Kosinussatz
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Der Kosinussatz ist einer der fundamentalen Lehrsätze der Geometrie und hier dem Gebiet der Trigonometrie zugehörig. Er ist eng verwandt mit dem Satz des Pythagoras.
Für ebene Dreiecke ist der Kosinussatz einfach zu formulieren, da lediglich die Seitenlängen und eine Winkelfunktion benötigt werden. Für sphärische hingegen benötigt er sechs Winkelfunktionen. In beiden Fällen beinhaltet er drei Identitätsgleichungen, welche die Beziehungen zwischen den Längen der Seiten von Dreiecken und den Kosinuswerten ihrer Winkel darstellen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die erste moderne Version des Kosinussatz für ebene Dreiecke wurde vom persischen Mathematiker und Astronomen Dschamschid Masʿud al-Kaschi 1427 in seinem Werk Miftah al-Hisab (dt. Schlüssel des Rechnens) veröffentlicht. Der Satz wurde im 16. Jahrhundert von François Viéte in der westlichen Welt popularisiert.

Kosinussatz für ebene Dreiecke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die drei Seiten , und eines Dreiecks sowie für den der Seite gegenüberliegenden Winkel (d. h. den zwischen den Seiten und liegenden Winkel) gilt
- .
Entsprechende Gleichungen erhält man mit Hinblick auf die den Seiten und gegenüberliegenden Winkel bzw. :
Berechnungen in Dreiecken mit dem Kosinussatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kongruenzsätze SSS und SWS besagen, dass ein Dreieck durch die Vorgabe von drei Seiten oder von zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel vollständig bestimmt ist. Der Kosinussatz erlaubt es in diesen Fällen, aus den drei gegebenen Stücken ein viertes Stück (einen Winkel im Fall SSS bzw. die dritte Seite im Fall SWS) zu berechnen. Wenn man anschließend auch die übrigen Winkel eines Dreiecks ermitteln möchte, kann man wahlweise nochmal den Kosinussatz (mit auf den gesuchten Winkel angepassten Seitenbezeichnungen) oder den Sinussatz anwenden. Den letzten Winkel berechnet man am zweckmäßigsten über die Winkelsumme von 180°.
SWS-Fall
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Im SWS-Fall wird die Gleichung des Kosinussatzes durch Wurzelziehen nach der unbekannten Seitenlänge aufgelöst. Sind etwa die Seiten und sowie der der dazwischen leigende Winkel gegeben, so erhält man die fehlende Seite als
- .
SSS-Fall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im SSS-Fall wird die Gleichung des Kosinussatzes zunächst nach dem Kosinus des Winkels aufgelöst. Ist etwa der Winkel gesucht, so führt dies auf die Gleichung
- .
Hieraus erhält man den Winkel mithilfe des Arkuskosinus als
- .
Beweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Elementargeometrischer Beweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im folgenden Beweis wird vorausgesetzt. Für muss der Beweis geringfügig modifiziert werden. Für ergibt sich der Kosinussatz direkt aus dem Satz des Pythagoras.

In den Teildreiecken soll der Satz des Pythagoras angewandt werden, um einen Rechenausdruck für zu finden. Dazu benötigt man die Quadrate der Kathetenlängen dieses Teildreiecks:
- (Satz des Pythagoras für das rechte Teildreieck)
- (binomische Formel)
Nach Pythagoras gilt für das linke Teildreieck:
Es müssen also die beiden oben gefundenen Rechenausdrücke addiert werden:
Zusätzlich gilt
- bzw..
Einsetzen dieses Zwischenergebnisses in die Gleichung für ergibt die Behauptung:
Trigonometrischer Beweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Variante 1
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Zeichnet man das Lot auf der Seite ein (Figur 1), dann wird diese in zwei Abschnitte geteilt und es gilt:
Multiplikation mit ergibt
Analog erhält man für die beiden anderen Seiten die Gleichungen
Addiert man diese beiden Gleichungen, dann folgt daraus
Weil die rechte Seite der letzten Gleichung und die rechte Seite von übereinstimmen, kann man die beiden linken Seiten gleichsetzen:
Variante 2
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Hier ist der Rechenaufwand geringer, da die benötigten Informationen großenteils in die Beweisfigur (Figur 2) verlagert sind.
Nach dem Sehnensatz ergibt sich folgende Äquivalenzkette:[1]
Beweis mittels des Satz des Ptolemäus
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Das Dreieck mit den Seitenlängen , und wird seinem Umkreis einbeschrieben (Figur 3). Wird das Dreieck an der Mittelsenkrechten zu gespiegelt, dann ist das gespiegelte Dreieck kongruent zum Dreieck und hat denselben Umkreis, denn der Umkreismittelpunkt liegt auf der Mittelsenkrechten. Der Punkt liegt also auch auf diesem Umkreis. Weil die Dreiecke und kongruent sind, gilt und . Ist der Lotfußpunkt von auf die Seite und der Lotfußpunkt von auf die Seite , dann sind die Höhen und gleich lang und die rechtwinkligen Dreiecke und sind nach dem Kongruenzsatz SSW kongruent. Es gilt also . Daraus folgt
Die Punkte , , und bilden ein Sehnenviereck zum gegebenen Umkreis. Nun folgt der Kosinussatz aus dem Satz des Ptolemäus für das Sehnenviereck :
Beweis mittels Vektorrechnung
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Für ein Dreieck mit Winkel in definiert man die folgenden Vektoren:
- .
