Vincentit

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Vincentit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1973-051[1]

IMA-Symbol

Vin[2]

Chemische Formel
  • Pd3As[1]
  • (Pd,Pt)3(As,Sb,Te)[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/A.05-020

2.AC.05a
02.02.05.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P2/m (Nr. 10)Vorlage:Raumgruppe/10
Gitterparameter a = 11,226(3) Å; b = 6,318(2) Å; c = 8,047(2) Å
β = 100,95(4)°[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte VHN15 = 494[5]
Dichte (g/cm3) nicht messbar; berechnet: 10,86[4]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe hellbräunlichgrau
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Vincentit (IMA-Symbol Vin[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Pd3As[1] und damit chemisch gesehen eine legierungsartige Verbindung aus Palladium und Arsen, die zur Verwandtschaft der Sulfide gehört.

Aufgrund der empirischen Analysen, bei denen auch geringe Gehalte an Platin, Antimon und Tellur nachgewiesen wurden, wird die chemische Zusammensetzung im Allgemeinen auch in der Formel (Pd,Pt)3(As,Sb,Te)[4][3] beschrieben. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Vincentit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, konnte jedoch bisher nur in Form mikrokristalliner Körner bis etwa 40 μm gefunden werden. Im Auflichtmikroskop zeigt das undurchsichtige Mineral eine hellbräunlichgraue Farbe und einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Vincentit nahe dem Fluss Riam Kanan in der Provinz Kalimantan Selatan auf der indonesischen Insel Borneo. Die Erstbeschreibung des Minerals publizierten Eugen Friedrich Stumpfl und Mahmud Tarkian 1974 im Mineralogical Magazine der Mineralogical Society of Great Britain and Ireland. Sie benannten es zu Ehren von Ewart Albert „David“ Vincent (1919–2012), dem früheren Leiter der Geologischen Fakultät an der University of Manchester (UK).[6]

Holotypmaterial des Minerals wird in der Sammlung des Mineralogischen Museum der Universität Hamburg aufbewahrt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Vincentit noch nicht verzeichnet.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/A.05-020. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Legierungen und legierungsartige Verbindungen“, wo Vincentit zusammen mit Arsenopalladinit, Atheneit, Genkinit, Isomertieit, Majakit, Menshikovit, Mertieit (ehemals Mertieit-II), Miessiit, Naldrettit, Palladoarsenid, Palladobismutoarsenid, Palladodymit, Polkanovit, Pseudomertieit (ehemals Mertieit-I), Rhodarsenid, Stibiopalladinit, Stillwaterit, Törnroosit, Ungavait und Zaccariniit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[8]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vincentit ebenfalls in die Abteilung der „Legierungen und legierungsartige Verbindungen“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Legierungen von Halbmetallen mit Platin-Gruppen-Elementen (PGE)“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Atheneit die unbenannte Gruppe 2.AC.05a bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Vincentit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 02.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=3:1“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincentit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P2/m (Raumgruppen-Nr. 10)Vorlage:Raumgruppe/10 mit den Gitterparametern a = 11,226(3) Å; b = 6,318(2) Å; c = 8,047(2) Å und β = 100,95(4)° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincentit fand sich in Form von Einschlüsse in eisenhaltigen Palladiumkörnern von Platin-Gold-Konzentraten, das neben den genannten Metallen noch Iridium, Osmium und Ruthenium enthielt.

Als sehr seltene Mineralbildung ist Vincentit nur aus wenigen Proben an bisher rund 15 bekannten Fundorten (Stand 2016) bekannt.[10] Seine Typlokalität, der Fluss Riam Kanan auf Borneo, ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Indonesien.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind die Lagerstätte „Marathon“ im Coldwell-Komplex im Thunder Bay District der kanadischen Provinz Ontario, die V-Ti-Fe-Lagerstätte „Hongge“ bei Yanbian in der südwestchinesischen Provinz Sichuan, der Fluss Miessijoki in der Gemeinde Inari in der finnischen Region Lappland, Lubin in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien, die Cu-Ni-Lagerstätte „Talnakh“ nahe Norilsk in Ostsibirien sowie einige Fundpunkte auf der Halbinsel Kola und in Karelien in Russland, die Sandsloot Mine bei Mokopane in der südafrikanischen Provinz Limpopo, die Sonju Lake Intrusion im Beaver-Bay-Komplex in Minnesota sowie die Townships West Nottingham (Chester County) und Fulton (Lancaster County) in Pennsylvania.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eugen F. Stumpfl, Mahmud Tarkian: Vincentite, a new palladium mineral from south-east Borneo. In: Mineralogical Magazine. Band 39, 1974, S. 525–527 (rruff.info [PDF; 908 kB]).
  • Mahmud Tarkian, Karl-Heinz Klaska, Eugen F. Stumpfl: New data on vincentite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 457–461 (rruff.info [PDF; 543 kB]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 59 (englisch).
  4. a b c d Mahmud Tarkian, Karl-Heinz Klaska, Eugen F. Stumpfl: New data on vincentite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 457–461 (rruff.info [PDF; 543 kB]).
  5. Vincentite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 81 kB; abgerufen am 1. Dezember 2022]).
  6. Vincentite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  7. A. Matthies: Typmineral-Katalog: Vincentit. Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, 27. April 2022, abgerufen am 1. Dezember 2022.
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  10. Localities for Vincentite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  11. Fundortliste für Vincentit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 1. Dezember 2022.