Ulvöspinell

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Ulvöspinell
Dünnschliffprobe von Mondgestein aus dem „Ozean der Stürme“ (Landeposition der Apollo-12-Mission) mit einem Ulvöspinellkristall als Entmischungsprodukt aus Ilmenit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Uspl[1]

Andere Namen
Chemische Formel Fe2+2Ti4+O4[4][5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.04
IV/B.04-040[5]

4.BB.05
07.02.05.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227
Gitterparameter a = 8,51 Å[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5 bis 6[5] (VHN ≈ 650[6])
Dichte (g/cm3) berechnet: 4,78[6]
Spaltbarkeit fehlt[5]
Farbe schwarz, im Auflicht braun bis rötlichbraun[6]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Ulvöspinell, auch als Ulvit oder Titanspinell bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der Endgliedzusammensetzung Fe2+2Ti4+O4[4] und damit chemisch gesehen ein Eisen-Titan-Oxid. Strukturell zählt Ulvöspinell allerdings zur Gruppe der Spinelle. Entsprechend der allgemeinen Schreibweise für Spinelle (AB2X4) kann die Formel für Ulvöspinell auch mit Ti4+Fe2+2O4[7] angegeben werden.

Ulvöspinell kristallisiert im kubischen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur selten mit bloßem Auge sichtbare, skelettförmige Kristalle bis etwa 2 cm Größe und schwarzer, metallisch glänzender Farbe. Meist findet er sich in Form feinster Körnchen oder Entmischungs-„Netzwerke“ in Titanomagnetit oder Ilmenit.[6][2] Diese Ulvöspinellentmischungen in Magnetit wurden nach Buddington auch als Mogensenit bezeichnet.[8]

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde Ulvöspinell in der Grube Grundhamn auf der Insel Södra Ulvön in der schwedischen Gemeinde Örnsköldsvik (Västernorrland). Die Erstbeschreibung erfolgte 1946 durch Fredrik Mogensen, der das Mineral nach dessen Typlokalität benannte.[9]

Ulvöspinell war bereits vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 bekannt und das Mineral in der Fachwelt meist anerkannt. Als sogenanntes grandfathered Mineral (G) wurde die Anerkennung als eigenständige Mineralart von der Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen.[10]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial von Ulvöspinell ist nicht definiert.[6]

Die strukturelle Klassifikation der IMA zählt den Ulvöspinell zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Ahrensit, Brunogeierit, Filipstadit, Qandilit, Ringwoodit und Tegengrenit die nach ihm benannte Ulvöspinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[11]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ulvöspinell zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit Verhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo er zusammen mit Brunogeierit, Coulsonit, Magnesiocoulsonit, Qandilit und Vuorelainenit die Gruppe der „V/Ti/Ge-Spinelle“ mit der System-Nr. IV/B.04 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ulvöspinell ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Brunogeierit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Chromit, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Qandilit, Spinell, Trevorit, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildet.[12]

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ulvöspinell in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Mehrfache Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Qandilit in der „Titan-Untergruppe“ mit der System-Nr. 07.02.13 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.

Die Endgliedzusammensetzung Fe2TiO4 besteht aus 21,42 % Titan (Ti), 49,96 % Eisen (Fe) und 28,63 % Sauerstoff (O) in Form von 35,73 % TiO2 und 64,27 % FeO.[13]

Aufgrund der Mischkristallbildung zwischen Ulvöspinell und Magnetit (Fe2+Fe3+2O4), die oberhalb von 600 °C lückenlos ist,[14] enthalten natürliche Ulvöspinelle meist einen Überschuss an Eisen, der das Titan in der Formel vertritt. In kanadischen Mineralproben konnten zudem Fremdbeimengungen von Magnesium (1,8 % MgO), Aluminium (1,4 % Al2O3), Mangan (0,7 % MnO), Calcium (0,3 % CaO) und Vanadium (0,2 % V2O3) nachgewiesen werden.[6]

Kristallstruktur

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Ulvöspinell kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 8,51 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte

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Olivin-Nephelinit mit Oxykinoshitalit (gelber Pfeil), Ulvöspinell, Augit, Calcit und Apatit aus Fernando de Noronha, Brasilien (Größe 3,0 cm × 2,0 cm × 1,0 cm)

Ulvöspinell bildet sich üblicherweise als Komponente titanhaltiger Magnetit-Eisenerz-Lagerstätten wie beispielsweise an seiner Typlokalität Södra Ulvön (Västernorrland, Ångermanland) und am Taberg bei Månsarp (Gemeinde Jönköping) in der schwedischen Provinz Jönköpings.