Damit gilt für die drei Vektoren die Beziehung und für die Seitenlängen des Dreieck gilt:
Mit den Rechenregeln für das Skalarprodukt und seiner geometrischen Definition erhält man dann:[2]
Beziehung zu anderen Sätzen der Geometrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beziehung zum Satz des Pythagoras
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für handelt es sich um ein rechtwinkliges Dreieck und der Kosinussatzes liefert wegen die Gleichung
- ,
also den Satz des Pythagoras. Der Satz des Pythagoras stellt somit einen Spezialfall des Kosinussatz dar bzw. der Kosinussatz eine Verallgemeinerung des Satz des Pythagoras. Andererseits folgt der Kosinussatz aber auch aus dem Satz des Pythagoras (siehe Beweis unten); somit sind der Kosinussatz und der Satz des Pythagoras (in jeder absoluten Geometrie) äquivalent zueinander.
Beziehung zum Projektionssatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In jedem ebenen Dreieck gelten für die Seiten und Winkel die Beziehungen
die unter dem Begriff Projektionssatz zusammengefasst werden.[3] Aus diesen drei Gleichungen folgen die drei Gleichungen des Kosinussatzes.[4] Im Rahmen der Trigonometrie der euklidischen Ebene folgen umgekehrt die Gleichungen des Projektionssatzes auch aus den Gleichungen des Kosinussatzes, so dass sie gleichwertig zu letzteren sind.[5][6]
Kosinussatz für Kugeldreiecke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim sphärischen Kosinussatz für Kugeldreiecke ist die Länge der Dreiecksseiten im Winkelmaß anzugeben, weshalb statt einer Winkelfunktion derer sechs auftreten. Das Analogon zum ebenen Satz lautet daher
- ,
wobei die Umkehr des Vorzeichens zu beachten ist. Diesem Seiten-Kosinussatz (hier für , analog für die Seiten und ) steht der Winkel-Kosinussatz gegenüber:
- ,
worin das erste Vorzeichen negativ ist.
Verallgemeinerung
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Mit Vektoren in reellen Skalarprodukträumen, also Vektorräumen mit Skalarprodukt , kann auch der Kosinussatz leicht verallgemeinert werden. Bezeichnet
die Skalarproduktnorm, also die Länge eines Vektors und mit
den Winkel zwischen den beiden Vektoren , dann gilt für die Norm des Vektors :
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sinussatz
- Tangenssatz
- Geometrie auf der Kugeloberfläche
- Dschamschid Masʿud al-Kaschi
- Formelsammlung Trigonometrie
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ilka Agricola, Thomas Friedrich: Elementargeometrie. Fachwissen für Studium und Mathematikunterricht. 4., überarbeitete Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-06730-4, doi:10.1007/978-3-658-06731-1.
- Heinrich Behnke, Friedrich Bachmann, Kuno Fladt, Wilhelm Süss (Hrsg.): Grundzüge der Mathematik. Band II. Geometrie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1960.
- I. N. Bronstein, K. A. Semendjajev, G. Musiol, H. Mühlig (Hrsg.): Taschenbuch der Mathematik. 7., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-8171-2007-9.
- Hanfried Lenz: Grundlagen der Elementarmathematik. 3., überarbeitete Auflage. Hanser Verlag, München (u. a.) 1976, ISBN 3-446-12160-9.
- Manfred Leppig (Hrsg.): Lernstufen Mathematik. 1. Auflage. Girardet, Essen 1981, ISBN 3-7736-2005-5, S. 192–193.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kosinussatz – Illustration und Beweis auf www.arndt-bruenner.de
- Herleitung des Kosinussatzes sowie Anwendung (Video)
- Law of Cosines – 2 Beweise auf proofwiki.org (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Roger B. Nelsen: Beweise ohne Worte. Springer Spektrum, Berlin / Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-50330-0, S. 41.
- ↑ Steffen Goebbels, Stefan Ritter: Mathematik verstehen und anwenden. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-57393-8, S. 439.
- ↑ I. N. Bronstein, K. A. Semendjajev: Taschenbuch der Mathematik. 2007, S. 146.
- ↑ Alexander Witting: Einführung in die Trigonometrie (= Mathematisch-physikalische Bibliothek). 1. Auflage. Vieweg, 1921, ISBN 978-3-663-15468-6, S. 34.
- ↑ Helmuth Gericke, F. Raith: Vektoren und Trigonometrie. In: Heinrich Behnke et al. (Hrsg.): Grundzüge der Mathematik. Band II. Geometrie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1960, S. 266 ff.
- ↑ Hanfried Lenz: Grundlagen der Elementarmathematik. 1976, S. 236.