Separabler Raum

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Der mathematische Begriff separabel bezeichnet in der Topologie und verwandten Gebieten eine häufig benutzte Abzählbarkeitseigenschaft von topologischen Räumen. Der Begriff ist dabei von besonderer Bedeutung in der Funktionalanalysis. Hier kann man beispielsweise zeigen, dass es in einem separablen Hilbertraum stets abzählbare Orthonormalbasen gibt.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein topologischer Raum heißt separabel, wenn es eine höchstens abzählbare Teilmenge gibt, die in diesem Raum dicht liegt.

Kriterien für separable Räume[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Besitzt ein topologischer Raum eine (höchstens) abzählbare Basis, so ist er separabel. (Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.)[1]
  • Für einen metrischen Raum gilt sogar:[2]
    • Dafür, dass eine abzählbare Basis besitzt, ist es notwendig und hinreichend, dass separabel ist.
  • Ein total beschränkter metrischer Raum ist stets separabel.[3]
  • Insbesondere ist jeder kompakte, metrisierbare Raum separabel. Genauer gilt:[4]
    • Ist ein metrisierbarer topologischer Raum, so sind die drei Eigenschaften,
      • (1) eine abzählbare Basis zu besitzen,
      • (2) lindelöfsch zu sein,
      • (3) separabel zu sein,
    äquivalent.[5]
  • Ein topologischer Vektorraum ist genau dann separabel, wenn es eine abzählbare Teilmenge gibt, sodass der davon erzeugte Untervektorraum dicht liegt.
  • Ist ein Hilbertraum von unendlicher Dimension, so sind stets die folgenden drei Bedingungen gleichwertig:[6][7]
    • (1) ist separabel.
    • (2) Alle Orthonormalbasen von sind abzählbar.
    • (3) In gibt es eine abzählbare Orthonormalbasis.
  • Für eine unendliche und mit der Ordnungstopologie versehene linear geordnete Menge sind die folgenden drei Bedingungen stets gleichwertig:[8]
  • Ist ein metrischer Raum zusammenhängend und lokal euklidisch, so ist er lindelöfsch und damit separabel.[9]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiele für separable Räume sind etwa:

  • Die Räume sind für separabel, da abzählbar ist und dicht in liegt.[10]
  • Es ist sogar jeder endlich-dimensionale normierte Raum über den reellen oder komplexen Zahlen separabel.
  • Die Räume , über einem separablen Maßraum , sind für separabel. Dies ist z. B. beim Lebesgue-Maß mit der borelschen σ-Algebra der Fall.
  • Die Folgenräume für sind separabel.[10] So liegt dicht in .
  • Der Raum der (reellen oder komplexen) Nullfolgen ist mit der Supremumsnorm ein separabler Banachraum.[11]
  • Der Raum der abbrechenden Folgen () ist mit der -Norm für separabel.
  • Für offene Teilmengen und natürliche Zahlen sind die Räume stets separabel.
  • Jede unendliche Menge mit kofiniter Topologie ist separabel, weil eine beliebige abzählbar unendliche Teilmenge als einzige abgeschlossene Obermenge den gesamten Raum hat.[12]
  • Die Niemytzki-Ebene (oder Moore-Ebene) ist ein separabler Raum, da die enthaltene abzählbare (!) Teilmenge der Punkte mit rationalen Koordinaten darin dicht liegt.[13][14]

Es lässt sich insbesondere bei (unendlichdimensionalen) normierten Räumen in der Regel leicht durch die explizite Angabe einer höchstens abzählbaren dichten Teilmenge zeigen, dass der Raum separabel ist. Für Folgenräume wie über den reellen oder komplexen Zahlen bieten sich beispielsweise die rationalen Zahlen an. So liegt derselbe Raum über den rationalen Zahlen deshalb dicht in , weil sich jede reelle Nullfolge in jedem Folgenglied durch rationale Zahlen annähern lässt ( dicht in ). Diese punktweise Konvergenz impliziert insbesondere Konvergenz in der Supremumsnorm und damit Konvergenz im Raum . Im komplexen Fall müssen Real- und Imaginärteil separat angenähert werden.

Gegenbeispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt einige bekannte Beispiele für nicht-separable Räume:

Permanenzeigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bilder von separablen Räumen unter stetigen Funktionen sind wieder separabel.[18] Die dichte Teilmenge im Bildraum ist das Bild der Funktion selbst.
  • Offene Unterräume separabler Räume sind stets ebenfalls separabel.[19]
  • Im Allgemeinen sind Unterräume separabler Räume nicht separabel. So enthält die erwähnte separable (!) Niemytzki-Ebene beispielsweise einen nicht-separablen Unterraum.[13]
  • Es gilt aber, dass Unterräume separabler metrischer Räume wieder separabel sind.[20]
  • Separabilitätssatz von Marczewski: Ist eine Familie separabler Räume und ist die Mächtigkeit von höchstens gleich der Mächtigkeit des Kontinuums , so ist mit der Produkttopologie ebenfalls separabel. Um dieses Resultat einzusehen, genügt es, die Separabilität von zu beweisen. Dazu überlegt man sich leicht, dass die abzählbare Menge der endlichen Summen von Funktionen aus dicht liegt, wobei die charakteristische Funktion des Intervalls ist.

Zusammenhang mit anderen Begriffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • In der englischen Fachliteratur wird ein topologischer Raum mit (höchstens) abzählbarer Basis von manchen Autoren als completely separable oder perfectly separable, also als vollständig separabel bzw. als vollkommen separabel bezeichnet.[21]
  • Lässt sich die Topologie eines separablen Raumes durch eine vollständige Metrik erzeugen, so nennt man einen polnischen Raum.[22]
  • Der Begriff des separablen Raumes steht in keiner Beziehung zum Begriff des separierten Raums.[23]

Zur Historie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Konzept des separablen Raumes geht zurück auf Maurice René Fréchet und seine Publikation Sur quelques points de calcul fonctionnel aus dem Jahre 1906.[24]
  • P. S. Alexandroff zufolge ist der Terminus separabel eine höchst unglückliche Bezeichnung (…), die sich bedauerlicherweise jedoch eingebürgert hat und allgemeine Verbreitung fand.[25]
  • Wie Horst Schubert im Jahre 1975 schrieb, bestanden (…) Tendenzen, ihn [den Terminus separabel] abzuschaffen.[23][26]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thorsten Camps, Stefan Kühling, Gerhard Rosenberger: Einführung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie. 2006, S. 34.
  2. P. S. Alexandroff: Einführung in die Mengenlehre und in die allgemeine Topologie. 1984, S. 121.
  3. Joseph Muscat: Functional Analysis. 2014, S. 68.
  4. Leszek Gasiński, Nikolaos S. Papageorgiou: Exercises in Analysis. Part 1. 2014, S. 8.
  5. Da Kompaktheit ein Spezialfall der Lindelöf-Eigenschaft ist, ergibt sich die zuvor genannte Aussage aus dieser Äquivalenz als Folgerung.
  6. Jürgen Heine: Topologie und Funktionalanalysis. 1970, S. 261.
  7. Dirk Werner: Funktionalanalysis. 2007, S. 235.
  8. Lutz Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. 1977, S. 129.
  9. Charles O. Christenson, William L. Voxman: Aspects of Topology. 1998, S. 420.
  10. a b Heine, op. cit, S. 72.
  11. G. J. O. Jameson: Topology and Normed Spaces. 1970, S. 159.
  12. Camps/Kühling/Rosenberger, op. cit, S. 18.
  13. a b Lynn A. Steen, J. Arthur Seebach, Jr.,: Counterexamples in Topology. 1970, S. 7, S. 100–103.
  14. Heine, op. cit, S. 86.
  15. Heine, op. cit, S. 72.
  16. Jameson, op. cit, S. 158.
  17. Stephen Willard: General Topology. 1970, S. 114.
  18. Als dichte Teilmenge im Bild dient einfach das Bild der dichten Teilmenge im Definitionsbereich.
  19. Führer, op. cit, S. 128.
  20. Dies folgt aus der oben genannten Äquivalenz, denn letztere überträgt sich offensichtlich auf die metrischen Unterräume.
  21. Steen/Seebach, op. cit, S. 162.
  22. Gasiński/Papageorgiou, op. cit, S. 226.
  23. a b Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 58.
  24. Willard, op. cit, S. 303.
  25. Alexandroff, op. cit, S. 120–121.
  26. Was jedoch offenbar nicht geschah.