Live Aid

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Die Live-Aid-Bühne in Philadelphia

Live Aid war ein Wohltätigkeitskonzert, das am 13. Juli 1985 zu Gunsten Afrikas stattfand. Es wurde maßgeblich von den Musikern Bob Geldof und Midge Ure aus Anlass der damals akuten Hungersnot in Äthiopien organisiert. Es war die Fortführung des Band-Aid-Projekts, das Geldof zuvor organisiert hatte. Darauf folgten noch Band-Aid-II (1989) und Band Aid 20 (2004). Live Aid war das bis dahin größte Rockkonzert der Geschichte. Es fand parallel im Londoner Wembley-Stadion (Untertitel Feed the World) und im John F. Kennedy Stadium in Philadelphia statt. Der Vorschlag für dieses Konzert stammte von Boy George, der dann mit seiner Band Culture Club trotz Einladung nicht teilnahm.[1]

Ablauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf den beiden Bühnen in London und Philadelphia traten abwechselnd für mehr als 16 Stunden die meisten der internationalen Topstars der damaligen Musikszene auf. (Michael Jackson, Bruce Springsteen und Prince nahmen nicht teil)[2]

Teilnehmer waren u. a.:

Besonderen Stellenwert bekam das Event noch zusätzlich durch Auftritte mehrerer Bands, die sich eigens für diesen Anlass wiedervereinigt hatten. Das gilt im Besonderen für Led Zeppelin – nach dem Tod des Schlagzeugers John Bonham 1980 aufgelöst und daher nun offiziell nur unter dem Namen „Plant, Page and Jones“ auftretend, mit Phil Collins und Tony Thompson (Chic) am Schlagzeug –, The Who – seit 1982 nicht mehr gemeinsam aufgetreten –, Crosby, Stills, Nash & Young, die seit 1974 nicht mehr zu viert gespielt hatten, Status Quo, die nach ihrem Abschiedskonzert ein Jahr zuvor keine Konzerte mehr geben wollten, und Black Sabbath, zum ersten Mal seit 1979 wieder mit Ozzy Osbourne als Sänger. Die Auftritte von Led Zeppelin und The Who standen dabei allerdings unter keinem guten Stern. Beide Gruppen waren hörbar unterprobt (Led Zeppelin verweigerte die Zustimmung zur Veröffentlichung auf der DVD), und während des Auftrittes von The Who brach die weltweite Satellitenübertragung zusammen.

Andere erwartete bzw. erhoffte Reunions kamen nicht zustande. So spielte Sting alleine ein Police-Set, Mick Jagger trat solo ohne die ebenfalls anwesenden Keith Richards und Ron Wood auf; diese beiden spielten zu dritt gemeinsam mit Bob Dylan. George Harrison, Ringo Starr und Julian Lennon wollten eine mögliche Beatles-Wiedervereinigung vermeiden.[3]

Phil Collins war der einzige Künstler, der auf beiden Konzerten auftrat. Nach seinem Auftritt im Wembley-Stadion flog er mit der Concorde nach Philadelphia und spielte dort unter anderem mit Led Zeppelin und Eric Clapton.

Der etwa 20-minütige Auftritt von Queen gilt auch heute noch nicht nur als ein Höhepunkt des Konzerts, sondern oft als bester Live-Auftritt.[4]

Das Konzert wurde weltweit per Satellit im Fernsehen und im Hörfunk übertragen und erreichte fast 1,5 Milliarden Menschen. In den USA sicherte sich der damals noch junge Musiksender MTV die Übertragungsrechte. In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Konzert in voller Länge in allen dritten Fernsehprogrammen übertragen. Parallel dazu erfolgte die Ausstrahlung im Hörfunk unter der Federführung von NDR 2 in den Hörfunkprogrammen der ARD.

