulturelle Zentren. Der Name der Kultur leitet sich aus dem Ort Huari (Wari) ab, dem politischen und städtebaulichen Zentrum des Staats, etwa 25 km nordöstlich der heutigen Stadt Ayacucho in Südperu.
Ausdehnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Einflussgebiet des Wari-Staats reichte zu seiner Blütezeit im 9. und 10. Jahrhundert über 1500 Kilometer von Sihuas (Arequipa) und Sicuani (Cuzco) im Süden des Reiches bis Piura und das Marañón-Tal im Norden und bedeckte eine Fläche von rund 300.000 Quadratkilometern. In der Hauptstadt lebten damals auf einer Fläche von 20 km² bis zu 100.000 Einwohner. Zeugnisse der eindrucksvollen Stadtarchitektur finden sich aber auch in Städten wie Otuzco (Cajamarca), Tomeval, Pikillaqta und Viracochapampa, die nach dem Vorbild der Hauptstadt gebaut wurden. Die verwaltungstechnische Infrastruktur der Wari kann als Muster für die spätere Inka-Kultur angesehen werden.
Ein Team aus peruanischen und japanischen Archäologen entdeckte 2023 nördlich der Hauptstadt Lima im Jequetepeque-Tal eine Ahnenkult-Stätte mit Gräbern und Opfergaben. Ihr Alter schätzten die Wissenschaftler auf mehr als 1000 Jahre und ordneten sie der Wari-Kultur zu. Es handelte sich um zwei Grabkammern mit Gruben für Mumien und Opfergaben für die Ahnen.[4][5]
Staat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ausdehnung des Wari-Staats war mit tiefgreifenden Veränderungen für das politische, soziale und religiöse Leben der Andenbevölkerung verbunden. Diese Veränderungen spiegelten sich in neuer Architektur, in urbanen Siedlungsstrukturen, einer ausgeweiteten Infrastruktur und einer militärisch organisierten Kultur wider. Charakteristische Eigenheiten der Tiwanaku-Wari-Ikonografie auf Textilien, im Kunsthandwerk und auf Keramiken, sind polychrome Elemente mit komplexen Ornamenten, darunter vor allem die auffallend häufige Verwendung von Tiermotiven, insbesondere Vögel und Pumas oder Jaguare.
Architektur und Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Wari-Staat wurden in Südamerika zum ersten Mal Städte angelegt, die von Verteidigungsmauern umgeben und schachbrettartig angelegt waren und die weit über religiöse Zentren hinausgingen. Die Hauptstadt Wari (Huari) war komplett mit Tempeln, Palästen und Bezirken ausgestattet, außerdem besaß die Stadt ein kompliziertes System von Kanälen und Aquädukten.
Bauwerke wie der Wari-Tempel Willkawayin nahe Huaraz waren bautechnisch sensationell. Den Willkahuain-Tempel krönt ein Satteldach aus gewaltigen glatten Steinplatten, innen und außen wechselten schwere Megalithe mit kleinformatigen Schieferlagen. Auf Grund dieser elastischen Baumasse erlitt der Tempel selbst bei dem schweren Erdbeben von 1970 nur zwei Risse.
Die Wari richteten zu ihrer Zeit ein Andenwegenetz ein, das von gleicher Genauigkeit war wie das spätere Wegenetz der Inka Qhapaq Ñan und von Ayacucho ausgehend bis zum Titicacasee im Süden und bis Piura im Norden reichte.
Ikonografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Wari-Staat bediente sich genauso wie der Tiwanaku-Staat der SAIS-Ikonografie.
Untergang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 11. Jahrhundert begann, parallel mit dem Niedergang des Tiwanaku-Staats, auch der wirtschaftliche Niedergang des Wari-Staats. Die Bevölkerungszahl ging zurück, die Hauptstadt Huari und andere Städte im Hochland wurden nach und nach aufgegeben. Später verließen die Menschen auch die Städte an der Küste und zogen sich in die dörflichen Siedlungen zurück. Es wird vermutet, dass möglicherweise klimatische Veränderungen im Zusammenhang mit El Niño den Untergang dieser Kultur verursacht haben, ohne dass jedoch bisher genauere Erkenntnisse vorliegen.[6]
Mit dem Untergang des Wari-Staats verlor sich auch deren einende Kraft; für mehrere Jahrhunderte war die Andenregion wieder durch selbständige Regionalreiche und regionale Kulturen geprägt.
Galerie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wari-Steinfigur mit Einlagen aus Muscheln und farbigen Steinen; Sammlung Ebnöther im Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen
- Wari-Artefakte
- Wari-Keramik im Staatlichen Museum für Völkerkunde München
- Textil aus dem 8. Jahrhundert n. Chr
- Behälter mit SAIS-Ikonografie
- Hand die einen Gefangenen zeigt im Staatlichen Museum für Völkerkunde München
- Wari-Figur mit vierzipfliger Mütze
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Huari-Rigg, eine Takelungsart von Segelbooten
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heather Pringle: Das Geheimnis von El Castillo. In: National Geographie Special: Abenteuer Archäologie. Nr. 4/2018. G+J NG Media, 2018, ISSN 2363-9733, S. 26–43.
- Tiffiny A. Tung: Violence, Ritual, and the Wari Empire: A Social Bioarchaeology of Imperialism in the Ancient Andes. University Press of Florida, 2012. ISBN 978-0-8130-3767-7. (englisch)
- Justin Jennings: Beyond Wari Walls: Regional Perspectives on Middle Horizon Peru. University of New Mexico Press, Albuquerque 2010, ISBN 978-0-8263-4867-8. (englisch)
- Gordon F. McEwan (Hrsg.): Pikillacta: The Wari Empire in Cuzco. University of Iowa Press, Iowa City 2005, ISBN 978-0-87745-931-6. (englisch)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nina Weber: Peru: Archäologen entdecken 1300 Jahre altes Königinnengrab. In: Der Spiegel (online). 28. Juni 2013 .
- Heather Pringle: Peru – Das Geheimnis von El Castillo. In: National Geographic. Juli 2014, archiviert vom am 26. August 2014 .
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Lexikon der Geschichte. Orbis, Niedernhausen 2001. ISBN 3-572-01285-6
- ↑ Rolf Seeler: Peru und Bolivien. Indianerkulturen, Inka-Ruinen und barocke Kolonialpracht der Andenstaaten. DuMont, Köln 2001, ISBN 3-7701-4786-3, S. 56
- ↑ Wieslaw Wieckowski: Wari Women from Huarmey. Bioarchaeological Interpretation of Human Remains from the Wari Elite Mausoleum at Castillo de Huarmey, Peru (= Archaeolopress Pre-Columbian Archaeology 11). 1. Auflage. Archaeopress Publishing Ltd., Summertown (Oxford) 2019, ISBN 978-1-78969-184-9, S. 11 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Alternativ-ISBN 978-1-78969-185-6 [E-PDF]).
- ↑ Archäologen finden Ahnenkult-Stätte aus Vor-Inkazeit in Peru. In: tagesschau.de. Norddeutscher Rundfunk (NDR), 3. September 2023, abgerufen am 3. September 2023.
- ↑ Sven Scharf: Vor-Inkazeit: Archäologen finden Ahnenkult-Stätte der Wari. In: Der Spiegel (online). 4. September 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 12. September 2023] Online-Artikel vertont).
- ↑ Heinz Wanner: Klima und Mensch. Eine 12.000-jährige Geschichte. 2. Auflage. Haupt Verlag, 2020, ISBN 978-3-406-74376-4, S. 209–212.