Wohnhausgruppe Waack

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Der östliche der beiden Wohngebäude der Wohnhausgruppe Waack

Die Wohnhausgruppe Waack ist eine Wohnsiedlung im Stil des Neuen Bauens in Celle in Niedersachsen. Sie wurde 1927–1928 nach Plänen des Architekten Otto Haesler erbaut.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wohnhausgruppe Waack liegt im Celler Ortsteil Neuenhäusen an der erst kurz zuvor errichteten Schackstraße. Die Adressen sind: Schackstraße 3/3A (östliche Zeile) und Schackstraße 4/4a (westliche Zeile).

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der in verputzter Massivbauweise errichteten Wohnhausgruppe Waack handelt es sich um zwei parallel zueinander stehende, drei- bis viergeschossige Wohnhäuser in Nord-Süd-Ausrichtung. Sie bilden einen offenen begrünten Innenhof, der optisch auf der Rückseite in den benachbarten Neuenhäuser Friedhof übergeht.

Die beiden Hauszeilen sind nach vorne zur Straßenseite auf Dreigeschossigkeit abgestuft. Ihre gleichen Fassaden gliedern Eckbalkone, schmale Austrittbalkone und leicht vorspringende Küchenerker. Das Regenwasser des Flachdachs wird durch das Innere des Gebäudes abgeleitet, um die Fassadengliederung nicht durch Fallrohre optisch zu beeinträchtigen. Zwischen den Kellern beider Hauszeilen verläuft ein unterirdischer Gang, der auf Wunsch des Bauherrn Hans Waack angelegt wurde und im Zweiten Weltkrieg als Bunker diente.

Eine Besonderheit sind die Grundrisse als „gedoppeltes Einfamilienhaus“,[1] also übereinander gestapelte Maisonettewohnungen. Zum Thema „Die doppelgeschossige Etagenwohnung“ hatte Haesler 1930 publiziert,[2] auch am Beispiel der Wohnhausgruppe Waack. Ursprünglich befanden sich in den beiden Hauszeilen 14 doppelgeschossige Wohnungen mit 140 und 180 m² Wohnfläche, wobei sich Haesler von holländischen Vorbildern anregen ließ.[3] Die einzelnen Wohnungen waren in ein Schlaf- und ein Wohngeschoss unterteilt, die jeweils ein innerhalb der Wohnung liegendes Separat-Treppenhaus verband. Es gab neben Küche und Bad drei Wohnräume und vier Schlafräume.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der westliche Wohnblock mit Garageneinfahrt

Die Wohnhäuser sind nach dem Bauunternehmer Hans Waack benannt, der sie auf einem knapp 500 m² großen Grundstück errichteten ließ und dortselbst sein Büro unterhielt. Mit der Planung beauftragte er den Celler Architekten Otto Haesler.

Die großzügigen Mietwohnungen waren für den gehobenen Anspruch konzipiert, da durch das Oberlandesgericht Celle ein Bedarf an großen Wohnungen für „höhere Beamte“ bestand.[4]

Der im Juni 1927 gestellte Bauantrag mit einem Antrag auf Förderung durch Hauszinssteuern in Höhe von 200.000 Reichsmark wurde unter der Auflage eines Satteldachs anstatt des geplanten Flachdachs genehmigt. Die Angelegenheit führte zu einem der für die Rezeption des Neuen Bauens typischen Dächerstreite. In einer Stadtverordnetenversammlung lehnten linke Gruppen den Bau wegen der teuren Wohnungen ab, bürgerliche Gruppen forderten ein traditionelles Satteldach und die SPD enthielt sich. Nachdem die Bauarbeiten 1928 bereits begonnen hatten, rollte der Celler Oberbürgermeister Ernst Meyer als Befürworter des Flachdachs das Verfahren der Baugenehmigung nochmals auf. Als der Bauherr in einem weiteren Bauantrag nachweisen konnte, dass die Flachdachbauweise kostengünstiger sei, wurde das Flachdach genehmigt und schließlich gebaut.[5] Im Mai 1928[6] waren die Wohnungen bezugsfertig.

In den 1950er Jahren wurden die doppelgeschossigen Wohnungen mit Ausnahme einer Wohnung jeweils in zwei eigenständige Wohnungen getrennt.

Seit etwa dem Jahr 2006 sind die Gebäude im Besitz der Südheide e.g., die 2020 die Fassaden der Hauszeilen sanierte.[7][8] Das Ergebnis kritisierte die Otto-Haesler-Initiative, weil bei der Neugestaltung der Balkone die eleganten Originalbrüstungsgitter verloren gingen.[9]

Die Wohnhausgruppe Waack steht unter Denkmalschutz.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Otto Haesler: Mein Lebenswerk als Architekt. Berlin (Ost) 1957, S. 61–63.
  • Simone Oelker: Otto Haesler. Eine Architektenkarriere in der Weimarer Republik. Dölling und Galitz Verlag, München 2002, ISBN 3-935549-15-6, S. 138–142 und S. 294 f. (WV 94). – (Enthält auch Angaben zur Primärliteratur der 1920er Jahre, reproduzierte Grundrisse usw.).
  • Cellesche Zeitung (Hrsg.): Unterm Flachdach, in: 100 Jahre Bauhaus, 2018, S. 78–84.
  • „Waacksche Wohngruppe“ in der Schackstraße. Otto Haesler als „Bauhaus“-Architekt. In: revistalinke zeitung für politik und kultur in celle, Nr. 95, Juni/Juli/August 2019 (Digitalisat, abgerufen am 24. Februar 2021), S. 18–19.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wohnhausgruppe Waack – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Oelker: Otto Haesler, 2002, S. 140.
  2. Otto Haesler: Die doppelgeschossige Etagenwohnung. In: Die Form, Zeitschrift für gestaltende Arbeit, Jg. 5, Heft 9 vom 1. Mai 1930, S. 225–230, hier S. 226 (Digitalisat, abgerufen am 24. Februar 2021).
  3. Oelker: Otto Haesler, 2002, S. 142.
  4. Oelker: Otto Haesler, 2002, S. 140 (mit Originalzitat aus Haeslers Autobiographie von 1957).
  5. Zur Planungsgeschichte und zum Dächerstreit Oelker: Otto Haesler, 2002, S. 138 f. und S. 294.
  6. Oelker: Otto Haesler, 2002, S. 294.
  7. Architektonischer Schatz wird saniert in Cellesche Zeitung vom 16. Oktober 2018
  8. Dagny Siebke: Ein Jahr später geht es an Haesler-Bauten voran in Cellesche Zeitung vom 14. April 2020
  9. Dagny Siebke: Neue Balkone „Ohrfeige für Denkmalschutz“ in Cellesche Zeitung vom 7. Mai 2020
  10. Wohnhausgruppe Waack. In: Denkmalatlas Niedersachsen. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 21. Februar 2021.

Koordinaten: 52° 37′ 12,5″ N, 10° 4′ 11,4″ O