Der Erlös der weltweiten Spendenaufrufe von ca. 200 Millionen DM (entsprächen heute 213 Millionen Euro) kam der Hungerhilfe in Afrika zugute. Am 9. November 2004 wurde ein DVD-Set von diesem Konzert mit etwa 10 Stunden Spieldauer veröffentlicht. Die Erlöse daraus sollen ebenfalls in die Hunger-Hilfe für Afrika fließen. Die Gelder flossen vor allem an die Organisationen UNICEF, Brot für die Welt und Band Aid Trust.

Am 2. Juli 2005 veranstaltete Geldof anlässlich der Konferenz der G8 in Edinburgh eine Fortsetzung der Live-Aid-Konzerte unter dem neuen Namen Live 8. Diesmal wurden keine Spenden gesammelt, sondern Unterschriften, die die Entscheidungsträger der G8-Staaten zur Erhöhung der Entwicklungshilfe und einen Schuldenerlass für Afrika veranlassen sollten. Höhepunkt war 2005 die einmalige Reunion von Pink Floyd in der klassischen Besetzung mit Roger Waters.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits früh wurde unterstellt, es sei vielen Künstlern eher um Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache statt um Hilfe für Afrika gegangen. Zudem wurde teils bemängelt, dass keine langfristige, strukturell nachhaltige Hilfe geleistet und die Ursachen des Hungers nicht bekämpft worden seien.

Im Juli 1986 bemängelte die britische Musikzeitschrift Spin, dass ein Großteil der Gelder v. a. dem sozialistischen Programm des Diktators Mengistu Haile Mariam sowie seiner Armee zugutegekommen sei, wodurch es dieser u. a. möglich gewesen sei, die größte und am besten ausgestattete Armee in Subsahara-Afrika zu werden. Infolge des Artikels drohten mehrere Werbekunden der Musikindustrie, ihre Werbung in Spin einzustellen, und das Wallstreet Journal lobte die investigative Berichterstattung der Reporter.[5]

Im März 2010 behauptete der BBC-Journalist Martin Plaut, dass die mit der Verwendung des Geldes betrauten Nichtregierungsorganisationen getäuscht und etwa 95 Millionen Dollar der eingenommenen Spendengelder in Wahrheit an die Volksbefreiungsfront von Tigray weitergegeben worden seien.[6] Anstatt für Nahrung sollen diese für Waffen und den Aufbau eines marxistischen Parteiflügels verwendet worden sein. Die BBC stützte sich dabei auf Aussagen von Gebremedhin Araya, einem Ex-Mitglied der Volksbefreiungsfront, und Aregawi Berhe, dem ehemaligen Kommandanten. Plaut bezog sich auch auf einen Bericht der CIA.[7] Geldof bestritt die Vorwürfe in einem Interview mit der BBC.[8] Am 4. November 2010 entschuldigte sich diese bei ihm für den „irreführenden und unfairen Eindruck“ durch ihre Berichterstattung. Nach einer Untersuchung durch seine Beschwerde-Redaktion gab der Sender bekannt, dass es keine Beweise dafür gebe, dass Geld von Band Aid oder Live Aid veruntreut worden sei. Aussagen in Anspielung darauf wären besser nicht ausgestrahlt worden, hieß es. Geldof sprach von einer „ungewöhnlichen Verletzung“ der BBC-Standards.[9][10]

Playlist von „Live Aid“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das John F. Kennedy Stadium befand sich am Ort des heutigen Wells Fargo Centers. Wenige Tage nach dem Grateful-Dead-Konzert vom 7. Juli 1989 wurde das Stadion wegen schwerer Sicherheitsmängel mit sofortiger Wirkung geschlossen und im September 1992 abgerissen.[11]

DVD-Veröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 8. November 2004 wurde ein 4-DVD-Set der Auftritte mit Multi-Channel Surround Sound unter Warner Music Group veröffentlicht.[12]

