Henny Protzen-Kundmüller

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Henny Protzen-Kundmüller (* 26. August 1896 als Maria Anna Rosa Elisabeth Henriette Amalie Kundmüller in Bamberg; † 22. Oktober 1967 in München) war eine deutsche Malerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Henny Protzen-Kundmüller war Enkelin des Bamberger Malers Hans Kundmüller. 1917 siedelte sie nach München um und besuchte dort die Privatschule Walter Thors, zwischen 1918 und 1920 studierte sie bei Walter Püttner. Als eine der ersten 17 weiblichen Studenten an der Akademie der Bildenden Künste München studierte sie dort zwischen 1920 und 1926 bei Angelo Jank, Max Mayrshofer und Karl Caspar Malerei.[1]

1921 heiratete sie den Maler Carl Theodor Protzen, den sie an der Akademie kennengelernt hatte. Das Ehepaar unternahm Reisen nach Österreich, Italien, Dänemark, Frankreich und in die Schweiz. 1927 erhielt Protzen-Kundmüller das Reisestipendium der Stadt München.[2]

In den frühen 1920er Jahren, vor allem im Studium, waren ihre Themen oft religiöser Natur, ihre Malweise war impressionistisch geprägt. Ende der 1920er Jahre versuchte sie sich an Motiven und Stil der Neuen Sachlichkeit, ehe sie sich in den 1930er Jahren für einen naturalistischen Stil entschied. Ihre Werke wurden toniger, fast altmeisterlicher und entsprachen damit den Vorlieben der systemkonformen Kunst im Nationalsozialismus.

Damenbildnis (undatiert)

97 cm × 87,5 cm
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
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(Bitte Urheberrechte beachten)

Ab 1923 stellte Protzen-Kundmüller in München sowie in weiteren deutschen Städten und teilweise im Ausland aus, zwischen 1927 und 1931 zum Beispiel in der jährlichen Glaspalast-Ausstellung. Ende der 1920er Jahre stellte sie mit der Neuen Münchner Secession aus, ab 1931 war Protzen-Kundmüller Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft, auf deren lokalen Ausstellungen sie regelmäßig vertreten war. Dort zeigte sie meist Landschaftsdarstellungen.

1933 war sie eines der Gründungsmitglieder der Münchner Ortsgruppe der Gemeinschaft Deutsch-Oesterreichischer Künstlerinnen-Vereine aller Kunstgattungen (GEDOK). Ab 1934 mussten alle Mitglieder dieses Vereins der Reichskammer der bildenden Künste beitreten. Protzen-Kundmüller weigerte sich zunächst, Mitglied der Reichskammer zu werden; erst im November 1938 stellte sie dort einen Aufnahmeantrag.[2] Trotzdem wurden ihre Werke zum Beispiel auf der GEDOK-Ausstellung 1934 in München sowie auf einer Wanderausstellung der GEDOK 1937 gezeigt, die in Hannover, Köln, Frankfurt und Stuttgart zu sehen war. In einem Zeitungsartikel des Fränkischen Kuriers aus dem Dezember 1937 wurde ihr bescheinigt, „in vorderster Reihe deutscher Malerei“ zu stehen.[3] Fast zeitgleich, im August 1937, wurden zwei Werke von ihr aus dem Depot der Alten Pinakothek im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ entfernt.[4]

Zur Zeit des Nationalsozialismus stellte Protzen-Kundmüller trotz der zunächst fehlenden Mitgliedschaft in der RKK ungehindert aus. Ihre Teilnahme an 33 großen Ausstellungen ist sicher belegt[5], darunter zwischen 1937 und 1943 mit zehn Werken an den Großen Deutschen Kunstausstellungen. 1937 hing ihr Werk Winter im Deutschen Pavillon der Weltausstellung in Paris, sie erhielt dort eine Silbermedaille. 1942 erstellte sie im Auftrag der Reichsregierung Gemälde aus den eroberten Ostgebieten; 1943 erhielt sie auf der Ausstellung Deutsche Künstler sehen das Generalgouvernement eine „Anerkennung“ im Zuge der Vergabe des Veit-Stoß-Preises.[6] In der Ausstellung Deutsche Künstler und die SS, die 1944 in Breslau und Salzburg stattfand, hingen zwei Ölgemälde sowie zwei Aquarelle[7] bzw. vier Zeichnungen von ihr.[8]

Auch nach 1945 betätigte sie sich weiterhin künstlerisch und stellte auf lokaler Ebene aus. Von 1948 bis 1956 amtierte sie als Vorsitzende des Münchner Künstlerinnenvereins.[9] Ab 1951 war sie in der erneut gegründeten Neuen Münchner Künstlergenossenschaft Mitglied. Ihr Stil wurde wieder farbiger, eine Annäherung an die zeitgemäße Abstraktion ist erkennbar. 1951 war ihr kleinformatiges Aquarell „Am Bodensee“ Teil der Dankspende des deutschen Volkes.