Als seltene Mineralbildung ist Ulvöspinell nur von wenigen Fundorten bekannt, wobei bisher (Stand 2018) weniger als 90 Fundorte dokumentiert sind.[15]

In Deutschland fand sich Ulvöspinell in Form kleiner Kristalle und vergesellschaftet mit gediegen Eisen in den Basalten nahe Bühl bei Kassel in Hessen.[14] Des Weiteren trat das Mineral in den Basaltsteinbrüchen am Ettringer Bellerberg im Landkreis Mayen-Koblenz und am Rother Kopf bei Gerolstein im Landkreis Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz sowie am Löbauer Berg im Landkreis Görlitz in Sachsen auf.[16]

In Botswana wurde Ulvöspinell zusammen mit Freudenbergit, Ilmenit und dem 2012 neu entdeckten Mineral Kudryavtsevait in den AK-8-Kimberliten bei Orapa im Central District entdeckt. Weitere Funde in Kimberlit kennt man unter anderem aus dem Ondermatjie-Schlot bei Pofadder und der De-Beers-Diamantmine bei Kimberley in Südafrika.[16]

Als Nebengemengteil konnte Ulvöspinell teils in reiner Form, aber auch in Mischkristallen mit Chromit[14] in den basaltischen Gesteinsproben vom Mond nachgewiesen werden, die verschiedene Apollo-Missionen und die Luna-Mission 24 von den Kratern Descartes und Fra Mauro, dem Taurus-Littrow-Tal sowie den Maren Crisium, Tranquillitatis und Oceanus Procellarum mitbrachten. Zudem kennt man das Mineral als Bestandteil verschiedener Mond- und Marsmeteorite wie unter anderem Northwest Africa (NWA) 856, 2046, 3171, 4590 und weitere (Fundorte Marokko, Algerien und Mauretanien); LaPaz Icefield 02205, Allan Hills A77005, Elephant Moraine A79001 und Queen Alexandra Range 94201 (Fundort Ostantarktis); D'Orbigny (Fundort Provinz Buenos Aires, Argentinien); Ibitira (Fundort Minas Gerais, Brasilien); Piplia Kalan (Fundort Rajasthan, Indien); Dar Al Gani 319 (Fundort Al Jufrah, Libyen) sowie Dhofar 287 und Dhofar 925 (Fundort Oman).[16]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, China, Dänemark, Finnland, Kanada, Norwegen, Polen, Russland, Spanien, Tschechien und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[16] Je nach Fundort können als Begleitminerale neben den bereits genannten unter anderem noch Apatit, Biotit, Chalkopyrit, Cohenit, Graphit, Olivin, Plagioklas, Pyroxen, Pyrrhotin, Troilit auftreten.[6]


  • Fredrik Mogensen: A ferro-ortho-titanate ore from Södra Ulvön. In: Geologiska Föreningen i Stockholm Förhandlingar. Band 68, Nr. 4, 1946, S. 578–587, doi:10.1080/11035894609446484 (englisch).
  • Paul Ramdohr: Ulvöspinel and its significance in titaniferous iron ores. In: Economic Geology. Band 48, 1953, S. 677–688 (englisch).
  • Mavis Z. Stout, Peter Bayliss: Crystal structure of a natural titanomagnetite. In: The Canadian Mineralogist. Band 13, 1975, S. 86–88 (englisch, rruff.info [PDF; 264 kB; abgerufen am 22. September 2018]).
  • Mavis Z. Stout, Peter Bayliss: Crystal structure of two ferrian ulvöspinels from British Columbia. In: The Canadian Mineralogist. Band 18, Nr. 3, 1980, S. 339–341 (englisch, rruff.info [PDF; 225 kB; abgerufen am 22. September 2018]).
  • Ferdinando Bosi, Ulf Hålenius, Henrik Skogby: Crystal chemistry of the magnetite-ulvöspinel series. In: American Mineralogist. Band 94, 2009, S. 181–189 (englisch, rruff.info [PDF; 1,7 MB; abgerufen am 20. September 2018]).
  • Takamitsu Yamanaka, Atsushi Kyono, Yuki Nakamoto, Yue Meng, Svetlana Kharlamova, Victor V. Struzhkin, Ho-kwang Mao: High-pressure phase transitions of Fe3-xTixO4 solid solution up to 60 GPa correlated with electronic spin transition. In: American Mineralogist. Band 98, Nr. 4, 2013, S. 736–744, doi:10.2138/am.2013.4182 (englisch, abgerufen über De Gruyter Online).
Commons: Ulvöspinel – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 388.
  3. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 378.
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189.
  5. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b c d e f g Ulvöspinel. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 109 kB; abgerufen am 20. September 2018]).
  7. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 507 (Erstausgabe: 1891).
  8. Paul Ramdohr: Die Beziehungen von Fe-Ti-Erzen aus magmatischen Gesteinen. In: Bulletin de la Commission Géologieque de Finlande. Band 173, 1956, S. 9 (gtk.fi [PDF; 18,2 MB; abgerufen am 22. September 2018]).
  9. Fredrik Mogensen: A ferro-ortho-titanate ore from Södra Ulvön. In: Geologiska Föreningen i Stockholm Förhandlingar. Band 68, Nr. 4, 1946, S. 578–587, doi:10.1080/11035894609446484 (englisch).
  10. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  11. Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (englisch, Vorabversion online [PDF]).
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  13. Webmineral – Ulvöspinel (englisch)
  14. a b c Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 381.
  15. Mindat – Anzahl der Fundorte für Ulvöspinell
  16. a b c d Fundortliste für Ulvöspinell beim Mineralienatlas und bei Mindat