Wilhelm Ohnesorge (Politiker)

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Wilhelm Ohnesorge (mittig, Hut in der Hand) 1937

Karl Wilhelm Ohnesorge (* 8. Juni 1872 in Gräfenhainichen; † 1. Februar 1962 in München) war ein deutscher Politiker (NSDAP) in der Zeit des Nationalsozialismus und von 1937 bis 1945 Reichspostminister.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ohnesorge war der Sohn eines Telegraphenbeamten. Er trat 1890 als Eleve bei der Oberpostdirektion Frankfurt ein. Ohnesorge studierte dann Physik in Kiel und Berlin und wurde 1916 Postrat sowie Leiter des Postdienstes im Kaiserlichen Hauptquartier während des Ersten Weltkriegs. Nach dem Krieg war er Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund.[1] Seit 1920 war er mit Hitler bekannt, gründete noch im gleichen Jahr in Dortmund eine der ersten außerbayerischen Ortsgruppen der NSDAP und bezeichnete sich fortan als Hitlers „persönlichen Freund“. Im gleichen Jahr der Partei beigetreten (Mitgliedsnummer 42), war er Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP.

Nachdem er 1929 Präsident des Reichspostzentralamts geworden war, wechselte er 1933 als Staatssekretär in das Reichspostministerium und übernahm damit faktisch die Leitung des Ministeriums, lange bevor er am 2. Februar 1937 tatsächlich Paul von Eltz-Rübenach als Postminister folgte. Im Mai 1933 wurde Ohnesorge Beigeordneter im Vorstand des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).[2] Dieses Amt hielt er bis 1937.[3] Ebenfalls 1933 wurde er Vorsitzender des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE).[4]

Ohnesorge war nicht nur überzeugter Nationalsozialist, sondern auch ausgewiesener Techniker mit besonderem Interesse für die Übertragung von Bildsignalen über Draht und Funk. 1936 erwarb die Reichspost 44 Hektar Land um die Hakeburg und errichtete für 2,4 Millionen Reichsmark eine Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost. Die Hakeburg selbst wurde als Dienstwohnung mit Privatcharakter des Postministers dem Rechnungshof des Deutschen Reiches dargestellt.[5] Rund um diesen Privatwohnsitz in Kleinmachnow direkt am Machnower See organisierte Ohnesorge in Steingebäuden und Baracken bis kurz vor Kriegsende High-Tech-Forschung, welche die weltweit modernste Funk-Fernsehtechnik mit anderen Technologien wie der Raketenforschung verknüpfte.

Unter seiner Leitung engagierte sich das Reichspostministerium auch erheblich in der Atomforschung. Neueste Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass Ohnesorge einer der treibenden Köpfe beim „Uranprojekt“ war, der Entwicklung einer deutschen Atombombe. Mehrfach hat er dazu Hitler vorgetragen.[6] In Zeuthen wurde mit dem Bau eines großen Zyklotrons und einer Pilotanlage zur Isotopentrennung begonnen.[7]

In der Entnazifizierung nach 1945 stuften mehrere bayrische Spruchkammern Ohnesorge als Hauptschuldigen ein. Dieses Urteil wurde später zurückgenommen, die eingezogenen Vermögenswerte wurden nicht zurückerstattet, aber eine Pension bewilligt. 1942 hatte Ohnesorge von Hitler eine Dotation in Höhe von 250.000 Reichsmark erhalten.[8]

In der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR wurden mehrere seiner Schriften auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[9][10]

Seine Tochter ist die Programmredakteurin, ehemalige TV-Ansagerin und Moderatorin Lotti Ohnesorge.[11][12]

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus: Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919–1923. Leibniz, Hamburg 1970, ISBN 3-87473-000-X, S. 318, 327.
  2. Angelegenheiten des Vereines. In: Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure. Band 77, Nr. 22, 20. Juni 1933, S. 603.
  3. Marie-Luise Heuser, Wolfgang König: Tabellarische Zusammenstellungen zur Geschichte des VDI. In: Karl-Heinz Ludwig (Hrsg.): Technik, Ingenieure und Gesellschaft – Geschichte des Vereins Deutscher Ingenieure 1856–1981. VDI-Verlag, Düsseldorf 1981, ISBN 3-18-400510-0, S. 586–588.
  4. Theo Horstmann, Sabine Oetzel: 100 Jahre VDE Bezirksverein Rhein-Ruhr – Ein historischer Überblick. VDE Rhein-Ruhr e.V., 2003, abgerufen am 29. Januar 2022.
  5. Hubert Faensen, Leo Seidel, Hightech für Hitler: die Hakeburg--vom Forschungszentrum zur Kaderschmiede, 2001, S. 48
  6. Henry Picker: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier. Propyläen 1997. Unveröffentlichtes TV-Interview mit Rochus Misch, geführt von Heiko Petermann, Screen TV, 20. Mai 2002.
  7. Manfred von Ardenne: Ein glückliches Leben für Technik und Forschung. 6. Auflage. Verlag der Nation, Berlin 1982, S. 389.
  8. Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0
  9. Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, Liste der auszusondernden Literatur. Zentralverlag Berlin: 1946 Buchstabe O, Seiten 300–306.
  10. Ministerium für Volksbildung der Deutschen Demokratischen Republik, Liste der auszusondernden Literatur, dritter Nachtrag. VEB Deutscher Zentralverlag Berlin: 1953 Buchstabe O, S. 143–146
  11. Martin Morlock: Sex und Seele. In: Der Spiegel. Nr. 7, 1966 (online).
  12. Das Geisterhaus. In: tagesspiegel.de. Abgerufen am 24. Oktober 2016.