Sie verstarb 1967 und wurde im Familiengrab in Bamberg bestattet. 1968 veranstaltete die GEDOK München ihr zu Ehren eine Gedächtnisausstellung, 1976 erhielt sie posthum gemeinsam mit ihrem Mann eine kleine Gedächtnisausstellung in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München, wo 16 Gemälde und 21 grafische Arbeiten gezeigt wurden.

Ihre Arbeiten befinden sich hauptsächlich in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen[10] sowie den Städtischen Sammlungen in München und Nürnberg. Ihr kleiner Nachlass wird im Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg verwahrt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Henny Protzen-Kundmüller. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 3: K–P. E. A. Seemann, Leipzig 1956, S. 630 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
  • Horst Ludwig: Protzen-Kundmüller, Henny. In: Horst Ludwig (Hrsg.): Bruckmanns Lexikon der Kunst: Münchner Maler im 19./20. Jahrhundert. Band 6. Bruckmann, München 1994, S. 194–198.
  • Elke Lauterbach-Phillip: Die GEDOK (Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer e. V.). Ihre Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Bildenden und Angewandten Kunst. Utz, München 2005.
  • Meike Hopp: Künstlerinnenausbildung „in einem tauben reaktionären Milieu“: Frauen an der Akademie der Bildenden Künste München zwischen Anpassung und Widerstand (1920–1949). In: Rudolfine Lackner (Hrsg.): 100 Jahre VBKÖ Festschrift. VBKÖ, Wien 2011, S. 215–238.
  • Caroline Sternberg: Henny Protzen-Kundmüller. In: Angelika Mundorff, Barbara Kink (Hrsg.): Frau darf ... 100 Jahre Künstlerinnen an der Akademie. Museum Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck 2020, S. 172–175.
  • Anke Gröner: Henny Protzen-Kundmüller. In: Karin Althaus u. a. (Hrsg.): Kunst und Leben. 1918 bis 1955. Lenbachhaus, München / Deutscher Kunstverlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-88645-210-1, S. 208–211.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Verena Beaucamp: „(Un-)Möglichkeiten einer Künstlerinnen-Laufbahn“. In: Angelika Mundorff, Barbara Kink (Hrsg.): Frau darf ... 100 Jahre Künstlerinnen an der Akademie. Museum Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck 2020, S. 101.
  2. a b Elke Lauterbach-Phillip: Die GEDOK (Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer e. V.). Ihre Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Bildenden und Angewandten Kunst. Utz, München 2005, S. 73, 281.
  3. Meike Hopp: „Künstlerinnenausbildung ‚in einem tauben reaktionären Milieu‘: Frauen an der Akademie der Bildenden Künste München zwischen Anpassung und Widerstand (1920–1949)“. In: Rudolfine Lackner (Hrsg.): 100 Jahre VBKÖ Festschrift. VBKÖ, Wien 2011, S. 215–238.
  4. Datenbank „Entartete Kunst“ an der FU Berlin. Abgerufen am 20. Oktober 2022.
  5. Martin Papenbrock, Gabriele Saure (Hrsg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Teil 1. Ausstellungen deut-sche Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar, 2000
  6. Anke Gröner: ‚Ziehet die Bahn durch deutsches Land.‘ Gemälde zur Reichsautobahn von Carl Theodor Protzen (1887–1956). Böhlau, Köln 2022, ISBN 978-3-412-52407-4, S. 262.
  7. Der Reichsführer SS, SS-Hauptamt (Hrsg.): Deutsche Künstler und die SS, Katalog der Ausstellung Breslau. Breslau 1944, S. o. S.
  8. Der Reichsführer SS, SS-Hauptamt (Hrsg.): Deutsche Künstler und die SS: Verzeichnis der Künstler und Werke, Ausstellung Juni – Juli 1944. Salzburg 1944, S. 31.
  9. Yvette Deseyve: Der Künstlerinnen-Verein München e.V. und seine Damenakademie. Eine Studie zur Ausbildungssituation von Künstlerinnen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert (= Kunstwissenschaften. Bd. 12). Herbert Utz Verlag, München 2005, ISBN 3-8316-0479-7, S. 137.
  10. Werkübersicht. Abgerufen am 16. März 2022.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]