Auszeichnungen für Musikverkäufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Land/Region Aus­zeich­nung­en für Mu­sik­ver­käu­fe
(Land/Region, Auszeichnung, Verkäufe)
Ver­käu­fe
 Australien (ARIA)[13]  2× Platin 30.000
 Kanada (MC)[14]  2× Diamant 200.000
 Neuseeland (RMNZ)[15]  6× Platin 30.000
 Österreich (IFPI)[16]  Gold 5.000
 Portugal (AFP)[17]  4× Platin 32.000
 Schweiz (IFPI)[18]  Platin 6.000
 Vereinigte Staaten (RIAA)[19]  10× Platin 1.000.000
 Vereinigtes Königreich (BPI)[20]  6× Platin 300.000
Insgesamt 1× Gold
29× Platin
2× Diamant
1.603.000

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bob Geldof: So war’s. Kindheit und Jugend in Dublin – Die Boomtown Rats – Band Aid und Live Aid. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1987, ISBN 978-3-462-01859-2.
  • Peter Gill: Famine and Foreigners: Ethiopia Since Live Aid.[21] Oxford University Press, 2010, ISBN 978-0-19-956984-7.
  • Ralf Friedrichs: The Lesson Today. Als ich in den 13. Juli 1985 zurückkehrte. Rheinlese Verlag, Ingelheim 2011. ISBN 978-3-9808820-6-4.
  • Tanja Müller: The Ethiopian famine revisited. Band Aid and the antipolitics of celebrity humanitarian action, in: Disasters 37 (1), 2012, S. 61–79.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Urmutter aller Benefizspektakel – Konzert brach alle Rekorde. In: orf.at. 13. Juli 2015, abgerufen am 13. Juli 2015.
  2. 1985: Das größte Musikspektakel aller Zeiten – Live Aid
  3. http://liveaid.free.fr/
  4. Queen win greatest live gig poll. In: news.bbc.co.uk. 9. November 2005, abgerufen am 24. Februar 2024.
  5. Live Aid: The Terrible Truth. In: Spin. 13. Juli 2015, abgerufen am 19. März 2018.(Artikel vom Juli 1986)
  6. BBC: Ethiopia famine aid 'spent on weapons'. Artikel vom 3. März 2010, abgerufen am 4. Juni 2010.
  7. cia.gov: CIA report 'Ethiopia: Political and Security Impact of the Drought' von 1985
  8. Spiegel Online: Bob Geldof bestreitet Spendenbetrug. Artikel vom 7. März 2010, abgerufen am 4. Juni 2010
  9. BBC bittet Bob Geldof um Verzeihung. In: Spiegel Online vom 4. November 2010
  10. BBC apologises over Band Aid money reports. in: BBC vom 4. November 2010
  11. City Closes Jfk Stadium. philly.com, 14. Juli 1998, abgerufen am 25. November 2013.
  12. Live Aid Festival 1985 (DVD). festivalsunited.com, 9. Oktober 2004, archiviert vom Original am 1. Februar 2021; abgerufen am 1. Februar 2021.
  13. ARIA Charts – Accreditations – 2005 DVD. Australian Recording Industry Association, archiviert vom Original am 31. Juli 2020; abgerufen am 1. Februar 2021 (englisch).
  14. Gold/Platinum. Music Canada, abgerufen am 1. Februar 2021 (englisch).
  15. Dean Scapolo: The Complete New Zealand Music Charts: 1966–2006. Hrsg.: Maurienne House. 2007, ISBN 978-1-877443-00-8 (englisch).
  16. Gold & Platin. IFPI Österreich, abgerufen am 1. Februar 2021.
  17. Top 30 DVD’s Musicais – Semana 52 de 2004. Associação Fonográfica Portuguesa, archiviert vom Original am 20. November 2010; abgerufen am 1. Februar 2021 (portugiesisch).
  18. Edelmetall. IFPI Schweiz, abgerufen am 1. Februar 2021.
  19. Gold & Platinum. Recording Industry Association of America, abgerufen am 1. Februar 2021 (englisch).
  20. Certified Awards Search. British Phonographic Industry, abgerufen am 1. Februar 2021 (englisch).
  21. Bob Geldofs besserwisserische Ignoranz. in: sueddeutsche.de vom 23. Oktober 2010.